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S. 16. heißt es: Da kam auch dort ein Weib gegangen
Ein betagtes, in den Tempel
Phanuels Tochter

S. 32.

S. 40.

War Anna geheißen,

Die hatte ihrem Herrn wohl

Zu Dank gedient,

War ein demütig Weib.

Sie mußte nach ihrem Magdthum

Seit Mannes sie ward,

Degens Verlobte,

Edle Dirne,

Mußte mit dem Manne
Mühwalten des Hauses
Sieben Winter zusammen.

War da in der Einöde
Der Emir, der Herr,
Lange Weile,

Nicht hatte er der Leute da mehr
Der Sterblichen zur Gesellschaft,
Wie er sie sich selber erkor,
Wollte sich da lassen versuchen
Von dem kräftigen Scheusal 2c. 2c.

Sagte ihnen da versichernd,
Sprach, daß die selig wären

Die Menschen in dieser Mittelwerk,

Die hier in ihrem Gemüt wären

Arm durch Ergebenheit,

Denen sei das ewige Reich

Sehr heilig.

Auf der Himmelsau,

Immerleben ersehen,

Sagte, daß auch selig wären 2c. ic.

Ist das altdeutsch?

Wer von den Jeztlebenden führt eine solche Sprache in Poesie oder Prosa? Wer erkennt in solchen Säßen die neuhochdeutsche Sprechweise wieder?

Ich füge noch einige Säße und Redensarten hinzu. „Einen Schwamm nahm er mit durstlöschendem Leidigsten.“ „Das Haus behauptet die Stelle windwider von unten, daß es weichen nicht mag." „Rücksteuerte strebend die Wehrmannschaft windwider.“ „Der Landeswalter bewandet sie von der Himmelsau her.“ „Weitläuftiges Weltvergnügen.“ (!) „Wählig zu wachsen,“ „höllabfahren,“ „hieß auf die Achsel ihn sein Bett rücknehmen.“ Ich wiederhole die Frage: Ist das Neudeutsch? Dürfen ferner Wörter gebraucht werden, die verschollen sind, die jezt Niemand mehr kennt? 3. B. Griemwerk, Meinwerk, Meinthat, Meinhart, Neidhart, Tückbold (so wird das Adv. darnungo, clam überseßt), Gesiedel, Mundherr, Schwark, Gaden, Austrom, Mittelmark, Gespannschaft, Wiegand ic. ic. Oder kennt die jeßige Sprache Bildungen wie „Wutwehlager" "Werkner (= Arbeiter)," "theuerwerth," "wortspähe“ sc.?

Herr Kannegießer könnte diese Bemerkungen, diese Archaismen, und diese unbekannten Bildungen damit entschuldigen wollen, daß seine Ueberseßung die Lectüre des Originals begleiten und erleichtern soll. Dies ließe sich allenfalls hören. Aber für einen solchen Zweck verlangt man Genauigkeit und Pünktlichkeit. Diese wird aber häufig vermißt. Ein paar Beispiele mögen mein Urtheil bestätigen. Das Wort gumo muß sich die verschiedensten Bedeutungen gefallen lassen. Bald wird es gegeben durch „Gefährte“ bald durch „Edler“ bald durch „Germann“, am Häufigsten durch „Gaumann, Gaubewohner." Schmeller gibt aber in seinem Glossar uns die Bedeutung „vir, homo“. Selbst „Jarl“ überseht es Herr Kannegießer. Wenn wir durch dieses Wort wie durch Klan (Ueberseßung von cnôs und cunni, genus, prosapia es wird gesprochen von den „Gaumännern des Klans", gumon cunnies, von dem Klan der Juden) au Schottland und England erinnert werden, so müssen wir bei der Ueberseßung von erl durch „Emir“ an den Orient denken und bei den „hochsinnigen Hünen“ (helidos hugederbie, viri fortes, audaces) werden unsre Gedanken nach Deutschland, bei den „No:nen" nach Skandinavien geführt. Romantisch genug! glauua gumon wird übersezt durch glimpfliche Gaumänner." Glau heißt aber prudens, sagax. S. 40. übersezt Herr Kannegießer die Worte: wolda mit is spracun spahword manag lerean thea liudi so: wollte mit seiner Stimme die verständige Menge belehren, während es nur heißen kann „Er wollte mit seiner Sprache den Leuten manches vernünftige Wort lehren." S. 66. 18. ed. Schm. steht unttat ina iru uurth benan, mari metodogiscapa« d. h. bis das Schicksal ihn ihr nahm, der hohe Rathschluß Gottes. Herr Kannegießer aber überseßt „da nahm ihn die Norne furchtbar herfahrend.“ Die Beispiele ließen sich mehren wenn es nöthig wäre.

