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können wir in Betreff des Dict. de l'Académie nichts Günstigeres sagen, es ist in dem Buche noch immer der alte Schlendrian, und vergleicht man damit z. B. die rühmlichen Leistungen Péschiers, so begreift man durchaus nicht, warum ein Grammatiker zu diesem nicht lieber seine Zuflucht genommen. Wir wollen hiermit dem Verdienste des Herrn N. durchaus nicht entgegentreten, der ein gewiß sehr practisches und für seine Zwecke brauchbares Buch geschrieben hat, wie wir dieses auch im Folgenden zeigen werden; Ref. ist vielmehr der Ansicht, daß Herr N. mehr und sicherer auf eignen Füßen steht, als er dieses in seiner Bescheidenheit beansprucht und es wäre nur zu wünschen gewesen, daß in der Gramm. neben dem Was das Warum häufig noch entschiedener hervorgetreten wäre. Wir können bei dieser Gelegenheit nicht umhin, vor Allem auf das Dict. de l'Acad. selbst und dessen Bedeutung für die Grammatik näher einzugehen, da es ungeachtet aller Einsprache in Deutschland noch immer zu sehr überschäßt wird und wir wiederholen hier im Auszuge einzelne Bemerkungen, die Ref. im Rhein. Museum (II. 4.) weiter ausgeführt hatte.

Besonders unglücklich, wahrhaft komisch ist die Academie in ihren Deffnitionen. „La grammaire est l'art qui enseigne à parler et à écrire correctement." Gute Definitionen sind allerdings nicht leicht zu geben, wenn man aber zu Vierzig arbeitet und Jahrhunderte zur Ausarbeitung eines Wörterbuches hat, so müßte man doch wohl besser definiren, als Llhomod und seine Nachbeter. La grammaire ist doch wohl eher eine Wissenschaft, als eine Kunst, und läßt sich denn wohl von der Kunst sagen, daß sie enseigne. L'art est enseigné, et n'enseigne point. "Le nom se dit des mots qui servent à désigner ou à qualifier les personnes ou les choses. Abgesehen davon, daß es wohl heißen müßte les noms se disent des mots (da sich le nom nur d'un mot sagen läßt) möchte man doch wohl fragen, inwiefern sich das „qualifier« vertheidigen ließe. Doch die Antwort liegt sehr nahe, wenn man nur sich erinnert, daß nach der Academie auch die Adjective zu den noms gehören, indem sie die noms eintheilt in noms substantifs und noms adjectifs. Jeder auch nur halb Kundige wird hierüber die Achseln zucken. Doch weiter. "L'article est une partie du discours qui précède ordinairement les noms substantifs." So lange man denken kann, sind die Franzosen unglücklich in der Definition des Artikels gewesen; so erklärte man 3. B. Les articles servent comme de clef, de chevalet ou de gouvernail pour diversifier les noms, das ist doch wahrhaft pittoresk. Duvivier sagt c'est un petit mot; Wailly geht noch weiter und behauptet c'est un mot qui ne signifie rien. Der Unsinn jener Definitionen liegt am Tage; was thut aber die Academie? Ueber den Begriff des Wortes weiß sie gar nichts; ste redet nur von der Stellung des Artikels, und was sie in dieser Beziehung behauptet, ist unrichtig und ungenau, denn man sagt doch: la plus belle des femmes, oder le pour, le contre.

Die Definiton des Adverbs ist nicht vollständig. Das Dictionnaire sagt: „Partie invariable du discours, qui se joint avec les verbes et les adjectifs, et qui les modifie de diverses manières.“ Das Adverb läßt sich aber auch mit Adverbien verbinden, denn man sagt ja il se porte bien u. s. w. Die Definition der Conjunction: Partie du discours qui sert à lier un mot à un autres ließe sich weit besser auf

die „Préposition" anwenden (z. B. le livre de Pierre) und die Conjunction verbindet doch wohl auch ganze Säße und mehrere vollständige Gedanken.

Gehen wir nach diesen vorläufigen Bemerkungen, welche den grammatischen Tact der Academie einigermaßen andeuten, mehr ins Einzelne. „Aigle“ soll durchaus nur dann féminin sein, wenn es das „Wappen" bedeutet; aber Buffon schreibt doch gewiß mit vollem Rechte: L'aigle est furieuse lorsqu'on lui ravit ses aiglons. Die beiden Wörter ancêtres und pleurs fommen bei Voltaire, Dubois und vielen andern trefflichen Schriftstellern auch im Singulier vor und. Bossuet ruft in einer seiner Leichenrede: "Là commencera ce pleur éternel, ce grincement de dents qui n'aura jamais de fin. Wie matt würde sich hier der Pluriel machen, und so redete Bossuet, deffen Bildsäule in demselben Locale steht, wo die Herren jezt über die fernere Existenz der Wörter ziemlich leichtfertig entscheiden.

