Wir überspringen, wenn auch mit schwerem Herzen, wieder einige Abschnitte und fahren mit des Dichters Worten fort: Höchst ausserordentlich gedeiblich Wie prachtvoll die gleich englisch rede! Zum Beispiel nehmt en Mann aus Pole. Er lauft sofort durch alle Strasse, E halb Jahr druf is er schon weiter, Sein' Kinner sin gewiegte Mensche, Ich wäble ferner aus einem kurzen Abschnitt über die Aerzte: E gut Geschäftche is hier Dokter, Um reich zu werde jedenfalls; Heut kommt er, und schon morge hockt er, Spricht er kein Englisch's kein Schade, Und lässt sich langsam massakrirn. Bei euch verspricht mer eim sechs Batze, Ein Zehner for in's Obr zu gucke, Sag's nur herum, es sollte komme Manch Haus noch, hab ich wahrgenomme, In diesem prächtigen mit der schärfsten Beobachtungsgabe gepaarten Humor geht das „Büchelche“ weiter. Die Schnelligkeit, mit welcher Städte entstehen und wohnlich gemacht werden, schildert folgende Strophe: Da gibt's gleich Gas und Wasserleitung Und Kirche, Bäder und Hotels; E bettuchgrosse Morgezeitung, Der in Newyork unerträglich heisse Sommer treibt Jeden hinaus, dem es die Umstände nur erlauben: Welches unendliche Gefühl birgt der eine, kurze Vers! Tausende deutscher Landsleute haben gewiss empfunden, was der Dichter in so schlichten Worten ausdrückt, und wer es liest, muss es nachfühlen. Gerade bei dieser Stelle fühlen wir uns (merkwürdig genug!) versucht, unseren Dichter mit dem sein deutsches Gemüth meist absichtlich verleugnenden und niederspottenden Heine zu vergleichen, denn bei ihm gerade sind wir die Meisterschaft gewohnt, mit den einfachsten Worten die stärksten Wirkungen hervorzubringen. Wenn wir aber Humor und Gefühlstiefe zusammen betrachten und dabei des uns so lieblich anmuthenden Dialektes nicht vergessen, so sind wir wohl am meisten geneigt, den Verfasser des Skizzebüchelche neben Fritz Reuter zu stellen, dem grössten Vorbild für die Vereinigung dieser Eigenschaften in unserer deutschen Literatur. Nahe am Ende des ersten Bandes giebt uns der Verf. eine Charakteristik der hauptsächlichsten amerikanischen Städte, wie sie in der Kürze treffender nicht gedacht werden kann. Wir geben auch hieraus einige Proben: Der „Ohm in Hesse" und der aufmerksame Leser hat bis jetzt denken müssen, dass der Schreiber ihm aus purer Menschenfreundlichkeit, zu seinem (des Lesers) Nutz und Frommen, das Land hat schildern wollen. Aber siehe da, der schlaue Verf. ist, wie jeder Sterbliche, ein Egoist, denn der eigentliche Zweck des Schreibens geht aus dem Schlusse hervor: Nur eins hier noch, Du wirst Dich freue! E Schönheit über die Beschreibung, Se is, vom Wirbel bis zum Zehche, Se ging zur Schul; im Zuckerlade Drum schick mir möglichst bald mein Geld. Hiermit hat der Dichter angefangen uns für seine eigene Persönlichkeit zu interessiren; was dieser alles begegnet, erfahren wir aus dem kurz vorher in Aussicht gestellten zweiten Bande. Wir schauen diesem mit umsomehr Spannung entgegen, als durch die Verlobung mit einer jener Schönen, deren Vorzüge der Dichter selbst in so zweifelhaftem Lichte geschildert hat, zugleich eine tragische Schuld gegeben ist. Wir müssten uns auf das Schlimmste für den armen Helden gefasst machen, wenn die Schlussfolgerungen, welche der allzufrische Humor in uns erweckt, nicht noch hoffnungsfreudiger wären. Wer Kopf und Herz so auf der rechten Stelle hat und dem, was er fühlt, so beredten Ausdruck zu verleihen versteht, dem kann es auf die Dauer nicht schlecht gehen. Und doch, hart genug ist es dem armen Hessen zuerst ergangen. Dem hawe se die Späss verdriwe, Auf der Ueberfahrt schliesst er Freundschaft mit zwei Newyorker Kaufmannssöhnen, und in der Rauchstub, so beim Weiñ, Ward hoch und feierlich beschlosse: Mir drei, mir wollte Partners sein. Das geschieht denn auch ohne Säumen, Mer wollte nach und nach errichte Hiñ: Butter, Käs und so Geschichte, Da wirft ihnen ein gütiges Geschick einen Chemiker in den Weg, Der konnt e künstlich Butter mache Aus ganz gemeinem Ochsefett, und seine Gründe wirken schliesslich so überzeugend, dass er als Partner ward genomme Und kriegt' vorab e runde Summ. Der Absatz bleibt aber aus; unser Landsmann wird dazu bestimmt, die Waare nach Cuba zu schaffen, aber es tritt unterwegs bei fürchterlicher Sonnenhitze Windstille ein, und die Butter troppt' aus tausend Ritze, bis man endlich alle Fässer über Bord werfen muss, denn die Wasserpumpe gabe Schmalz. Das Geschäft löste sich auf mit schlecht verhülltem Bankerott. Da kommt zum Unglück das Wechselchen aus Deutschland an, welches am Ende des ersten Büchelchens gefordert war; leichtsinniges Gerede lässt unseren Helden für reich halten und Es hiess, nun könnt ich wohl prästire En niedliche Verlobungsschmaus. Ein Freund erbietet sich, die Sache billig und elegant ins Werk zu setzen und erhält die Erlaubniss. Flott hatt' ich mich in Frack geschmisse, Und wartet uf mein' Gäste jetzt; Mein' Handschuh warn, wie mein' Gewisse, Was all die feine Kellner renne! Wär's nur noch möglich durchzubrenne Die geladenen Pärchen erscheinen im herrlichsten Putze und man führt die Gesellschaft in den Speisesaal. Beim Anblick der Pracht hätte den armen Gastgeber fast der Schlag gerührt. Ein Blumenfrühling prangte zur Zierde auf dem Tische. Inmitte von dem Tropekrempel Stand, funkelnd wie aus Bergkrystall, E Kandelzuckerliebestempel, Da drinn war Amorettenball. Dazu macht ihn auch noch das Benehmen der Molli mit ihrem Nachbar desperat. Froh musst' ich sein so dazusitze, Und, in bescheid'ner Zärtlichkeit, Fing Einer añ e Red zu halte, Will es nach Tisch Talent entfalte, Von Grenzenlosigkeit des Landes, Vom Washington und Sternebanner Und von dem ausgespreizte Aar, Doch's Land wär hin, käm net e anner Partei an's Ruder 's nächste Jahr. Vom edle Volk un der Verwaltung, Von der gesprengte Sklavekett, Von höchster Industrieentfaltung Und Frankreich's grossem Lafayett. |