Kurz die Uebersehung ist nicht nur durchweg steif und ungelenk, sondern geradezu meistentheils nicht neudeutsch, was sie doch sein soll, manchmal untreu. Die Wurzel alles Uebels ist aber das Metrum. Ach, das Metrum! Wie häufig ist ihm zu Liebe die deutsche Sprache gemartert und mißhandelt worden! Der Stabreim des Originals sollte auch in der Neberseßung beibehalten werden und an dieser Klippe ist die ganze Ueberseßung gescheitert. Daß ich es auch nicht besser machen würde, weiß ich bestimmt, aber ich werde mich auch hüten eine Arbeit zu unternehmen, der ich nicht gewachsen bin. Lieber würde ich eine wortgetreue lesbare Uebertragung ohne Stabreim geben, als daß ich Zeit und Mühe an eine Ueberseßung wendete, die zwar gereimt wäre, aber dafür Schönheit und Treue geopfert und der heutigen Sprechweise ins Gesicht geschlagen hätte.

Dr. A. Lübben.

Friesisches Archiv. Eine Zeitschrift für friesische Geschichte und Sprache. Herausgegeben von H. G. Ehrentraut. Großh. Oldenb. Hofrath. Erster

Band, erstes Heft. Oldenburg. Druck und Verlag der Schulzeschen
Buchhandlung. 1847.

Nachdem ich selbst in dem dritten Hefte dieses Archivs Einiges über die Wangeroger Sprache veröffentlicht habe, was ich flüchtig zusammengerafft hatte, halte ich es für Pflicht, auf eine umfassende Darstellung derselben aufmerksam zu machen, welche in diesen Tagen erschienen ist. Sie steht in dem ersten Hefte des ersten Bandes der Zeitschrift für friesische Geschichte und Sprache, deren Heraus

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geber auch zugleich der Verfasser der Mittheilungen aus der Sprache der Wangeroger" ist. Wenn Jemand im Stande ist, Genaues und Zuverlässtges zu berichten, so ist es Herr Ehrentraut, der auf frühere handschriftliche Aufzeichnungen gestüßt und durch öfteren und längeren Aufenthalt auf der Insel sich mit der Sprache ihrer Bewohner völlig vertraut gemacht hat. Nach einer Einleitung über Lautbezeichnung und über den Namen der Insel, bespricht er den Artikel, das Pronomen, die Adjektiva und Adverbien, das Zahlwort, die Verba und gibt zum Schluß ein Verzeichniß von Adjektiven und Adverbien und kleineren Redetheilen. Herr E. ist sehr bemüht, die Aussprache und die Betonung richtig zu bezeichnen, so daß er für diesen Zweck sogar besondere Typen hat anfertigen lassen. Nach meinem Urtheile ist er in diesem Streben zu weit gegangen und seine Genauigkeit erscheint mir ängstlich und peinlich. Ich halte es für das Gerathenste sich nur der Zeichen zu bedienen, die durch Grimine Vorgang allgemeinen Eingang gefunden haben, um so das Anschließen an seine Grammatik, die doch das Fundament deutscher historischer Grammatik ist, möglich zu machen. Zu bedauern ist, daß Herr E. nicht noch die Mühe über sich genommen hat, eine Lautlehre vorangehen zu lassen. J. Grimm beginnt immer damit seine Untersuchungen. Wäre es geschehen, so wäre ein sicherer und fester Boden gewonnen und ein besseres Eintheilungsprincip für die Verben gefunden worden, als jeßt geschehen ist. Herr E. theilt nämlich die Verba in starke und schwache Uebergangszeitwörter. Die starken Verben werden, wie gebräuchlich ist, nach dem Ablautungsvokal geschieden, die schwachen aber werden nicht nach dem Ablautungsvocal, sondern je nach der Endung des Präteriti est, et d und t in 4 Klassen untergebracht. Unter den Nebergangszeitwörtern versteht Herr E. solche, die theils nach der schwachen theils nach der starken gehen und theilt sie in 7 Klassen ein. Diese Eintheilung hat etwas Mißliches und dürfte schwerlich Jedermann befriedigen.