Das Wort astrologue findet sich nicht nur auf Männer angewendet, sondern auch auf Frauen. Voltaire fagt Mademoiselle raissonne en astrologue judicieuse. Weber automne hören wir noch immer die seltsame Regel „a u – tomne est masc. quand l'adjectif le précède, et fém. quand l'adjectif le suit; indessen ist es nach Nodier immer ale masc. anzunehmen nach Analogie der andern Jahreszeiten und die Chemiker sind dieser Methode in Bezeichnung der Erden, Metalle und Halbmetalle gefolgt. Balayures wird nur im Plur. aufgeführt, obwohl das Wort eben so häufig im Singulier geschrieben und gesprochen wird. Bizarre findet sich auch im fém. (bei Boileau z. B.), Blette auch im masc. (z. B. des fruits blets), Bonze auch im fém. (la bonzesse bei Volt.) welches die Academie aber nicht zu wissen scheint. Ebenso finden sich botaniste, centénaire und champion bei den besten Schriftstellern als fém. gebraucht, welches die vierzig Serren geradezu leugnen. (Rousseau u. B. d. St. Pierre sagen une botaniste, une centénaire u. s. w.) Statt daß die Acad. lehrt, ein chameau habe zwei Söcker auf dem Rücken, was ja jedes Kind weiß, hätte sie nicht vergessen sollen zu bemerken, daß sich ein fém. findet, welches chamelle heißt; (z. B. Les moeurs Arabes sont conservées; les femmes boivent le lait de chamelle (Chateaubriand), oder

D'autres (vierges) joyeuses comme elles,
Faisaient jaillir des mamelles

De leurs dociles chamelles

Un lait blanc sous leurs doigts noirs.

Auch singt Barthélemy:

(V. Hugo.)

Le zèbre rayonnant, la docile chamelle,

Autruche à quatre pieds et qui vole comme elle.)

Ebenso findet sich cochon und commentateur auch im fém., welches die Academie ignorirt (Volt. schreibt an Mme. Dacier: "Vous êtes la seule traductrice et commentatrice), dasselbe läßt sich von commissionnaire und conspirateur sagen. In Beziehung auf les délices, welches von den besten Schriftstellern zuweilen als masc., zuweilen als féni. gebraucht wird, hält die Acad. ihre Ansicht zurück und bestimmt gar nichts. Wer würde sich wohl scheuen zu schreiben: Une peste désolatrice, une nation déprédatrice, spoliatrice und in Beziehung auf eine Frau c'est une habile speculatrice,

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calculatrice, elle ne sera jamais la délatrice de -? Diese und ähnliche Auss drücke finden sich bei den besten Schriftstellern und in guten Wörterbüchern, außer in demjenigen, welches manchen Leuten als einzige Auctorität gilt. So findet tch. B. disciple auch als fém.

Je n'aime point qu'un jeune homme endoctrine.

Cette disciple à qui je me destine (Voltaire).

Le charme, le chène, le frène, l'érable, le hêtre, l'orme, und le troène erhalten seltsamer Weise nach d. Ac. in ébène eine Schwester; Voltaire aber schrieb:

Je vis Martin Fréron, à la mordre attaché,

Consumer de ses dents tout l'ébène ébréché,

Die Acad. fennt farceur nur im Masc. und man muß deshalb auf sie das wohlbekannte farceuse anwenden. Eben so findet sich auch huissier ironisch im fém. bei Voltaire.

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Ivrogne findet sich als masc. und fém.; im Diet. der Acad. finden wir dagegen den pöbelhaften Ausdruck ivroguesse, den kein Mensch von Bildung in Frankreich in den Mund nimmt. Voltaire bediente sich dieses academischen Barharismus nicht, sondern schrieb; „Une pauvre bourgeoise ivrogne meurt d'apoplexie; vous dites qu'elle est dans la région des morts." Jésuite ist nach der Acad. als masc. und fém. anzuwenden; sie fügt aber nicht hinzu, daß das fém. jésuitesse heißt: Urbain VIII. donna aux cardinaux le titre d'éminence; il abolit les jésuitesses.“ Volt. Das Wort laitière wird nur im fém. anges. zeigt, als ob nur Frauen die Milch brächten; vielleicht findet sich in einer spätern Ausgabe auch einmal le laitier. Losange wird fälschlich als fém. angeführt, man gebraucht das Wort aber allgemein als masculin. Le mâtin ist doch gewiß nicht une espèce de chien de grosse espèce; dann ist auch das fém, mâtine nicht citirt, welches als injure populaire gehört wird. In Beziehung auf den Pluriel der aus fremden Sprachen entlehnten Wörter hat die Acad. nicht die geringste Consequenz; sie schreibt:

