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Es ist eine eben fo fonderbare, als richtige Bemer kung, daß sich alle Leidenschaften der Frankreicher › durch Lieder äußern: eine Eigenheit, wodurch sich dies fe Nation von allen übrigen unterscheidet.

Die Nationalversammlung hatte, um dem Verlan›gen der Jakobiner pachzugeben, bereits, wie oben ers › zählt worden ist, die konstitutionsmåßige Leibwache des Königs verabschiedet, und die nach Paris gekom menen Föderirten,, nebst den Marseillern, freundschaftlich aufgenommen. Hiedurch erhielten zwar die Jakobiner die Uebermacht über die Bürgermiliz und über die Anhänger der Konstitution: allein es blieben noch einige militairische Korps zu Paris, vor denen fle sich fürchteten und deren Entfernung ihnen schlech terdings nothwendig schien, um ihren Plan ungestört ausführen zu können. Sie erhielten daher von der Nationalversammlung einen Beschluß, vermöge welches alle Linientruppen Paris verlassen und sich zu der Armee begeben sollten. Nun blieben keine anderen Truppen mehr übrig, als ein Regiment Schweizergarde, welches, zufolge der Konstitution sowohl, alg der mit den Helvetischen Staaten getroffenen Uebereinkunft, ganz allein von den Befehlen des Königs abhing. Die Tapferkeit dieser Schweizer, ihre Anhẳnglichkeit an den unglücklichen Monarchen, und die Treue mit welcher sie ihren geleisteton Eid zu halten pflegten, waren bekannt... Noch am 24. Julius hatzen fie einige bewaffnete Föderirte, welche während Der Nacht in das Schlafzimmer des Königs eindringen wollten, mit Gewalt daran verhindert. a) Aus

* Fennel review. S. 296.

diefem Grunde beschlossen die Jakobiner, daß die Schweizer Paris verlassen sollten. Die Nationalvers fammlung beschloß, daß der König einen Theil dieses Regiments von Paris entfernen sollte; und am siebens ten August verließen drei hundert Mann von demsels ben die Hauptstadt und den Monarchen, welchem ßes mit so großer Treue ... und Anhẳnglichkeit ergeben

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Das ganze Regiment hatte aus 2,200 Mann bes ftanden, allein es war seit der Revolution auf 1,600. Mann herabgeseht worden. Von diesen blieben nun, nachdem jene 300 Mann unter dem Hauptmann Kars rer nach Evreux marschiert waren, noch. 1,390 zu Paris. Zufolge des Beschlusses der Nationalversamme lung hårten zwei Bataillone dieses Regiments, folge lich mehr als 300 Mann, Paris verlassen sollen; auch hatte der König, diesem Beschlusse gemäß, bereits die nöthigen Befehle ertheilt; allein der Oberßte: des Regiments, der Graf Daffry; seßte sich dagegen, indem er vorfiellte, daß das Regiment der Schweizers garde nicht anders, als mit Bewilligung der Helvetis, schen Staaten, getheilt werden könne, und daß er in die Entfernung von mehr als 300 Mann dieses Regis mentes nicht einwilligen dürfe. Diesen gegründeten Vorstellungen gab der König nach, und nahm seinen, bereits ertheilten, Befeht wieder zurück. de ma · Die Jakobiner bedienten sich nunmehr der gewöhne lichen Mittel, deren sie sich bei jeder Gelegenheit zw bedienen pflegten, wenn sie den Pöbel gegen den Hof aufwiegeln wollten; durch Verleumdungen,” Erdichtungen und ausgestreute falsche Gerüchte, brachten sie die Erbitterung auf den höchsten Gradar isn't fo

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Unter den verbreiteten Gerüchten machte vorzüg: lich Eines, fo gräßlich es auch war, und so unglaublich es daher håtte scheinen müssen, den größten Ein= druck auf die leichtgläubigen Pariser. Die Jakobiner gaben vor: daß der König die Absicht gehabt habe, die, im Lager bei Soiffons versammelten, Freiwil ligen zu vergiften, und daß in dem an sie ausgetheile ten Brode gestoßenes Glas gefunden worden sei.. In der Abendigung des zweiten Augusts erschien ein Haufe von Bürgern und Bürgerinnen, welche der Versammlung dieses schreckliche Vorhaben anzeigten, und um eine eben so strenge als schnelle Untersuchung baten. Die Versammlung ernannte sogleich drei Kommissarien aus ́ihrer Mitte, die nach Soissons abz gingen.

