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Rede sein. Goldsmith beschliefst, sein Leben als ihr Freund ihrem Dienste zu weihen und sie glücklich zu machen. Widerstrebend gesteht ihm endlich die schöne Mary, sie habe vor einem Jahre bei einem Landaufenthalt einen Kapitän Jackson kennen gelernt und sei so unvorsichtig gewesen, ihm einige Briefe zu schreiben, die der Schurke jetzt gegen sie zu verwenden drohe. Ergötzlich wird nun geschildert, wie der sonst so unpraktische Dichter mit Hilfe der Schauspielerin Mrs. Abington den Kapitän trunken macht und ihm bei der Heimfahrt in der Droschke gewaltsam jene Papiere abjagt, zugleich mit anderen, die beweisen, dafs jener im amerikanischen Kriege in hochverräterischen Beziehungen zu George Washington gestanden hat. Auch den Nachstellungen des Schurken entgeht der Dichter glücklich mit Hilfe zweier italienischer Freunde, des bekannten Schriftstellers Baretti und des Fechtmeisters Nicolo. Schliefslich ersticht Baretti in der Notwehr Jackson und entgeht mit genauer Not dem Schicksal, wegen Mordes gehenkt zu werden. Schlecht ergeht es dem Helden. Er mufs als ehrenhafter Mann Mifs Mary Hornecks Liebe zurückweisen und sogar den Freiwerber bei ihr machen für einen Colonel Gwyn, der ein unbedeutender, geistloser Mensch ist. Oliver Goldsmith stirbt bald darauf am gebrochenen Herzen.

Berlin.

Emil Penner.

H. S. Merriman. Roden's Corner. Tauchnitz (Collection of British Authors, vol. 3318).

In diesem Roman haben wir vor uns den merkwürdig ausgefallenen Versuch eines bisher wenig feinen, aber beherzten und zügelkräftigen Erzählers: der intimen Schreibweise gerecht zu werden, die eigentlichen Realitäten über äussere Thatsachen zurück in den Herzen der Menschen aufzusuchen, gute und grofse Ideen in dem Medium menschlicher Eitelkeit und Selbsttäuschung unter überraschenden Brechungswinkeln zu zeigen mit einem Wort, künstlerisch zu schreiben. Anstatt nun aber die Personen in ihren Reden und Handlungen sich selbst offenbaren zu lassen, wird das Interesse des Lesers bei oftmals ganz nichtigen Wendungen durch seitenlange Interpretationen festgehalten, die sich in schlecht verhehlter Absichtlichkeit zur Sentenzenmacherei in der Art des viel bedeutenderen Meredith'schen Pilgrim's Scrip so weit von ihrem eigentlichen Zweck entfernen, dafs sie die Erwartung über die Entwickelung eines Charakters oft in ärgerlichster Weise irritieren. So wird von Roden, dessen Klugheit für die Wahrscheinlichkeit der Handlung eine Hauptstütze ist, S. 114 gesagt: (Patronage) is perhaps the armour of the outwitted', und die Glaubwürdigkeit der späteren Bestimmtheit und handelnden Tüchtigkeit des Cornish wird auf malitiösen Bemerkungen zu seinem ersten Auftreten, wie S. 34 'The way to rule the world is to make it want something and keep it wanting' in der denkbar schlechtesten Weise fundamentiert. Dennoch stellt die Summe der vielen Aussprüche trotz mancher tauben Nuís ein ernsthaftes, durch frivole Neigung zu Paradoxem nur selten in Frage

