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Tuttissimi.

Und nicht das große volle Herz
Von Mutterlich Natur.

Ist purer puter Schneiderscherz,
Trägt nur der Scheere Spur.*)

Choral.

Hoch sitt im Sopha der Baron,
Der Schweizer an der Thür,

Die Fürsten siten auf dem Thron,

Und wir, wir siten hier,

Auf bloßer Erde, feucht und falt.

Und wir, wir sitzen hier,

Und freun uns über diesen Wald,

Und danken Gott dafür.

Die Geschichte von Goliath und David, in Reime gebracht.

1.

War einst ein Riese Goliath

Gar ein gefährlich Mann!

Er hatte Tressen auf dem Hut

Mit einem Klunker dran,

Und einen Rock von Drap d'argent

Und Alles so nach advenant.

2.

An seinen Schnurrbart sah man nur

Mit Gräsen und mit Graus,

Und dabei sah er von Natur

Pur wie der aus.

Sein Sarras war, man glaubt es kaum,
So groß schier als ein Weberbaum.

*) Asmus unser lieber Better nennt es puren Schneiderscherz.

Göthe.

3.

Er hatte Knochen wie ein Gaul,
Und eine freche Stirn,

Und ein entsetzlich großes Maul,
Und nur ein kleines Hirn;
Gab jedem einen Rippenstoß,
Und flunkerte und prahlte groß.

4.

So kam er alle Tage her,

Und sprach Israel Hohn.

„Wer ist der Mann? Wer wagt's mit mir?

Sei Vater oder Sohn,

Er komme her, der Lumpenhund,

Ich bar'n nieder auf den Grund.“

5.

Da kam in seinem Schäferrock
Ein Jüngling zart und fein;
Er hatte nichts als seinen Stock,

Als Schleuder und den Stein,

Und sprach: „Du hast viel Stolz und Wehr, Ich komm' im Namen Gottes her."

6.

Und damit schleudert' er auf ihn

Und traf die Stirne gar.

Da fiel der große Esel hin,

So lang und dick er war.

Und David haut in guter Ruh'
Ihm nun den Kopf noch ab dazu.

Trau nicht auf deinen Tressenhut,
Noch auf den Klunker dran!

Ein großes Maul es auch nicht thut:
Das lern' vom langen Mann;
Und von dem kleinen lerne wohl,
Wie man mit Ehren fechten soll.

Der Mann im Lehnstuhl.

Saß einst in seinem Lehnstuhl still

Ein viel gelehrter Mann,

Und um ihn trieben Knaben Spiel

Und sahn ihn gar nicht an.

Sie spielten aber Steckenpferd,

Und ritten hin und her:

Hopp, hopp! und peitschten unerhört,

Und trieben's Wesen sehr.

Der Alte dacht' in seinem Sinn:
„Die Knaben machen's kraus;
Muß sehen lassen, wer ich bin."
Und damit framt er aus.

Und machte ein gestreng' Gesicht,
Und sagte weise Lehr.

Sie spielten fort, als ob da nicht
Mann, Lehr' und Lehnstuhl wär'.

Da kam die Laus und überlief
Die Lung' und Leber ihm.

Er sprang vom Lehnstuhl auf, und rief
Und schalt mit Ungestüm:

Mit dem verwünschten Steckenpferd!

Was doch die Unart thut!

Still da! ihr Jungens, still und hört!

Denn meine Lehr' ist gut.".

Kann sein, sprach einer, weiß es nit,

Geht aber uns nicht an.

Da ist ein Pferd, komm reite mit;

Dann bist du unser Mann.

Rheinweinlied.

Bekränzt mit Laub den lieben vollen Becher,
Und trinkt ihn fröhlich leer.

In ganz Europia, ihr Herren Zecher!

Ist solch ein Wein nicht mehr.

Er kommt nicht her aus Hungarn noch aus Polen, Noch wo man franzmännsch spricht;

Da mag Sanct Veit, der Ritter, Wein sich holen,

Wir holen ihn dort nicht.

Ihn bringt das Vaterland aus seiner Fülle;

Wie wär' er sonst so gut!

Wie wär' er sonst so edel, wäre stille

Und doch voll Kraft und Muth!

Er wächst nicht überall im deutschen Reiche;
Und viele Berge, hört,

Sind, wie die weiland Creter, faule Bäuche,
Und nicht der Stelle werth.

Thüringens Berge zum Exempel bringen

Gewächs, sieht aus wie Wein;

Ist's aber nicht. Man kann dabei nicht singen,

Dabei nicht fröhlich sein.

Im Erzgebirge dürft ihr auch nicht suchen,

Wenn ihr Wein finden wollt.

Das bringt nur Silbererz und Koboldkuchen

Und etwas Lausegold.

Der Blocksberg ist der lange Herr Philifter,

Er macht nur Wind wie der;

Drum tanzen auch der Kukuk und sein Küster
Auf ihm die Kreuz und Quer.

Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben;
Gesegnet sei der Rhein!

Da wachsen sie am Ufer hin, und geben
Uns diesen Labewein.

So trinkt ihn denn, und laßt uns alle Wege
Uns freun und fröhlich sein!

Und wüßten wir, wo Jemand traurig läge,
Wir gäben ihm den Wein.

Abendlied.

Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen

Am Himmel hell und klar;

Der Wald steht schwarz und schweiget,

Und aus den Wiesen steiget

Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr der Tage Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.

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