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nach baldad, baldadig „Gewalt, gewaltthätig" erklärt werden, wenn jenes doch und gewiss mit Recht in seiner ersten Hälfte auf bald d. i. „schnell, kühn" zurückgeführt ist, sondern man müsste Schnelllast, Schnellladung erklären, d. h. ein Verfahren angedeutet erkennen, welches um nur Belastung zu erzielen, das erste beste auch sonst werthlose nimmt. Der deutliche und nicht kleine Druck in zwei Spalten, zweimal 60 Zeilen auf der Seite mit manchen Abkürzungen, giebt viel auf mässigem Raume beisammen. Doch stört den Leser zuweilen eine gewisse behagliche Breite des Ausdruckes: ich mache den Verf. nur auf die vielen ,was nun anbetrifft" aufmerksam. Manchmal freilich hat man an dieser Behaglichkeit sein Vergnügen und ist dem Verf. sogar dankbar, wie wenn er nach der Erklärung von baifanger „ein Seefahrer, der die Baien oder Meeresbuchten behufs des Fischfanges besucht u. s. w." fortfährt: Puncto „bâifanger" [vorher ohne Dehnungszeichen, vergl. holl. baai, baaivanger] als Grobian etc. will ich noch bemerken, dass ich selbst in meiner Jugend noch einen solchen alten Grönlandsfahrer hier in Norden gekannt habe, der nicht allein furchtbar grob und anmassend war, sondern in de bêrhörn" auch Lügengeschichten (stâltjes) von seinen Erlebnissen auf der Grönlandsfahrt auftischte, welche die berühmten „Münchhausiaden noch fast an Grossartigkeit übertrafen. So erzählte er beispielsweise unter andern mal mit der ernstesten Miene von der Welt wie folgt: as wî ins up'n reis na Grönland wassen, do krêg' wî insen sô'n häfigen storm, dat d'r ên fan d'ossen, de bâfen in d'mastkörf lêpen to weiden (dat was d'r um, um unnerwägs altid frisk flesk to hebben, fan wägens de scherbuk) herunder un dör de schörstein in de sop-pot (Suppentopf) ful. As nu de koksmât hum d'r wer ûtfisken wul', do was de hêle osse verdwänen un nargends in de pot to befisken. Man as nû 's namiddags nâ't schaffen (nach dem Essen) de sop-pot lös was un de koksmât wat nauer to sag, dô sêt „düfel hâl mi“ de dikke osse under 'n nêd (Niet, Nagelknopf) fan d' pot fast, war he bî 't rören fan d' sop under râkd was.

Möchte das Werk in der in Aussicht gestellten Weise gut von Statten gehen und eine den etymologischen Theil beschränkende kleinere Handausgabe ihm folgen.

Berlin.

H. Buchholtz.

Die Octavausgabe von Goethe's Werken vom Jahre 1851.

Meine Betheiligung an dieser schönen Ausgabe in dreissig Bänden hat zur Zeit ihres Erscheinens mir eine ebenso bitterböse wie empörende Verunglimpfung von einer Seite zugezogen. Der legendenartig fortschleichenden Verleumdung bin ich vor elf Jahren gelegentlich durch Darlegung der Sachlage entgegengetreten. *) Neuerdings hat dieselbe sich ganz unverhüllt an einer Stelle hervorgewagt, wo man sie am wenigsten erwarten sollte, in einem Nekrolog auf Salomon Hirzel, den Prof. L. Hirzel in Bern im Anzeiger der Steinmeyer'schen Zeitschrift N. F. X., 281 ff. veröffentlicht hat. Mag der Panegyriker seine Farben so grell auftragen, wie er will, mag er in der ihm gewissermassen zustehenden Hyperbel so weit gehen, als es ihm gelüstet, er darf nicht dem Todten zu Liebe einen Lebenden mit Schmach bewerfen. Dieser Schuld muss ich den angeführten Nekrologisten zeihen, und da der Lebende wenigstens auch Recht hat, das hier zugleich Pflicht

*) Vergl. dieses Archiv XL, 11 f., in einem das gegen mich eingeschlagene Verfahren gewisser Kreise kennzeichnenden Artikel. Das dort nachgewiesene Treiben hört bis heute nicht auf.

wird, so muss ich auf die Sache, die zur Geschichte unseres Goethe-Textes nicht unwesentlich gehört, näher eingehen.