gestelltes Stück Lebensweisheit dar, und das Buch ist bis zur Mitte ein nicht wertloser Führer durch die komplizierten Verhältnisse der grofsstädtischen Gesellschaft. Hier aber, mit dem Einsetzen der eigentlichen Handlung, wird der Versuch Merrimans, mit der guten Produktion seines Volkes Schritt zu halten, für diesmal zu Schanden, das Mittel der eingreifenden Erklärung versagt völlig, und vor unseren Augen läuft ein ganz gewöhnlicher Verbrecher- und Schauerroman einem würdelosen Ende zu: Die grofse, von der Aufsenwelt durch eine hohe Umfriedigung abgeschlossene Fabrikanlage an der einsamen Küste von Holland zur unschädlicheren Herstellung eines für die Papierindustrie notwendigen Quecksilberpräparates, die als Werk der 'charity' den hilfsbereiten Spitzen der Londoner Gesellschaft willkommene Gelegenheit zur Bethätigung christlicher Nächstenliebe geboten hat, erweist sich als Mördergrube und Ausbeutungssystem schlimmster Art. Denn der deutsche Professor der Chemie von Holzen, der früher einmal in einem Dresdener Mädchenpensionate lehrte, wendet in Wahrheit eine mörderische, aber aufserordentlich billige Herstellungsmethode des Malgamits an und sammelt mit Roden, der alles Kaufmännische besorgt, ungemessene Reichtümer. Der junge Cornish, ein Neffe des Lord Ferriby, eines der philantropischen Leiter der Unternehmung, ist dahinter gekommen, und während seine Liebe zu Rodens Schwester eine eigentliche Aktion gegen jenen paralysiert, entwickelt sich im Kampfe mit ihm der deutsche 'Professor' zu einem skrupellosen Mordgesellen, der bei einem letzten nächtlichen Versuch, Cornish mit Roden's Dolch niederzustofsen, spurlos im Kanalschlamm verschwindet. Diese Figur spottet Merriman's mühsamer und auf dem Gebiete der unwichtigen Beziehungen zwischen harmlosen Gesellschaftsmenschen nicht ohne Erfolg angewandten neuen Berieselungsmethode lebendiger Motivierung wie ein erratischer Block, und sie wird durch den Versuch, ihr etwas von Napoleon I. zu geben, nur noch lächerlicher. Der Dichter hat sich im übrigen einer dankenswerten Abwechselung in der Charakterzeichnung befleifsigt, aber dennoch geht bei der gänzlichen Abwesenheit von Humor und Frische das Gespenst der Langeweile um. Es wird abzuwarten sein, ob dieser immerhin ehrenvolle Versuch der Veredlung eines Wildlings nur der Anfang zu gänzlicher Verholzung war.

Berlin.

R. Biedermann.

Mrs. Alexander: Barbara, Lady's Maid & Peeress (Tauchnitz Edition, vol. 3243).

Dorothea Gerard: A forgotten Sin (Tauchnitz Edition, vol. 3285). George Paston: A fair Deceiver (Tauchnitz Edition, vol. 3268). Annie E. Holdsworth: The Gods arrive (Tauchnitz Edition, vol. 3281).

Alle vier Bücher spielen im heutigen England, zum gröfsten Teil in der Hauptstadt, die jeder Engländer mehr oder minder kennt. In

Deutschland haben wir heute noch einen Berliner, einen Münchener, einen Wiener Roman; in England strömen alle Interessen in London zusammen. Und wie der Schauplatz sind auch die Personen dem grossen Lesepublikum geläufig: bald sind es ganz gute, bald ganz schlechte Charaktere, wie in den alten Moralitäten und im Familienroman des 18. Jahrhunderts.

Fast nur gute Menschen finden wir in Mrs. Alexander's 'Barbara, Lady's Maid & Peeress'. Die unermüdliche Siebzigerin hält noch mit derselben Regelmässigkeit, mit der Sommer und Winter wechseln, jedes Jahr ihre Ernte. Diesmal handelt sie von einer edlen Liebhaberin, Constance Morton, die den Werbungen des reichen Rex Vivian tapfer widersteht und ihrem Jugendgeliebten, Alan Musgrave, die Treue bewahrt, obwohl dieser, ein Pächterssohn, erst in Indien standesgemäfs werden muss. Daneben zieht sich eine zweite Handlung hin, um die Titelheldin Barbara West gruppiert, die sich zum Schlufs als die uneheliche Tochter Lord Glengarvon's entpuppt. Die einzige nicht 'gute' Person, der ahgewiesene Vivian, stellt sich gegen Ende als Betrüger heraus, indem er einen Cretin, der ihm die Revenuen wegschnappt, für tot ausgiebt. Der Apparat ist weitläufig. Einige Kapitel der Erzählung sind Barbara in den Mund gelegt, aber die Klippen der Ich- Erzählung nicht immer vermieden.

