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2. Ein Fuchs als Mönch gekleidet steht auf der Kanzel, zu beiden Seiten der Kanzel steht ein Priester, und zu ihren Füssen liegt ein Affe.

3. Ein Affe steht aufrecht und hält in den Händen eine weite Flasche (Uringlas). Man vergleiche dies mit den Bildern im Münster und man wird zu dem Schlusse kommen, dass hier der Affe als Arzt dargestellt wird.

4. Ein Priester mit umgehängter Stola. Auf der rechten sowohl als linken Seite desselben steht ein Fuchs aufrecht, die Kapuze über dem Rücken, einen Bischofs-Krummstab in der Hand haltend. Die Füchse haben jeder eine Gans in der Kapuze stecken.

5. Ein Bär an der Kette, ihm zur Seite zwei Hunde.

6. Ein Fuchs in aufrechter Stellung, von hinten von einem Pfeile durchbohrt. Der Schütze mit Bogen steht hinter ihm, während vor ihm ein anderes Thier (Fuchs, Wolf??) steht, welches einen Gegenstand (Flasche?) in der Hand hält.

7. Eine Eberjagd.

Mit Ausnahme des pilgernden Kaninchens, des predigenden Fuchses und der das Evangelium lesenden Füchse, zeigen uns diese Bilder eine Entwickelung der Thiersage, die bis jetzt durch gedruckte Documente noch nicht erläutert werden kann. Sollen die beiden Füchse mit Gänsen in ihren Kapuzen und Krummstäben in den Händen vielleicht auf eine Bischofswahl hindeuten, bei der die Bettelmönche einen Priester durch Versprechung ihres Einflusses für sich zu gewinnen suchten?

Noch erwähne ich einer Figur an diesen Chorstühlen, die an anderen Orten, z. B. Worcester und Gloucester, sich wiederfindet, die aber wahrscheinlich sich auf einen mittelalterlichen Aberglauben bezieht. Es ist dies ein Mann, der auf einem Ziegenbock reitet und unter dem Arme ein Kaninchen hält.

Unglücklicherweise findet sich kein Datum an diesen Stühlen und scheinen keine archivalischen Nachrichten vorhanden zu sein, die auf ein bestimmtes Datum schliessen liessen. Doch werden sie wahrscheinlich aus der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, wo nicht aus früherer Zeit, herrühren. Die einfache Cuculla der Füchse kennzeichnet sie als Cistercienser.

Lincoln.

Die zahlreichen Sculpturen am Dom sowie im Capitelsaal zu Lincoln verlangen eine genauere Untersuchung, als ich ihnen zu Theil werden lassen konnte. Doch finden sich an den Chorstühlen, die der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts angehören, folgende Thierbilder.

1. Ein Fuchs steht auf der Kanzel und predigt den Gänsen und Hühnern, während ein anderer Fuchs eine Gans erwürgt.

2. Ein Fuchs, der auf einer Gans reitet und eine Gans, die auf einem Fuchse reitet.

3. Ein Fuchs, der auf einem Huhn reitet.

Diese Schnitzereien befinden sich an der Rücklehne der niederen Reihe (bassae formae) der Chorstühle auf der Epistelseite und sind das Erste, was Einem beim Eintritt in den Chor auffällt. Es kann daher sowohl hier, wie an vielen anderen schon beschriebenen wie noch zu beschreibenden Orten, von einem „Anbringen im Versteck", wovon viele deutsche Archaeologen sprechen, nicht die Rede sein.

Auf den Sitzklappen befinden sich unter anderen noch folgende Fabelbilder:

4. Die Fabel vom Kranich, der Steine in eine Flasche wirft, um das Wasser zum Steigen zu bringen.

5. Zwei Affen tragen auf einer Bahre einen anscheinend todten jungen Affen. Sie halten vor einem Capellchen an, als wollten sie die Leiche dort einsegnen lassen oder bestatten.

6. Ein Affe auf einem Pferde reitend.

Ein sehr merkwürdiges Schnitzwerk an diesem Gestühl ist ein aus einem Kessel aufsteigender, mit der Tiara geschmückter Kopf. Ein Teufel facht mit einem Blasebalge das unter dem Kessel brennende Feuer. Man hat dies in neuerer Zeit, ohne den geringsten Grund, auf einen der ehemaligen Bischöfe gedeutet.

Ely.

Die geschnitzten Bilder im Dom zu Ely werden für die schönsten in England gehalten. Nur ein Theil derselben ist

jedoch alt und gehört der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts an. Unter denselben finden wir einen höchst pompösen Reineke. Er erscheint nicht als einfacher Mönch, sondern frech als Chorherr oder gar Bischof verkleidet. Auf dem Haupte trägt er die Almucia, über die Schultern gehängt die Stola und in der Hand den bischöflichen Krummstab. In der Rechten hält er ein Spruchband, auf dem wir uns den wohlbekannten Text des Gänsepredigers geschrieben denken müssen: „Der Herr ist mein Zeuge, wie sehr mich verlangt nach euch Allen in meinen Eingeweiden." Rings um den Fuchs stehen die Gänse und horchen auf die Predigt. Daneben befindet sich ein Bild, auf welchem der Fuchs, welcher seine Verkleidung abgeworfen hat, mit einer Gans davonläuft. Eine alte Frau verfolgt ihn mit der Spindel.