Hätte L. Hirzel genauere Kenntniss der Sache gehabt, so würde er sich gehütet haben, eine Kritik zu berühren, die nicht zu den Ruhmestiteln des Gefeierten gehört, aber, einmal zu meiner Verunehrung missbraucht, nicht länger mit Schweigen bedeckt werden darf. Die Schuld trifft allein den Panegyriker. Dieser behauptet, jene Ausgabe sei „im höchsten Grade nachlässig und sorglos gemacht" (nicht etwa gedruckt) gewesen. Das ist eine arge Unwahrheit. Hat er selbst die Ausgabe verglichen, was seine Pflicht war, wenn er urtheilen wollte? hat er das audiatur et altera pars befolgt und meine kleine Schrift: „Ueber die neue Octavausgabe in dreissig Bänden und für die Besitzer derselben" gelesen und erwogen, oder hat er den Centralblattartikeln, welche der Ausgabe und ihrer Vertheidigung auf unwürdige Weise mitgespielt, auf Treu und Glauben sich überlassen? Hat er sich etwa bei denen umgehört, die eine genaue Kenntniss des Goethe'schen Textes und seiner Geschichte besitzen, und nicht Männer der Partei sind? Niemand, der Einsicht der Sache hat, wird den sorgsamen Fleiss verkennen, den ich, im Bewusstsein, der guten Sache einen Dienst zu erweisen, während einer ununterbrochenen angestrengten Arbeit von acht Monaten dieser Ausgabe zugewandt. Ein Sachkundiger, der eine grosse Zahl von Goethe's Schriften mit Vergleichung sämmtlicher in Betracht kommender Ausgaben kritisch behandelt hat, Director Strehlke, hob 1875 auf der Innsbrucker Philologenversammlung (Verhandlungen, S. 168) „die dreissigbändigen Ausgaben von 1851 und 1857, die zum Theil unter der Leitung Düntzer's vorbereitet waren, als einen entschiedenen Fortschritt" hervor. Und die erstere dieser Ausgaben wagt L. Hirzel mit dem oder den Verfassern der Centralblattsartikel eine unsägliche Schmach zu nennen. Doch der Panegyrist wusste nicht, was er that, nur was er thun wollte. Gebe er sich nur die Mühe und vergleiche in der Textrevision der Hempel'schen Ausgaben die Lesarten dieser so geschmähten Ausgabe, und er wird leicht finden, welchen Vorzug diese vor ihren Vorgängerinnen hat.

Unbesehen betrachtet er mich als Herausgeber, da der Centralblattartikel, der meine Vertheidigungsschrift verhöhnt, behauptet, die Verlagsbuchhandlung stelle mich als „wirklichen und alleinigen Redacteurs vor. In welchem Sinne diese mich als „Redaction" bezeichnet, ergiebt sich aus meiner dortigen Erklärung, dass ich nur den Auftrag erhalten hatte, die Ausgabe in vierzig Bänden mit der letzter Hand zu vergleichen und die in jene eingeschlichenen Druckfehler anzumerken. Eben dort habe ich bemerkt, dass ich mich dabei nicht begnügt, sondern auch die aus den früheren Ausgaben in die letzter Hand übergegangenen Druckfehler bezeichnet, meistentheils die ersten Drucke zu Rathe gezogen, ja manche aus diesen selbst fortgepflanzte Versehen berichtigt habe. Von einer Redaction kann also nicht die Rede sein, auch nicht von einer Herausgabe, nur von Tilgung der Druckfehler. Wenn mir einige derselben entgangen sind, so bin ich dafür verantwortlich, insofern verständiger Weise davon die Rede sein kann, dass in einem dreissigbändigen Werke kein einziger Druckfebler sich dem Vergleicher entziehen dürfe, der wegen der ihm zugemessenen Zeit nicht drei bis vier Mal den Text vergleichen konnte. Aber zum Besten der Ausgabe habe ich, wozu ich nicht verpflichtet war, auch für bessere Rechtschreibung, Interpunktion und wenigstens in derselben Schrift durchgeführte Gleichmässigkeit der Formen gesorgt, eine Arbeit, deren Mühseligkeit nur der zu würdigen weiss, der sie selbst einmal geleistet. Noch heute glaube ich, dass Niemand in der unter den gegebenen Verhältnissen nothwendig gesteckten Frist von acht Monaten mehr zu leisten im Stande gewesen wäre; denn bereits waren zwei Bände ausgedruckt, der dritte im Druck begriffen und nach zehn Monaten sollte die Ausgabe vollendet sein. Eine verantwortliche Herausgabe konnte ich unter diesen Verhältnissen nicht übernehmen, und

habe es nicht gethan; mein Name wurde dabei gar nicht genannt. Eine Herausgabe hätte umfassender, auf diesen Zweck gerichteter Vorarbeiten bedurft, der Herbeischaffung mancher Hülfsmittel, und erst nach der Durcharbeitung des ganzen Stoffes, der allein volle zwei Jahre in Anspruch genommen haben würde, konnte die Textgestaltung beginnen, die wieder längere Zeit erfordert haben würde; auch hätte der Druck selbst unter meiner Leitung geschehen müssen. Davon war aber nicht im geringsten die Rede. Somit ist es das schreiendste Unrecht, wenn man diese Ausgabe als Beweis missbraucht, was ich als Herausgeber Goethe's zu leisten im Stande sei, und mich deshalb verunglimpft, wie es die von L. Hirzel gepriesenen Centralblattartikel gethan.