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Man sieht, daß doch offenbar nur Launen und Grillen solche Geseße dictio ren können. Die Grammatiker und die besten Schriftsteller sind aber längst darüber einig, daß man schreiben müsse des déficits, des aliénas, des impromptus u. s. w. 3. B. Volt. "J'ai comme une autre marque

und Boileau:

Tous les déficits de ma table."

"I met tous les matins six impromptus au net."

Négociateur, nouvelliste und officier sollen nach der Acad, nicht im fém. vorkommen; es giebt aber des négociatrices de plus d'un genre: man fagt une nouvelliste ebenso gut als une modiste und in vielen Hospitälern finden sich des officières, wie auch in manchen Klöstern der Titel officière ein

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besonderes Amit andeutet. Quelque chose soll immer masc. sein; es kommt doch aber wohl darauf an, wie es genommen wird, denn man sagt z. B. Quelque chose que vous ayez promise, donnez-la« (Le mare) oder „Quelque chose qu'il m'ait dite, je n'ai pu le croire". (Marmonte). Ebenso sagt man richtig une vertue réparatrice, une politique réparatrice und l'analyse scrutatrice; die Acad. kennt aber in ihrem article scrutateur beide Wörter nur im masc.

In Beziehung auf die Bestimmung derjenigen Wörter, welche sich auf al endigen, ist die Acad. oft sehr zweifelhaft und ungenau. Neber anomal, bancal, central, conjugal, monacal, nominal, nasal und andere weiß sie nichts zu sagen, außer daß sie das Nichtvorhandensein des Pluriel dieser Wörter behauptet; · dessen ungeachtet redet sie selbst an andern Stellen z. B. von den sons nasals und kann auch die ordres monacaux nicht in Abrede stellen, da sie nun einmal existiren. Eben so kennt sie keinen pluriel von automnal, man sagt aber doch allgemein des fruits automnaux und les trois mois automnaux. Ueber den Plur. von carnaval sagt sie nichts, und der arme Jules Janin hat sich deshalb kürzlich seiner Mitgliedsschaft wegen genöthigt gesehen zu schreiben: Ce qui rentrerait dans notre sujet, ce serait de faire l'histoire de tous les carnavaux ou carnavals de ce monde. Dieselbe Ungewißheit herrscht über idéal und initial, und es wäre doch wohl der Mühe werth, eine Entscheidung über den Etreit der Grammatiker zu geben, welche theils initials (und dies thun die meisten) theils initiaux anempfehlen. Die Acad. ist vorsichtig und berührt den Streitpunkt gar nicht.

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Auch an Barbarismen ist das Dict. sehr reich. Es empfiehlt abolissement statt abolition, und lehrt noch immer zu sagen un chat Angora, une chèvre Angora statt un chat d'Angora, une chèvre d'Angora oder ganz kurz un angora ungeachtet aller Einreden, welche in Beziehung auf diesen Fall der gelehrten Gesellschaft von den tüchtigsten Grammatikern gemacht sind. Angora wird nach den besten Schriftstellern gebraucht wie Bordeaux und Champagne und man kann wohl elliptisch sagen du Bordeaux und du Champagne, aber gewiß nicht du vin Bordeaux oder du vin Champagne. Freilich erlaubt man sich im kaufmännischen Stile der Kürze wegen zu schreiben: 20 bouteilles rhum Jamaique oder 3 caisses café Martinique, aber dieser merkantile Gebrauch beweist doch für die Grammatif gar nichts. Auch bourelle findet sich wieder, obgleich Niemand anders schreiben wird als cette femme a été le bourreau de son enfant. Statt crassane (von dem lat. crassula, diminut. von crassus, d. franz. gras und grassette abzuleiten) findet sich cresane, weshalb nicht lieber das ganz pöbelhafte creusane? Der Gebrauch des Verb. être für aller wird von Neuem autorisirt; die Acad. lehrt zu sagen: Je fus le complimenter oder j'ai été le voir. Keiner der Herren Quarante würde wohl sagen je suis le complimenter, weshalb soll denn das Défini in diesem Falle mehr Recht haben, als das Présent? Nodier fagt in seinem Examen crit. des Dict. hierüber sehr treffend: Le verbe être détermine un état, c'est même là sa fonction spéciale dans le langage. Il ne peut donc pas être suivi d'un infinitif qui en détermine un autre. Pour vous assurer de sa propriété, ramenez la

phrase à l'nfinitif: être: cette règle est infaillible.