Von Dorothea Gerard (Mme. Longard de Longgarde) bringt seit 1876 auch jedes Jahr eine neue Produktion. Wie bei Mrs. Alexander Constance zwischen zwei Männern steht, bis die Tugend siegt und ihr der wahre Liebhaber wird, steht in Gerard's 'A forgotten Sin' Carlos Dennison zwischen zwei Frauen, die überdies noch Stiefschwestern sind. Sie sind die Töchter des Mr. Robert Morell; die legitime eine Sarah-Natur, die illegitime, der star des Covent Garden, die unübertreffliche Carmen, von Marwood's hinreissendem Temperament. Charles, alias Carlos Dennison, in dessen Adern spanisches Blut rinnt, ist ein halber José, der zu Fülsen seiner Carmen schmachtet, bis ihn die Mutter zu der dahinsiechenden Micaëla - Esmé zurückruft. Der alte Mr. Morell, den seine Jugendsünde mahnt und der Bankerott bedroht, greift zum Revolver, obwohl ihm der geschäftliche Ruin durch das Entgegenkommen seines künftigen Schwiegersohns erspart bleiben könnte.

'In der Geschichte und in Biographien liest man nur von denen, die ihre Rolle in der Welt spielen durften, einerlei ob gut, ob schlecht, und das waren meistens Männer; aber von den Millionen Frauen, die geboren wurden und starben, aber die niemals leben durften, deren Thatkraft gehemmt, deren Lebensmut gebrochen, deren Ehrgeiz vernichtet, deren Talent in einem Schnupftuch begraben wurde über dies grofse Heer von Märtyrern schweigen sich Geschichte und Biographie in gleicher Weise aus.' Diesen Geleitspruch gab George Paston ihrer Novelle: 'A fair Deceiver' mit auf den Weg. Ihre Heldin ist eine Märtyrerin der Liebe, die freiwillig auf ihr eigenes Glück verzichtet, damit ihre Schwester glücklich werden kann. Wieder liegt ein dreieckiges Verhältnis zu Grunde, diesmal

ist der Mann der Gegenstand des Streits zwischen zwei Schwestern, ein Motiv, das in eigenartiger Form von Sudermann in seiner Novelle: 'Ein Wunsch' behandelt worden ist. Zwischen Magda und Lesbia Le Marchant tritt der Geschichtsprofessor Anthony Travers, zuerst von der ihm ebenbürtigen, strengeren Magda angezogen, aber dann ganz von Lesbia, dem heiteren Weltkind, gefangen genommen, so dass sich der vierzigjährige Witwer mit ihr verlobt. Im Fieberwahn verrät Magda ihres Herzens geheimsten Wunsch, und sie schmäht die Schwester, weil sie ihr den Geliebten abspenstig gemacht habe. In einer Anwandlung von Grossmut entsagt Lesbia, indem sie Anthony vorlügt, sie habe ihm die Treue gebrochen. Wie Anna Karenina gerät sie unter einen daherbrausenden Eisenbahnzug, und sie lebt gerade noch so lange, dafs sie dem Spielkameraden ihrer Kindheit, Dickon, die Hand auf dem Sterbebett reichen kann. Anthony findet an Magdas Seite ein spätes Glück. In der Zeichnung der Personen sind Ansätze zu tieferer Charakteristik unverkennbar, die beiden Schwestern sind gut kontrastiert. Das Opfer, das Lesbia bringt, will uns allerdings nicht recht einleuchten. Offenbar wollte die Verfasserin zeigen, dafs sich nur gleich und gleich zum Bund fürs Leben gesellen sollen, und so läfst sie noch an der Schwelle des Todes ihre Heldin mit dem Jugendgeliebten die Ringe tauschen.

