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Verzweiflung und niedriger Unterwürfigkeit. Er behält seine Ruhe und Besonnenheit, seine Milde und Freundlichkeit. Ritterlichkeit, Verehrung der Frauen, Empfänglichkeit für Liebe und Freundschaft, zartes Mitleid treten, besonders die beiden letzteren Eigenschaften, während seiner Gefangenschaft recht eigentlich bei ihm hervor. Schon vorher, als er den Muley gefangen genommen und dieser ihm von Phönix erzählt hat, sagt er:

,,Tapfrer und gewandter Mohr,
Wenn du, wie du sagst, anbetest,
So vergötterst, wie du schilderst,
Und so wie du trauerst, liebest,
Wohl so leidest du glückselig.
Keinen Preis für deine Lösung
Will ich,. als dass du sie nehmest.
Kehre heim, sag deiner Dame :
Ihr zum eignen Sklaven sende
Dich ein portugies'scher Ritter;
Und wenn dankbar sie begehret,
Mir den Preis für dich zu zahlen,
Sei mein Lohn dir abgetreten :
Nimm die Schuld in Lieb ersetzt,
Und um ihre Zinsen werbe.

Weil ich weiss, was Lieben heisst,
Und was Zögrung bei Entfernten,

Halt ich dich nicht länger auf;

Schwing dich auf dein Pferd und gehe."

Ist dies nicht die Sprache der feinsten Ritterlichkeit? Sehr zart drückt er sich auch gegen Phönix aus:

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Dies hindert ihn jedoch nicht, der Prinzessin ein ernstes Wort zu sagen, und sein eignes Selbstgefühl an den Tag zu legen:

Wenn ihr gleich euch von mir kehrt,
Und hinweg zu eilen trachtet,

Dennoch, Herrin, seid belehrt:
Ob ihr noch so schön euch achtet,
Ihr seid mehr als ich nicht werth

Und vielleicht ich mehr als ihr!"

Archiv f. n. Sprachen. XXIX.

Hinsichtlich seiner Ritterlichkeit verdient auch noch sein kurzes Selbstgespräch, als ihn Muley verlassen hat, erwähnt zu werden.

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Er erkennt ferner die Artigkeit des Königs von Fez an, der ihn zu einer Tigerhetze einladet:

,,Stündlich sinnst du neu Ergetzen
Mir zu schaffen; wenn du so
Deine Sklaven feierst, können

Sie ihr Vaterland nicht missen."

Die Aeusserungen seiner Freundschaft sind nicht selten. Zu Muley sagt er: „Dein Freund bin ich." Auch ist er nicht zu stolz, Freundschaftsdienste anzunehmen. Als Muley ihm anbietet, ihn zu retten, erwiedert er: „Danken wollt' ich dir die Freiheit." Don Juan nennt er: ,,Treuer Freund!" und: Freund, der's redlich meinet!" Seinen Bruder Enrique liebt er zärtlich. Er sagt bei dessen Abreise zu König Eduard, dem Bruder Beider: „Lass dich umschlingen!" und trägt ihm auf: ,,Sag du dem König, aber nicht ihm sage:

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In tiefem Schweigen bringt das hange Wähnen
Dem König, meinem Bruder, diese Thränen."

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Und als er bei dessen Zurückkunft erfährt, dass Eduard aus Gram über die Gefangenschaft Fernando's gestorben sei, ruft dieser aus:

,,Weh mir, mein Gefängniss, kömmt es
Ihm so hoch zu stehn?"

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Eben so theilnehmend wie ermutigend ist sein Benehmen gegen seine Mitgefangenen. Er ruft ihnen zu: ,Freunde, kommt, mich zu umarmen!" Er wünscht ihnen mehr als sich selbst die Freiheit, er will sie alle befreien, er will nicht ohne sie befreit sein, er gibt ihnen religiöse Trostgründet..

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,,Ihr müsst denken,

Dass es Gunst des Himmels war,

Wenn sein Spruch euch so gebunden.

Bessern wird er euer Loos;

Denn ein Unglück, noch so gross,
Wird durch Weisheit überwunden.
Duldet denn zu ihrem Ruhme,

Was die Zeit will und das Glücke."

Aber er schliesst seine Anrede mit den Worten:

,,Geht mit Gott zur Arbeit! Schafft,

Dass euch eure Herrn nicht schelten!

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Dennoch bedauert er es, dass er ihnen nichts Besseres geben kann, als Trost:

„Die Seele

Ringt, wie sie den Gram verhehle,
Da ich euch muss von mir lassen
Ohne Gabe. Dass mir doch

Etwas, euch zu helfen, bliebe!"