Ganz Paris gerieth bei dieser schrecklichen Nachricht in Bewegung. Man behauptete, und glaubte wirklich, daß der König Leute abgeschickt hätte, das ganze Lager zu vergiften; daß zwei hundert Freiwilligen bereits gestorben wären; daß noch vier bis fünf hundert andere gefährlich krank lågen; und daß wahre scheinlich alle übrigen daffelbe Schicksal haben würden. a) Indessen kam schon am folgenden Tage, am dritten August, ein Brief von den abgesandten Kommissarien, Lacombe, Carnot und Gasparin, an die Versammlung, worin sie berichteten, daß in Einem Brode einige Stücke Glas gefunden worden wåren, daß aber dieses nicht von einer vorfäßlichen Vergiftung, sondern blöß“ aus Nachlässigkeit in das Brod wåre gemischt worden; denn das Mehl habe in

a) Fennel review. 320.

einer Kirche unter den Fenstern gestanden, deren Glasscheiben zerbrochen wären, wodurch leicht einige Splits ter des Glases sich mit dem Brode håtten vermischen können. Diese ganz natürliche Aufklärung einer so außerordentlichen Begebenheit that dem Pariser Pöbel fein Genüge: er fuhr fort zu glauben, daß die Glasz splitter auf Befehl des Königs unter das Brod der Freiwilligen gemischt worden wären.

Am dritten August erschien Hr. de Joly, Minisfter der Gerechtigkeitspflege, in der Versammlung und und überbrachte derselben die folgende Botschaft des Königs:

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»Herr President. Es ist seit einigen Tagen eis ne Schrift im Umlaufe, welche den Titel führt: Ers klärung Sr. Durchl.des: regierenden Hers zogs von Braunschweig-Lüneburg, Bes. fehlshabers der vereinigten Armeen Ihe rer Majestäten, des: Kaifers und des Kd-2 nigs von Preußen, wann die Einwohner Frankreichs. 2- Diese Schrift hat keines der Kennzeichen, welcher die Authenticität derselben verbürgen könnten, Ste ist mir von keinem Meiner Gesandten an den verschiedenen Höfen Deutschlands, welche sich in der Nähe unserer Grånzen befinden, zugesandt wors den. Dennoch scheint es Mir, daß die Bekanntmachung derfelben: eine neue Erklärung Meiner Gesin= nungen und Meiner Grundfäße erfordere. Frankreich sieht sich von einer Verbindung großer Kräfte bedroht: lassen Sie uns daher die Mothwendigkeit einsehen, eis nig zu feyn. Die Verleumdung wird schwerlich glaus

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1, wie traurig mein Gemüth bei dem Anblicke der
vorhandenen Zwietracht und des Unglücks, das sich

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nähert, ist: allein Diejenigen, die da wiffent, welchen Werth in Meinen Augen das Blut und die Wohlfahrt. des Volkes haben, werden Mir glauben, wenn Jch. fage, daß Ich Besorgnisse und Kummer habe.“ Ich habe friedfertige Gesinnungen auf den Thron gebracht, weil der Friede das erste Bedürfniß der Völker, die erste Pflicht der Könige ist. Meine verabschiederen Minister wissen es, wie sehr Ich Mich bemühet habe, dem Kriege auszuweichen. Ich sah ein, wie nöthweldig der Friede wåre. Er allein war im Stande

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dle -Nation über die neue Regierungsform aufzuklåren; er allein war im Stande, mich in dem Karakter, den Ich während dieser Revolution angenommen has be, zu unterstügen, und das Volk vor Unglücksfåls len zu bewahren: allein Ich habe der einstimmigen Meinung meines Staatsraches sowohl, als dem, von einem großen Theile der Nation erklärten und von der Nationalversammlung mehr als Ein mal ausgedrückten Wunsche, nachgegeben. a) {Als der Krieg: erklärt war, habe ich kein Mittel verfäumt, um derk günstigen Erfolg desselben sicher zu stellen. Meine Minister haben den Befehl erhalten, mit den Ausschüssen der Nationalversammlung : und mit den Generalen, Verabredungen zu treffen. Hat der Erfolg den Ers wartungen der Nation bisher noch nicht entsprochen, fð` müssett wir es unserer inneren Zwietracht, dem zus nelys

a) Aus dieser offenherzigen Erklärung des Königs erhellt, wie unwahr es ist, was der General Dümouries in seis nen Mémoires T. 2. S. 248 fagt: mon opinion a été toute entière pour la déclaration de guerre, celle du Roi était la même, &

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