In mancher Beziehung unreif und doch bemüht, ein Problem zu erfassen, tritt Annie E. Holdsworth in ihrem dritten Buch, das den preciösen Titel führt: 'The Gods arrive' (nach einem Motto aus Emerson), vor uns hin. Katherine Fleming, die Heldin, steht zuerst mitten in der Frauenbewegung, sie hat schnell Carriere gemacht und hält sich für berufen, auch fernerhin eine grofse Rolle zu spielen. Unerquickliche Nachrichten von Hause nötigen sie, alles an den Nagel zu hängen, ihre Stellung in London aufzugeben, um daheim ein neues, werkthätiges Leben zu beginnen. Es giebt auch anderwärts, nicht nur im grofsen London, Leute genug, die man heben, für die Bewegung gewinnen kann. Zu Hause entwickelt Katherine eine segensreiche Thätigkeit, sie bringt das verlotterte Gut in die Höhe, aber ihr letztes Streben bleibt unerreichbar, ihre Liebe zu Franklin bleibt ungestillt. Das Problem kommt sehr energisch zum Ausdruck; aber die Charakteristik schwankt: bald ist Katherine begeisterte Frauen vorkämpferin, bald bricht ihr Egoismus durch, nach Spinozas Grundsatz: 'Man's happiness consists in the preservation of his own essence' (p. 73). Wollte die Verfasserin andeuten, dass es die moderne Gesellschaft dem Weib geradezu unmöglich macht, dies Prinzip zu befolgen? Von den übrigen Personen des Romans vermag ein intensiveres Interesse nur Peggy zu erregen, die verlassene Geliebte, seit Goldsmith's Tagen eine Lieblingsfigur der englischen Litteratur; wie Lesbia bei George Paston schlägt sie ihr Leben in die Schanze und unternimmt einen heroischen Todesritt. Im Gegensatz zu ihr findet Katherine's Mutter als hochbetagte Frau ihren Jugendgeliebten wieder und kann endlich noch den Bund für den Rest ihres Lebens schliefsen.

Berlin.

Max Meyerfeld.

Modern English Writers II. Autobiography of a Slander by Edna Lyal. Abraham Lincoln, ed. Camilla Hammond. 120 p. - III. Biographies of great Englishmen, ed. Prof. Dr. F. J. Wershoven. Wolfenbüttel, Julius Zwifsler, 1898. 120 p. British Eloquence, ed. F. J. Wershoven. Dresden, Gerhard Küthman, 1898. 134 p. (Wordlist and Remarks.)

Most schoolreaders which have passed through my hands gave me an unfavorable idea of their compiler. He seemed to have worked under the impression that knowledge of a language in itself was culture, not a means of acquiring it. Consequently his choice of the reading was not prompted by his desire to impress upon the young folk the idea, that those foreign words they had to struggle with, were as many keys to the wonderland of Art, created by the finest genii of humanity. It never seemed to have dawned upon that man's mind, that if he brought his pupil to understand and possess the beauty of one single creation of Art, he had given him a greater gift than if he had looaded his memory with fifty thousand words, which possibly taught him that 'a certain woman had an old hen'.

I am sorry to say that Miss Camilla Hammond, did not raise my estimation of schoolreaders by her edition of 'The Autobiography of a Slander by Edna Lyal and Abraham Lincoln' as the title runs. That startling collaboratorship naturally aroused my curiosity, which I, however, had to soften down, until I had gathered and reordered the leaves, which at the slightest handling of the book spread out from the so called binding, overbidding the paper in fragility. And finally I only found a story by Edna Lyal moralizing against the divulgation of pleasant and innocent lies, and a supernaturally dull biography of Abraham Lincoln, published by the 'Society for Propagation of Chistian Knowledge'. The misprints which swarm the book do not shun the very title.

The next unpleasant feature of the book is the interpunctuation. I conjecture that Miss Hammond, when the last proofs were to be read, went out as a sower of commas, colons, point of quotations, new lines etc., the abundance of this seed only accounting for that a few happened to fall in their proper places.

When a wordlist contains 20 per cent. of the words in the text, particles and irregular verbs uncounted, we have some reason to expect among them technical terms like: secession, incentive, buckskin breeches, make a voyage as a hand on a Mississippi flat-boat etc.

Miss Hammond however, does not think so. She omits them carefully and patronizes solid household words which belong to the first ten lessons.

The work Professor Wershoven spent on no. III in this series Biographies of great Englishmen allows me to take it into serious

consideration.

A vocabulary without phonetic transcription seems to me an extre

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