Um die unglaubliche Ungebühr derselben ins Licht zu setzen, gehen wir auf das, was sie an jener Ausgabe getadelt, näher ein. Ihre Hauptausstellungen betreffen die neuen Druckfehler, die ich nicht im geringsten zu vertreten habe, da ich keinen Einfluss auf den Druck hatte, keinen einzigen Druckbogen gelesen, weil ich eben nur die Verbesserungen angeben sollte. Wären der Druckfehler zehnmal mehr, sie träfen nicht mich, sondern die Druckerei. Und so ausserordentlich zahlreich waren diese nicht, auch, wie die Verlagsbuchhandlung bemerkt, durch den massenhaften Umfang der in so kurzer Frist zu liefernden Ausgabe entschuldigt, dazu fast sämmtlich, so weit sie entdeckt worden, vor Vollendung des Ganzen durch Cartons weggeschafft, welche die Verlagsbuchhandlung anfertigen liess, ohne mich, der ich damit in keiner Verbindung stand, zu befragen. Waren diese Cartons auch meistens eine wahre Wohlthat, ich kann für diese ebenso wenig wie für den Druck selbst einstehen.

Gehen wir zu den sonstigen Ausstellungen über, so ist das, was als Tadel bestehen bleibt, kaum der Rede werth. Wir führen im Folgenden alles an, damit man sehe, wie wenig es ist und auf wie schwachen Füssen der grösste Theil dieser wichtigen Ausstellungen beruht. In den vier ersten Banden findet sich nichts, nur eine Aenderung wird gebilligt. Auch im funften und sechsten Bande kommen bloss Druckfehler zur Sprache. Im siebenten soll abgeweidet statt abgeweihet der Ausgabe letzter Hand gesetzt werden; aber abgeweihet erklärt sich sehr gut, und ich hatte guten Grund mit Riemer und Eckermann abgeweidet für einen alten Druckfehler zu halten. Freilich wird, wenn abgeweidet handschriftlich feststeht, dies wieder herzustellen sein, davon aber lag damals kein Anzeichen vor. Im achten Bande soll einmal Lustgesänge in Luftgesänge verandert werden, was ein schlechter Einfall ist. Lustgesang brauchen Wieland und Goethe; Luftgesang ist ganz neu und an der Stelle abgeschmackt, deshalb auch von niemand angenommen. Dass im elften Band, dem Faust, manche alte Druckfehler verbessert sind, erkennt selbst das Centralblatt dankbar an; die neuen meist durch Cartons weggeschafften kommen nicht auf meine Rechnung. Dass einer Todten statt eines Todten gelesen werden muss, kann ich nicht zugeben, da in diesem Falle das Geschlecht nicht unterschieden zu werden braucht, ja ich gestehe, dass hier das allgemeine eines Todten, alles erwogen, mir passender

scheint als das an das Geschlecht erinnernde einer Todten. Der erste Druck liest ersteres, und wenn die dritte Ausgabe der Werke einer schrieb, so könnte dieses einer der zahlreichen Druckfehler dieser Ausgabe sein. Zwar soll die handschriftliche Abfassung dieser Scene einer baben; da aber der erste Druck von dieser auch sonst mehrfach, offenbar absichtlich, abweicht, so könnte der Dichter auch in der zum Druck eingesandten Abschrift eines verbessert haben. Jedenfalls liegt die Sache nicht so klar, dass man daraus einen Vorwurf machen könnte. Aber eine Greuelthat soll ich dadurch begangen haben, dass ich in Gretchen's Lied „Meine Ruh ist hin" das ich aus dem Schlusse des ersten und dritten Verses in schau' ich und geh' ich zum nächstfolgenden Verse gezogen habe, wegen der grössern