Auf die altfriesische Sprache ist kein vergleichender Blick geworfen. Vielleicht geschieht es in den nächsten Heften der Zeitschrift, die wir den Freunden friesischer Geschichte und Sprache empfehlen.

Dr. A. Lübben.

Voetische Nachbildungen ausländischer Gedichte von Dr. Ad. Laun. Bremen 1846. Der Verf. vorliegender Sammlung, welcher in früherer Zeit eine Professur am fön. Coll. in Bordeaur belleidete, gibt hier eine Reihe von Uebertragungen lyrischer Gedichte, die sich durch so viele Vorzüge auszeichnen, daß es Ref. eine wahre Freude gewährt, unsere Leser darauf aufmerksam zu machen. Mit Recht erschien dem Verfasser die Form in der lyrischen - Poesie gleich einem Nessusgewande, welches nur mit dem Leben vom Körper weicht, den es bekleidet ; und mit wenigen Ausnahmen findet sich sonach die strengste Beibehaltung des Verses, den wir im Originale antreffen. Auch in Beziehung auf den Inhalt ist Herr L. mit der größten Behutsamkeit verfahren und Nef. hat sich durch die sorgfältigste Vergleichung von der Wahrheit der in der Vorrede befindlichen Worte überzeugt: „wo ich Gedanken, Farben und Töne des Originals nicht ganz wiedergeben fonnte, habe ich wenigstens gestrebt, sie durch möglichst entsprechende zu erseßen." Die Treue der poetischen Uebertragung, besonders der lyrischen Stücke, besteht nicht im wörtlichen Wiedergeben; das ohnehin unmöglich wäre, sondern darin,

daß mit der Musik der überseßenden Sprache dieselben Empfindungen erweckt werben, die das Original hervorruft.

Die Sammlung gibt Nebertragungen von 1) englischen, 2) spanischen 3) französischen Originalen, und wir finden hier Altes und Neues, Ernstes und Heiteres, Berühmtes und wenig Bekanntes in bunter Folge; den Schluß endlich bilden einige eigene Gedichte des Verf., welche man ebenfalls nicht ohne Befriedigung lesen wird. Um den Lesern einen Blick in das Werk thun zu lassen, geben wir ein Gedicht von P. Rochery mit dem Bemerken, daß es sehr schwer sein dürfte einer der Uebertragungen vor den anderen den Vorzug zu geben; ste find fast alle sehr gelungen.

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Ich kam zur Welt, umblüht von Edens Rosenzweigen,
Als sich im ersten Kuß das erste Paar umschlang,
Vor meinem Scepter muß sich jedes Wesen neigen
Und niemand widerseßt sich meinem sanften Zwang,
Ich bin dieselbe stets in wechselnden Gestalten

Und wurde keinem Blick, wie sehr er forschte, klar;
Du kannst den flücht'gen Strahl der Sonne nimmer halten
Und stellt auch nimmer mich nach meinem Wesen dar.
Ich bin der Blume zarter Dust,

Ich bin das Murmeln leiser Wellen,
Im Binsenrohr der Weste Schwellen,
Ich bin der Stern in hoher Luft
Mit seinem Licht, dem silberhellen,
Ich bin der lauen Nächte Schweigen,
Ich bin des Walzers flücht'ger Reigen;
Im Schloß, im Dorf, im Wald und Feld
Mach ich mir jedes Herz zu eigen,
Das unter meinen Zauber fällt;
Ich bin des Wandervogels Reise,
Der kommend stets zu spät erscheint,
Oh dessen Flucht ein jeder weint;
Im Stillen liebt mich selbst der Weise,
Wie sehr mich auch sein Stolz verneint,
Er legt mir oft mit strengen Mienea
Den ernsten Namen Wahrheit bei,
Er meint, bethört, nur ihr zu dienen

Und ahnet nicht, daß ich es sei.