Bei dem Mitleid mit ihnen ahnet er sein eigenes künftiges Schicksal und waffnet er sich mit Standhaftigkeit: ,,Ihr Geschick geht mir zu Herzen,

An dem Stand voll Noth und Schmerzen,

Den mir diese Sklaven schildern,

Lern' ich selbst das Unglück tragen;
Auch die Zeit wohl kommen dürfte,
Dass ich ihrer noch bedürfte.
Als Infant zur Welt gekommen
Ward ich Sklav: das lehret mich,
Dass aus diesem Zustand ich
Könnt' in tiefres Elend kommen.

Ist ja vom Infantenrechte

Bis zum Knecht viel weiter hin,

Was ich schon geworden bin,

Als vom Knecht zum ärmern Knechte.

Tage rufen andre Tage

Und verketten je und je

Klag' um Klage, Weh um Weh.“

In dem Kampfe der Grossmut mit dem Muley schliesst er das

Gespräch:

Es soll

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Mich mein Gott und mein Gesetz
Als standhaften Prinzen kennen
In der Sklaverei zu Fez."

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Die längere Rede Fernando's, in welcher diese Worte vorkommen, ist der Glanzpunkt des Stücks und gehört überhaupt zu dem Schönsten, was dem Helden in dieser Lage in den Mund gelegt werden konnte. Enrique bringt die Nachricht, dass Eduard in seinem Testamente den Befehl gegeben habe, den Infanten gegen die Uebergabe von Ceuta auszuwechseln, und dass er mit der Vollmacht des neuen Königs Alfonso komme, die Stadt auszuliefern. Fernando lässt seinen Bruder nicht ausreden:

Nicht weiter! Höre

Auf, Enrique! denn dieses sind
Worte, die unwürdig tönen,
Nicht nur eines Kroninfanten
Portugals, und der erhöhet

Ward zu Christus' Ordensmeister,
Nein, sie wären's eines schnöden
Wilden, den der ewige Glaube

Nie erleuchtet des Erlösers.

Mit Scharfsinn legt er den letzten Willen seines Bruders, Ceuta für ihn zu vertauschen, dahin aus, dass dieser dadurch nur seinen innigen Wunsch ausgedrückt habe, ihn auszulösen, aber auf andre Weise. Eduard habe ja Ceuta selbst erobert, sie sei nun eine christliche Stadt, habe Kirchen und Altäre. Die Feinde würden, wenn man ihnen die Stadt ausliefere, die Altäre zu Krippen, die Kirchen zu Ställen oder gar zu Moscheen machen. Das heisse ja, Gott aus seinem Hause verjagen; die dort lebenden Christen würden ihrem Glauben untreu werden.

„Und so soll die edle Vollmacht
Jetzt in Stücke ganz zerbröckelt
Nur wie Stäubchen an der Sonne,
Nur im Feur wie Funken stöbern.
Doch nein, ich verschlinge sie,
Dass kein Buchstab bleiben möge,
Der der Welt verrath', es habe
Lusitanische Heldengrösse
Dies gewollt."

Mit diesen Worten, in denen zugleich eine hohe Vaterlandsliebe sich ausspricht, übergibt er sich der Sklaverei und wünscht tausend Leben für die Kirche verströmen zu können. Als der König ihn bedroht, dass er ihn nun auch völlig als Sklaven behandeln werde, sagt er:

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Und als Jener ihn schrecken will:,,Tod sei dein!" antwortet er: „Das ist mir Leben." „Dass er dir's nicht werden möge, Lebe sterbend! Ich kann wüten" ruft der König darauf, und Fernando erwiedert: „Ich zum Dulden mich gewöhnen." Der König denkt ihn durch schmähliche Behandlung umzustimmen: „Ich will sehn, Barbar, will sehn

Ob dein Dulden mehr wird können
Als mein Wüten,“

aber er spricht zum Schluss, eh er abgeführt wird: „Ja, das sollst du, Jenes wird sich nie erschöpfen." Er erscheint von nun an als christlicher Märtyrer, er verrichtet alle Sklavendienste, die ihm aufgetragen werden. Durch Arbeit, durch dunkle und ekle Wohnung entkräftet und krank wird er auf die Strasse gebracht, um frische Luft zu schöpfen. Hier freut er sich, den blauen Himmel zu sehen, und vergleicht sich ohne Ruhmredigkeit mit dem Hiob, der seine Geburt verflucht habe, weil er kein Christ gewesen sei, dagegen er seine Geburt preise, weil Gott durch das Tageslicht dem Menschen seiner Gnaden Ueberfluss verleihen wolle.

,,Jeder schöne Morgenschein
Jeder Strahl der Sonne muss
Eine Feuerzunge sein,

Die ihn lobzupreisen diene."

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Und so dankt er Gott noch besonders für die Sonnenwärme, die ihm zu Theil wird. Er ruft den sich entfernenden Mitgefangenen zu: „Kinder, geht mit Gott!" und freut sich über die Beiden, welche bei ihm bleiben, mit der sanften Frage: ,,Ihr Beiden, Wollet doch bei mir verweilen?" Und da auch Don Juan weggeht, um einige Nahrungsmittel anzuschaffen,

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