Gleichmässigkeit der Verse und des stärkern Tones, der dann auf die Zeitwörter fällt. Dass man anderer Ansicht sein könne, gebe ich zu; deshalb aber von Schulmeisterexperimenten zu sprechen, welche die Ausgabe vollends um allen Credit bringen müssten, lag nicht die geringste Berechtigung vor. Der Kritiker muss eben den Schulmeister machen, da er auf eine Masse Kleinigkeiten zu merken hat, in denen an sich kein Geist steckt, besonders bat er auf den Vers zu achten, und weiter babe ich hier nichts gethan. Wenn man gegen die Trennung anführen könnte, dass ich zu enge mit den Zeitwörtern verbunden sei, als dass es davon getrennt werden dürfte, so ist dagegen zu bemerken, dass in der vorletzten Strophe auch sich, obgleich es eng mit drängt zusammenhängt, im folgenden Verse steht, auch dass die zwei ersten Verse so wenig scharf getrennt sind, dass der erste einmal gar in der Mitte des Wortes Rede schliesst. Noch jetzt glaube ich, dass beide Verse durch die Aenderung gewinnen, die vielleicht hätte unterbleiben können, da sie nicht unumgänglich nöthig. Die Behauptung, dass der Corrector (was mich nichts anginge) über den Gebrauch des Fragezeichens seine eigenen Grundsätze habe. wäre doch erst zu belegen gewesen, da auch das Centralblatt sonst die Berichtigung der Interpunction anerkennt. Das ist alles, was man gegen meine Thätigkeit in den zwölf ersten Bänden aufgebracht hat. Wie soll man es nun nennen, wenn der Beurtheiler bei der Anzeige des dreizehnten und vierzehnten Bandes von „,tollen Eigenmächtigkeiten spricht, die in den zuletzt angezeigten Banden gerugt werden mussten". Sehen wir genau zu, so könnte hier einzig und allein die Trennung des ich von schau' und geh' in Anschlag kommen; was die übrigen Fälle betrifft, so konnte ich mich nicht dazu verstehen, das eines Todten des ersten Druckes und das abgeweihet der Ausgabe letzter Hand aufzugeben, das mir zugemuthete Luftgesange ist eben eine „tolle Eigenmächtigkeit" des Beurtheilers selbst. Herr L. Hirzel wird wohl noch anderes zwischen den Zeilen lesen, um diese Aeusserung des Centralblattes dem Verdacht argen Aufschneidens zu entziehen. Aber solche tolle Eigenmächtigkeiten" sollen ja auch in den beiden genannten Bänden, „wieder zu Tage treten". Sieht man zu, was in dieser Beziehung angeführt wird, so muss man billig über eine solche Keckheit staunen. Im dreizehnten Bande habe ich den offenbaren Druckfehler in dem Verse: „O Liebe, gib mir den Tod!" durch Wiederholung von gib weggeschafft. Diese so höchst leichte Verbesserung schien mir nothwendig, weil in einem zum Singen bestimmten Liede die Verse in jeder Strophe dasselbe Mass haben müssen, um nach derselben Melodie gesungen zu werden. Wenn der vierte Vers der zweiten Strophe lautet: „Ihr Götter! welche Liebesglut!" so kann derselbe Vers in der zum Schlusse wiederholten ersten unmöglich in der Mitte eine Silbe weniger haben oder - statt V- stehen sollen, wenn auch an sich der vierte auf den zweiten reimende Vers unter besonderen Verhältnissen kürzer ist. Also handelt es sich um einen metrischen Fehler, und das Centralblatt hatte nicht die geringste Veranlassung über ein „verzweifeltes musikalisches Gehör" sich zu beklagen. Das wären alle ,,tollen Eigenmächtigkeiten" des dreizehnten Bandes. Beim vierzehnten weiss sich der Mann nicht anders zu helfen, als dass er den Druckfehler Thon statt Ton, einen der allergangbarsten, der kaum ernstlich einen Verständigen irren kann, wie sehr auch der Corrector gerade hier sich vorsehen sollte, für eine eben so zarte als sinnreiche Conjectur des Herausgebers" erklärt. Ich wiederhole, was ich damals schrieb: Das sind unehrliche Waffen!" Sehe Herr L. Hirzel, wie er so etwas ehrenbaft finden kann, und zeige er die anderen „,tollen Eigenmächtigkeiten" auf, die in den vierzehn ersten Bänden von dem Beurtheiler vorgebracht sein sollen.