Être à Paris est du très bon français; être le voir est barbare. On dit: Je suis allé le voir, j'ai été chez lui. Daß dieser Barbarismus sich findet, wer wollte das leugnen; aber wozu ihn autorisiren?

Statt frileux findet sich froidureux; das Wort papable würde Niemand verstehen, wenn nicht die Erklärung folgte: propre à être élu pape. Man sieht nun gar nicht ein, weshalb es nicht auch ebenso gut erlaubt sein soll, sagen zu fönnen: ducable, pairable, députable, baronable u. s. w. Das Wort saigneux, welches die Acad. angiebt, hört man doch wohl nur von ganz ungebildeten Leuten, und statt phrasier sagt man allgemein phraseur wie paraphraseur, jaseur und causeur. Ebenso sind sauveté und veridicité (statt véracité) Barbarismen, und es ist im Gegentheil auffallend, daß véridiquement gar nicht aufgeführt wird, obwohl es gewiß besser ist zu sagen raconter véridiquement, confesser véridiquement als raconter avec véridicité.

An Solöcismen ist das Wörterbuch auch nicht gerade arm. Die Acad. hat sich noch immer nicht entscheiden können, ob man sagen müsse jusqu'aujourd'hui oder jusqu'à aujourd'hui; man begreift gar nicht, daß die Logik und der vielfältige Gebrauch in diesem Falle noch immer nicht eine feste Regel bewirkt haben, da doch Niemand sagt jusqu'à ici, jusqu'à ou, jusqu'à auprès, jusqu' à au-dessus, jusqu'à au-dessous, u. s. w. und in den besten Schriftstellern findet man jusqu'aujourd'hui. Ueber den Buchstaben B. heißt es: „Le B se redouble dans les mots .... Man sagt wohl on redouble le pas aber une consonne se double. Man begreift wohl, daß man könne enfoncer son chapeau sur sar tête aber dans sa tête, wie die Acad. lehrt, ist doch wohl unmöglich, man müßte sonst auch sagen können avoir des souliers dans ses pieds. Statt fleur d'oranger heißt es noch immer fleur d'orange im Dict. ebenso statt aboyer à la lune und après les passants findet sich freilich höchst komisch! aboyer la lune und aboyer les passants! Wenn die Acad. an Lafontaine gedacht hätte, würde sie nicht gelehrt haben zu sagen manche à balai.

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"Quatre sièges boiteux, un manche de balai u. f. w."

Auffallend ist es, daß die

un soupçon de liqueur. Bemerkungen; es sagt z. B.

Man könnte in derselben Redeweise fortfahren: le chapeau à Madame, les bottes à Monsieur. Höchst zweideutig heißt es unter ombre: "Il le suit comme l'ombre fait le corps; man könnte fragen l'ombre qui fait le corps? Weber Plane heißt es: outil dont les charrons se servent pour aplanir les bois qu'ils emploient; man denfe nur einmal les charrons aplanissant les forêts avec une plane! In der That nicht übel! Acad. noch immer schreibt: on fait à savoir que, Zuweilen macht das Dict. auch sehr naive Le bâton à deux bouts est une arme familière aux Bas-Bretons als ob es auch Stöcke gäbe, die nur ein Ende hätten. Ueber Chat heißt es: animal domestique qui prend les rats et les souris, als ob sich die Kazen nicht auch über Vögel, leine Kaninchen u. s. w. hermachten. Weber Cloporte bemerkt die Acad.: Petit insecte sans ailes." Cuvier würde auf diese Definition sicher antworten: Le cloporte est un crustacé, et non pas un insecte, et tous les crustacés sont sans ailes. Ueber Démonomanie sagt das Dict.: Il se dit d'un traité sur les démons." Wahrscheinlich hat sie an démonologie gedacht. Bon écrevisse heißt es: "Animal de la classe des crustacés, qui vit dans l'eau et qui selon l'opinion vulgaire, va presque toujours à reculons." Die Herren Academiker müssen hiernach zu urtheilen die Krebse wohl nur beim Essen gesehen haben. Wie kommt es nur, daß die Acad. das Wort épinard ohne s aufführt und doch darüber bemerkt, substantif masculin qui ne s'emploie

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