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Jugend.

Man ist schon darum in der Kindheit glücklicher als im Alter, weil es in ihr leichter wird, einen großen Mann zu finden und zu wähnen; ein geglaubter großer Mann ist doch der einzige Vorschmack des Himmels.

Jean Paul,

Wir gedenken der Jugend wie eines schönen Morgens, da wir in den Wagen stiegen und in die Hände klatschend, jauchzend in frohen Gefühlen, abreis'ten. In unserer ungetrübten Einbildungskraft gleicht dann jeder Weg den glatten Wegen im väterlichen Garten, die ganze Welt dem wohlbekannten elterlichen Hause, die Menschenmenge den vertrauten Hausgenossen, die ahnungsvolle Zukunft der harmlosen Vergangenheit. O, ein holder Frühlingstraum, der uns auch mitten unter den Ungewittern des Sommers, den falben Blättern des Herbstes, dem Schnee und Eis des Winters noch wohl thut! Wie die Luft dicker, die Nächte länger werden und mit ihnen das Jahr kürzer, um so freundlicher labt uns jener

Morgenhauch, das Andenken des längsten Tages, die entwichene Hoffnungs-Perspective über die lange Reihe von Meilenzeigern, die wir unabsehlich glaubten und jetzt im Rücken haben. Benzel-Sternau.

In der Jugend sehen wir vorwärts nach dem Tage des Glücks, in späteren Jahren sehen wir nach ihm zurück.

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Das eben erwachsene Mädchen gleicht dem Vogel, der, zum ersten Male dem Neste entschlüpft, sich im Stande fühlt, auf eigene Hand weiter zu fliegen. Das Leben, das man zu führen hofft, sagt uns schon zu; die Decorationen, welche unsere Phantasie über die Lebensbühne malt, sind nicht ärmlich, und eine Nebenrolle denkt man nicht zu spielen. Necker-Saussure.

Es darf uns nicht niederschlagen, wenn sich uns die Bemerkung aufdrängt, das Große sei vergänglich; vielmehr wenn wir finden, das Vergangene sei groß gewesen, muß es uns aufmuntern, selbst etwas von Bedeutung zu leisten, das fortan unsere Nachfolger und wär' es auch schon in Trümmer zerfallen zu edler Thätigkeit aufrege, woran es unsere Vorvordern niemals haben ermangeln lassen.

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Goethe.

Wann könnte schöner das Heiligste einwurzeln, als in der heiligsten Zeit der Unschuld, oder wann das, was ewig wirken soll, als in der nämlichen, die nie vergißt? Nicht die Wolken des Vor- oder Nachmittags, sondern entweder das Gewölke oder die Bläue des Morgens entscheiden über den Werth des Tages.

Jean Paul.

Junge Leute, die zuerst in der großen Welt auftreten, müssen verschämt oder unüberlegt sein; ein freies und gesetztes Wesen verwandelt sich in diesem Falle gewöhnlich in Zudringlichkeit. de la Rochefoucauld.

Wird deine Jugend gemartert und beraubt, so blüht sie dir im Alter noch; wie der Rosenstock, dem im Frühling die Blätter ausgerissen werden, im Winter Rosen trägt.

Jean Paul.

Trägst du im Busen Leid und Groll, o komm',
Sieh' einem Kind in's Auge froh und fromm:
Das hat schon Manchem lieblich wohlgethan,
Aus Kindesaugen blicket Gott dich an.

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Sei stark am inwendigen Menschen! Deine Seele sei wacker, dein Herz ohne Falsch, so wird auch der auswendige Mensch blühen und Früchte ansetzen. Die Seele ist der Gärtner, der Leib die Pflanze, die gezogen wird. Hippel.

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Fort Geistes Gluth, wie's Kraft der Glieder bannt;
Und Lebens Zauberbecher funkelt nur am Rand.

Des Lebens Frühling ist ein flüchtig Wesen,
Will schnell bemerkt und rasch ergriffen sein.

Byron.

In alle Thäler pflanzt er seine Blüthen;
Sein ist die Schuld nicht, wenn der Keim verdirbt,
Die Schuld nicht sein, wenn viele Zweige welken.
Es muß der Mensch mit klug bedachter Sorgfalt,
Was aus dem langen Winterschlafe bricht,
Zur schönen Sommerpflanze sich erziehen.
Wer nicht die Strahlen lockt in seinen Garten,
Darf nicht den Kelch verlangen und die Frucht.
Th. Körner.

In dem jungfräulichen Alter erwacht eine innere Poesie in dem Mädchen, ein Hymnus des Herzens, der allem Guten und Schönen entgegenklingt. Was sonst Erziehung war, guter Wille zur Vollbringung und zum Geltenlassen des Guterkannten, das scheint nun Natur geworden zu sein; es ist die Liebe zum Guten, Sehnsucht nach dem Schönen und Freude daran. Die Hingabe an das Gute, an das Schöne wird Bedürfniß. Schade, wenn in dieser Zeit die Phantasie, durch Eindrücke zerstreuender Vergnügungen überwuchert, nicht jene leßte Gemüthssammlung gestattet, welche den festesten Grundstein des Sittlichkeitsgefühls, des Charakters, oft für das ganze Leben legt. Grade in diesem Zustande hat die Jungfrau „das Geheimniß des Glaubens im reinen Gewissen“, von dem der Apostel spricht. Wie in einem ihm geweihten Tempel wohnt Gott in ihrem Herzen, sie will seinen Willen, sie ist in der Gemeinschaft mit ihm, von welcher ihre Confirmation das Bekenntniß ihr abgefordert. Sie glaubt, liebt und hofft; heilige Entschließungen erfüllen ihre Seele, stets durch das Halten seiner Gebote in Gottes Liebe zu bleiben.

Necker-Saussure.

Es nagt der Sturm des Frühlings Kinder au,
Zu oft noch, eh' die Knospe sich erschließt,
Und in der Früh' und frischem Thau der Jugend
Ist gift'ger Anhauch am gefährlichsten.

Shakespeare.

Der Charakter ist ein Fels, an welchem gestrandete Schiffer landen und anstürmende scheitern. Jean Paul.

Das wohlgebildete junge Mädchen ist gerade im Reifwerden sehr lieblich; wenn es neben dem lebhaften Streben nach dem Rechten und Guten und der größeren Ueberlegung, welche sich jetzt in seinem Wesen und seinen Handlungen ausspricht, die Offenherzigkeit, das Zutrauen, die Folgsamkeit und das muntere Wesen der Kindheit sich dennoch bewahrte; wenn man den Verein tieferer Gefühle durchschimmern sieht, die Anmuth und alle die Eigenschaften des Herzens und Geistes, wodurch die Tochter die Freude der Eltern und des Hauses wird, wodurch ihre Persönlichkeit sich zu einem schönen Eanzen abzurunden beginnt, das unbewußte Versprechungen der Zukunft hinauszubieten scheint. Necker-Saussure.

Das Herz gefällt mir nicht, das streng und kalt
Sich zuschließt in den Jahren des Gefühls.

Schiller.

Nichts ist so gut und nichts so böse, als es uns zuerst erscheint. Es gehört also unter die ersten Maximen der Lebensweisheit, die Aeußerung der eigenen Meinung vorsichtig zurückzuhalten.

Burom, Denksprüche.

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Klinger.

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