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Der Buchstabe G wird aber nicht nur im Inlaut als weicher Dauerlaut gesprochen, sondern in einem Falle sogar oft im Anlaut: Die Zahl der Deutschen ist nicht klein, welche die Vorsilbe ge in gesessen, gegeben, ge währen, geniefsen u. s. w. nicht mit Verschlusslaut g, sondern mit weichem Ichlaut (y) sprechen. Der Grund für diese Aussprache mag vielleicht darin zu suchen sein, dass die Bedeutsamkeit der Vorsilbe ge- nicht mit derselben Klarheit dem Sprachbewusstsein vorschwebt, wie die der andern mit G anfangenden Wörter, und dass in Folge dessen diese Silbe ihre Kraft zum Widerstande verloren hat gegenüber dem Bestreben der Sprache, die G-Laute in Dauerlaute zu verwandeln. Da sich dieser Gebrauch bis jetzt jedoch bei nur wenigen Millionen völlig eingebürgert hat, während die überwiegende Mehrzahl an dem Verschlusslaut g festhält, so würde im künstlerischen Vortrag dem letzteren der Vorzug einzuräumen sein mit Ausnahme eines einzigen Falles: wenn es vor solche Wörter tritt, in deren Anlaut schon ein Kehl- oder Gaumen laut steht, z. B. gegangen, ge-geben, ge-glaubt, ge-kränkt, ge-kehrt, ge-kirrt, ge-klagt, Ge

klirr, ge-quakt, ge-quält, ge-quollen. In der Vorsilbe ge ist nämlich der Vokal e so leicht und flüchtig, dass er in manchen Wörtern sogar ganz wegbleibt, z. B. in glauben, gleich, Glück (vgl. gelingen), Gnade, grade für gelauben, geleich u. s. w. Will man aber in den Wörtern gegangen, gekränkt u. s. w. die Vorsilbe nach Gewohnheit schnell sprechen, so stellt sich dem die ungefüge Aufeinanderfolge der Kehlverschlusslaute entgegen. Wie leicht spielt die Zunge, wenn man möglichst schnell tatatatata spricht, was für ein schweres Stück Arbeit ist dagegen kakakakaka oder gagagagaga Wie viel Mühe bei der Deklamation macht in Schiller's „Pegasus im Joche" der Vers: Der Anfang ging ganz gut."

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Auch für die uns so nahe verwandten Niederländer scheint die Aufeinanderfolge der Augmentsilbe ge mit einem im Inlaut des Stammes stehenden G einige Schwierigkeiten zu machen, wenigstens werden, wie ich oft selbst zu beobachten Gelegenheit hatte, in dem Particip gegeven die beiden G nicht gleich gesprochen, sondern das erste tonlos, das zweite tönend, also zegewen.

Im Hochdeutschen wird aus demselben Grunde in diesem Falle das Augment-G als Dauerlaut, das Stamm-G als Verschlusslaut gesprochen und zwar ersteres mit verschiedener Ansatzstelle, bald am harten, bald am weichen Gaumen, so dass man bald yegében, bald gegében hört. Selbst diejenigen, welche gewohnheitsmässig den Verschlusslaut sprechen, lassen, meist gegen ihren Willen, in diesem Falle den Dauerlaut hören, und er verdient auch den Vorzug, nicht nur weil er das Sprechen erleichtert, sondern auch weil er es wohlklingender macht; denn wenn es wahr ist, dass Abwechselung angenehm ist, so lautet in diesem Falle die Aufeinanderfolge von Dauerlaut und Verschlusslaut besser als die der beiden Verschlusslaute hintereinander.

Hiermit möchte Alles, was sich über die Aussprache des einfachen G sagen lässt, erschöpft sein. Bei der Zerfahrenheit der Ansichten, welche über deutsche Aussprache herrschen, bin ich überzeugt, dass das Ergebnis der obigen Untersuchung von vielen Anhängern der einfachen oder dreifachen Aussprache auf das hartnäckigste bestritten, von den Millionen Anhängern der fünffachen Aussprache als das Selbstverständlichste von der Welt hingenommen werden wird. Von den Ersteren erwarte ich Widerlegung; bei den Letzteren will ich mich nur gegen den Tadel verwahren, als hätte ich von einer über jeden

Zweifel erhabenen Sache zu viel Aufhebens gemacht.

Die Richtig

keit der fünffachen Aussprache ist keineswegs so allgemein anerkannt, wie man wohl glaubt. Millionen üben sie praktisch aus, ohne die verschiedenen G-Laute der Theorie nach auseinander halten zu können, und bisher habe ich ein System dieser Laute noch nirgend in dieser Fassung aufgestellt, noch viel weniger bewiesen gefunden. Der Beweis aber konnte von mir nur dadurch geführt werden, dass alle beweiskräftigen Einzelnheiten gesammelt, systematisch geordnet und deren Zusammenhang mit den in der lebendigen Sprache wirkenden Gesetzen nachgewiesen wurde. Ebenso wie die Richtigkeit des Systems sich aus seiner Harmonie mit den einzelnen Spracherscheinungen ergiebt, so wird umgekehrt die Richtigkeit des Einzelnen durch die Uebereinstimmung mit dem System erwiesen, und eine Widerlegung desselben wird nicht eher möglich sein, als bis ein anderes eben so wohl gefügtes System aufgestellt wird, durch welches sich alle hier einzeln aufgeführten physiologischen, sprachgeschichtlichen und statistischen Tatsachen noch besser erklären lassen. Gegen eine Widerlegung, die nur in der Anrufung anderer Autoritäten, etwa der orthogr. Konferenz, besteht, glaube ich mich ablehnend verhalten zu dürfen; ist ja doch die von der orthographischen Konferenz nach den Vorschlägen R.'s von Raumer durchberatene, von ihr verbesserte und durch Abstimmung angenommene Lauttabelle fehlerhaft: die beiden Laute v und g, deren Berechtigung im guten Hochdeutsch in § 18 und in dem eben Gesagten dargetan ist, sind darin nicht aufgeführt. Durch eine Vergleichung derselben mit der unsrigen kann man sich leicht davon überzeugen. Auf Seite 134 der Verhandlungen d. orth. Konf. heifst es:

Man unterscheidet Vokale und Konsonanten

nanten sind:

...