Noch manche andere Thierbilder befinden sich an den Chorstühlen. Eine Eule, die eine Maus fängt, Eichhörnchen, Affen, eine Jagd, ein Hirsch, der eine Schlange mit Füssen tritt und beisst. Um zu zeigen, wie das Mittelalter in Bildern redete und lehrte, erwähne ich noch das folgende Bild: Zwei Männer spielen mit Würfeln, ein dritter hat ein Glas und einen Humpen in den Händen, zur Seite steht eine wehklagende Frau bei einem umgestürzten Bienenkorbe. Das heisst: Wenn der Mann in der Kneipe liegt, spielt und trinkt, da geht sein Hauswesen zu Grunde.

Gloucester.

Die höhere Reihe der Chorstühle im Dom zu Gloucester wurde auf der nördlichen Seite vom Abte Staunton (1337— 1351), auf der südlichen Seite von dem Abte Horton (13511377) errichtet, so dass sie genau der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts angehören.

Dieselben bieten dem Forscher viele höchst schwierige Gegenstände dar, welche sich weder aus den Fabeln des Mittelalters, noch der christlichen Symbolik deuten lassen. Manche scheinen auf heidnischen Aberglauben sich zu gründen.

Hier finden wir den Gänsedieb in seiner ursprünglichen Gestalt. Es ist ein auf allen Vieren dahintrabender Fuchs, der eine Gans beim Nacken hält und deren Leib er flott über seinen

Rücken gechwungen hat. Hier möchte ich lieber die Thierbücher zur Erklärung heranziehen. Philippe de Thaun sagt vom Fuchse:

Gulpis de beste est nun
Que gupilz apellum;
Gulpils est mult livrié
E forment vezié ;
Grant praie volt conquere,
Met sai en ruge terre,
Tut s'i enpuldrat,

Cum mort se girat,
Là gist gule baée,
Sa langue hors getée;
Li oisel ki la veit,
Quide que mort seit,
Al gupil vent volant
Là ù fait mort semblant,
Lors li volt menger,
Si la prent a becchieer,
En la buche li met

Sun chef e sun bech,

Li gupils en eslure

Li oisel prent e devure;

Aez en remembrance

Ces est grant signefiance.

Li goupils signefie
Diable en ceste vie;
A gent en carn vivant
Demustre mort semblant,

Tant que en mal sunt entré,
En sa buche enferré,

Dunc les prent en eslure
Si's ocit e desvure,
Si cum li gupils fait
Li oisel quant l'a atrait.
E David en verté dit,
Cil ki mort pur Dé
,,En main de glaive irunt
De gupil parsevrunt.“

E Erod en verté

A Gupil fud esmé;

E Nostre Sire dit

Par veir en son escrit,

,,Dites à la goupille

Qu'il fait grant merveille,"
A la terre fait lait

Des fosses que ele i fait;
Par terre entendum
Homo par grant raisun;
E par fosse peché
Dont hume est enginné,
Que Diable i fait,

Par quei hom à sei trait.

Nor voil ore plus traiter,
Altre voil cumencer.

Aus diesem symbolischen Fuchse hat sich wahrscheinlich der Reineke allmälig entwickelt.

Ein anderes Reinekebild, welches an das unter No. 6 der Marienkirche zu Beverley beschriebene erinnert, befindet sich an einem anderen Miserere. Ein Mann zielt mit Pfeil und Bogen auf einen im Gebüsch verborgenen Fuchs, während zwei Hunde auf denselben zuspringen. Nichts in den bisher gedruckten Thierfabeln erklärt diese Bilder, und glaube ich hier eine der früheren Gestaltungen der Reinekesage zu sehen. Dass die Bilder nicht reine Phantasieproducte des Künstlers sind, geht daraus hervor, dass derselbe Gegenstand sich in einer der nördlichsten und in einer südwestlichen Kirche Englands wiederholt. Selbst wenn nicht schon das Concil von Nicaea im Jahre 787 festgesetzt hätte: Non est imaginum structura pictorum inventio, sed ecclesiae catholicae probata legislatio atque traditio. — — Atqui consilium et traditio ista non est pictoris, ejus enim sola ars est, rerum ordinatio et dispositio patrum nostrorum. Dass die Thierfabel unter den Geistlichen sich traditionell in Wort und Bild fortpflanzte und entwickelte, kann nur Der bezweifeln, der mit den Augen des neunzehnten Jahrhunderts die Fabeln und die Fabelbilder betrachtet.

Worcester.

Im Kreuzgange befindet sich an der Decke der westlichen Seite ein Boss, der mitten in einer Heerde Gänse aufrecht steht; eine derselben hat er bereits ergriffen und hält sie im

Archiv f. n. Sprachen. LVIII.

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