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Komisch ist es, wie das Centralblatt, da es sicherem Vernehmen nach“ weiss, Prof. Düntzer, dessen „vielfache Verdienste um die Kritik und das Verständniss von Goethe's Werken" es anerkennt, vom fünfzehnten Bande

an die Herausgabe übernommen (die sichere Nachricht enthält eben zwei Unwahrheiten), bei dem fünfzehnten bis achtzehnten Bande die „Genauigkeit und Pietät des neuen Redacteurs" den „Absurditäten“ seines Vorgängers entgegenstellt. Ein schöner Scharfsinn, der derselben Person einmal Genauigkeit und Pietät beilegt, das andere Mal „Absurditäten", von denen freilich keine erwiesen ist. In den vier ersten Bänden vom fünfzehnten an hat er nur wenige Druckfehler aufgespürt; ein solcher ist auch offenbar der Ausfall eines Kommas, das der Beurtheiler zu einer „kleinen Variante“ erhebt. Unglaublich ist es, wie der gestrenge Revisor Gewebe, das nur einer der vielen Druckfehler der ersten Ausgabe des vierten Bandes von Dichtung und Wahrheit ist, für richtig hält, obgleich der Zusammenhang Gewerbe fordert. Wir wissen jetzt, dass in der Octavausgabe letzter Hand manche Druckfehler der Taschenausgabe, die Goethe in Weimar durchsehen und dann die Fehler hatte anzeigen lassen, verbessert sind. Hier steht denn auch schon statt des unsinnigen vom Centralblatt patronisirten Gewebe das richtige Gewerbe, das später allgemeine Aufnahme gefunden hat, auch in von Loeper's Ausgabe. So hätten wir schon den zweiten Fall eines entschieden falschen Urtheils.

Dem neunzehnten und zwanzigsten Bande wird nachgerühmt, dass ,,manche hergebrachte Unrichtigkeiten, die nur ein aufmerksames Auge entdecken konnte, glücklich beseitigt sind"; auch sei sichtbarer Fleiss auf die Rechtschreibung der italianischen Eigennamen verwandt. Dagegen soll es Mangel an Pietat sein, dass ich die zahlreichen auf Nachlässigkeit beruhenden falschen Datirungen verbessert und ein paar an unrechter Stelle stehende Aufsätze dorthin gebracht habe, wohin sie gehören. Solche störende Irrthümer beizubehalten ist nicht Pietät, sondern Pedantismus, und man sollte dem danken, der sie beseitigt. Was gleich über die erste verbesserte Datirung bemerkt wird, zeugt von grosser Kurzsichtigkeit, da ein Brief nicht vom Tage vorher datirt sein darf. Das falsche Datum ist nur dadurch entstanden, dass man den Anfang des Briefes widerrechtlich als Datum verwandte. Wie kann nun L. Hirzel eine Ausgabe, die mehr thut, als der von ihm verklarte Beurtheiler für gut findet, „im höchsten Grade sorglos und nachlässig gemacht“ nennen! Es ist hier eine sehr mühsame Arbeit aufgewendet, welche manchen storenden Uebelstand weggeschafft hat, was ich mit noch sicherer Hand in der Hempel'schen Ausgabe der italiänischen Reise gethan habe. An den auf den zwanzigsten Band folgenden vier Bänden weiss auch das Centralblatt nichts zu mäkeln, wogegen es aus dem fünfundzwanzigsten sechs Druckfehler anführt, von denen aber zwei keine sind; denn herrliches habe ich als Goethe's eigene Verbesserung statt treffliches nachgewiesen, und Jost Ammon, nicht Amman, pflegte Goethe zu schreiben, während der Künstler selbst beider Namensformen sich bediente, so dass es ein Eingriff in dessen Text gewesen wäre, ihm Amman aufzudrängen. Der im sechsundzwanzigsten Bande bemerkte Ausfall zweier Zeilen war freilich sehr bedauerlich; ich verschulde ihn aber eben so wenig, wie das Centralblatt. Sonst werden noch drei Druckfehler angegeben, von denen ich einen nicht zugeben kann; und, das in um verwandelt werden soll, ist richtig. Dagegen hatte ich einer andern vom Centralblatt gebotenen Verbesserung, dass mitgeborenen statt mit geborenem zu lesen sei, nicht widersprechen sollen, was ich deshalb that, weil mitgeboren nicht belegt war, was auch das Centralblatt zu thun versäumt hatte. Es kommt aber nicht allein in einer sehr abgelegenen Stelle Goethe's vor, aus der es Sanders anführt, sondern auch bei Lavater und Lenz. Die grosse Aufregung, zu welcher den nach Versehen spähenden Beurtheiler die ihm gewiss nicht unwillkommene Entdeckung zweier ausgefallenen Zeilen hinreisst, lässt ihn in die Worte ausbrechen: „Nach dieser Erfahrung muss auch Referent die Hoffnung aufgeben, dass seine bescheidene Stimme am rechten Orte die rechte Beachtung finde." Freilich konnte

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