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Die Konso

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Wenn wir die in unserem § 22 aufgestellte Konsonantentabelle*), deren Richtigkeit jetzt ausreichend erwiesen ist, in ähnlicher Weise wie die Lauttabelle der Konferenz anordnen, aber so, dass jeder Laut nur mit einer Bezeichnung aufgeführt wird, und zwar mit derjenigen, welche in gewöhnlicher Schrift am häufigsten benutzt wird, so erhalten wir folgende Uebersicht:

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1. z. B. in quer, zwar.

2. z. B. in los, lassen, schießen.

sagen. 4. z. B. in rasch, Stein, Spiel. 5. z. B. in gern.
ich, ewig. 7. 3. B. in jener, ew'ge. 8. z. B. in Anker, lange.
in ach, bog.

10. z. B. in bogen.

3. z. B. in

6. 3. B. in 9. ¿. B.

Daraus, dass die Konferenz den Ich- und Achlaut des Ch unterscheidet, geht wohl hervor, dass ihre Konsonantentabelle auch für Sachverständige berechnet ist und dass sie vollständig sein sollte. War die Konferenz der Ansicht, dass die fünffache Aussprache des G die richtige sei, so durfte sie auch nicht den erweichten Achlaut g, d. h. den weichen tönenden Kehldauerlaut in bogen, lagen in ihrer Zusammenstellung übersehen. Ueber das Fehlen des Lautes v habe ich schon § 18 Anm. gesprochen. Vergleicht man beide Lauttabellen, so wird man finden, dass die hier vorgetragene an Uebersichtlichkeit der anderen nicht nachsteht, dass sie aber durch den grossen Vorzug der Vollständigkeit und Richtigkeit ihr überlegen ist. Dass die Konferenzmitglieder zwar die mehrfache Aussprache des Ch erwähnt, aber die noch mannigfaltigere des G unberücksichtigt gelassen haben, möchte beweisen, dass sich unter ihnen kein Fachmann befunden hat, dem die Theorie der letzteren besonders geläufig gewesen wäre.

Es bleibt uns noch übrig, über die Aussprache der Gemination gg, welche bereits § 38 erwähnt ist, noch Einiges nachzuholen. Wir haben sie a. a. O. aufgefasst als die Verdoppelung des tönenden Ver

*) Vgl. Archiv Bd. LVII, S. 57.

schlusslautes; wir können sie aber auch als Verdoppelung der tönenden Dauerlaute auffassen, wobei durch die Verdoppelung natürlich nur Kürze des vorangehenden Vokals angezeigt wird. Die Wörter baggern, Dogge, Egge u. s. w. dürfen wir also wie băgɛrn, dogɛ, ege und wie băgern, doge, eye aussprechen: das Eine ist ebenso richtig als das Andere.

§ 46. j, qu, x.

Wir haben jetzt noch von den anderen Schriftzeichen zu sprechen, die zur Bezeichnung der Gaumen- und Kehllaute dienen. Denselben Klang wie inlautendes G nach hohen Vokalen hat j, das wir daher nur definiren können als weichen tönenden Gaumen-Dauerlaut y) und zwar als den am meisten nach dem vorderen Gaumen hin gesprochenen. Dieses Schriftzeichen steht in gut hochdeutschen Wörtern nur im Anlaut; im Inlaut drückt G, wie wir soeben gesehen, denselben Laut aus (vgl. Könige, siegen, ew'ge, zack'ge). Dass die Laute, welche durch diese beiden Schriftzeichen dargestellt werden, mit einander nahe verwandt sind, geht am deutlichsten daraus hervor, dass es bei manchen Wörtern noch nicht ausgemacht ist, ob sie mit G oder J zu schreiben sind, z. B. gäten jäten, Gauche Jauche,

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ahd. gach nhd. jäh. Mir scheint jedoch hier die Aussprache und Schreibweise mit J den Vorzug zu verdienen.*)

In einigen ursprünglich niederdeutschen Wörtern kommt j auch im Inlaut vor, z. B. in Boje, Koje, aufserdem in einigen Fremdwörtern wie Troja, Pompejus, Najade, Achaja. In den aus dem Französischen stammenden Wörtern wird es wie weiches tönendes sch (= ž) gesprochen, z. B. in Jabot, Jalousie; doch darf man mit dieser Aussprache nicht zu verschwenderisch sein: Projekt z. B. stammt nicht aus dem Französischen, sondern aus dem Lateinischen, sonst würde es ja projet geschrieben werden; das Wort muss also gesprochen werden: proyekt.

Ueber die Aussprache des qu ist bereits § 28 gehandelt. Auch über den Buchstaben X können wir uns kurz fassen.

Er wird ge

*) In dem von der orthographischen Konferenz aufgestellten Wörter. verzeichnis werden sie jäten, gäh (!) und jäh geschrieben. Jauche ist ausgelassen.

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