Er folgt mir durch des Wissens Fluren,
Das nie befriedigt seine Brust;
Der eine sucht auf Geistesspuren,
Der andre mich in Sinnenlust.

Sie Alle irr'n umher in trüber Nebelhülle,
Sie ahnen nicht einmal, wie wunderreich ich bin,
In meinem Füllhorn blüht der Freuden höchste Fülle,
Doch nur den Liebenden, den jungen reich' ich's hin;

Die Liebe bin ich nicht, doch wandl' ich ihr zur Seiten.
Weh' Jedem, welcher meint, daß er uns trennen kann!
Ich bin nur ganz ich selbst, wenn sie mich will begleiten,
Ihr betet ohne sie nur meinen Schatten an.

Ich bin ein Weib, ich thron' in gold'nen Wolkensäumen,
Ich bin die Göttin, die in Hellas Tempeln stand,

Ich herrsch' als Königin noch in des Herzens Räumen,

Doch von der Erde ward mein heit'rer Dienst verbannt.

Wenngleich das Bunte der ganzen Sammlung in der Art und Weise ihrer Entstehung eine genügende Erklärung findet, so müssen wir doch schließlich unser Bedauern darüber aussprechen, daß Herr L. wie ein Schmetterling von den verschiedenartigsten Blüthen Nahrung suchte und sich nicht lieber mit Treue an einen Dichter der fremden Literatur hielt und ihn der deutschen Nation zugänglich machte. Er wäre so recht der Mann dazu und könnte sich dadurch leicht die gerechtesten Ansprüche auf dauernde Anerkennung erwerben.

Poésies allemandes par I. P. Hébel, Th. Körner, L. Uhland, H. Heine traduites par Max Buchon. Salins. Cornu. 1846.

Seit dem Auftreten der Frau v. Staël ist in Frankreich das Interesse für deutsche Zustände und deutsche Literatur immer reger geworden und man braucht nur an die Namen von B. Constant, Villers, Veymar, Quinet, Girardin, Lerminier, de Barante, Marmier, Carlovitz, Ozanam u. s. w. zu erinnern, um genugsam anzudeuten, welche Sympathien das gebildete Frankreich mit unserm deutschen Vaterlande verbinden. Der Verf. vorliegender kleinen Sammlung fand neben der biblischen, homerischen und scandinavischen Poeste das eigentliche "genre allemand" noch nicht hinlänglich vertreten, und um diese Lücke auszufüllen, entschloß er sich dazu, von 4 Dichtern, welche er für die „Typen“ des deutschen Lebens und deutscher Poesie hält, Einzelnes durch möglichst treue Ueberseßung auf französischen Boden zu verpflanzen; so bezeichnet er denn Hebel als naïf, Körner als héroïque, Uhland als chevaleresque und Heine als spirituel. Ohne nun in dieser Beziehung mit dem Verfasser weiter rechten zu wollen, lassen wir es vorläufig ganz dahin gestellt, ob denn wirklich der Grundtypus deutscher Poesie auf diese Weise erschöpfend aufgefaßt sei und freuen uns vielmehr, daß wiederum ein neuer und wohlgelungener Versuch gemacht worden, beliebte deutsche Lieder in würdiger Form den Franzosen vorzulegen. Die Sammlung besteht gleichsam aus 4 Theilen, von denen jeder einzelne mit einer kurzen Biographie und ziemlich scharfen Charakteristik des betr. Dichters anfängt und sodann folgen die ausgewählten Stücke in der franz. Ueberseßung; von Uhland und Hebel finden wir größere Stücke, während von Körner und Heine nur Kürzeres ausgewählt ist. Wir erwähnen Beispielshalber v. Hebel: La Wiese, le Cerisier, le Revenant, la Pipe, le Dimanche matin, Soir d'été, Cri du guet, l'Araignée, la Bouillie, Contentement, l'Etoile du matin, Jean et Veronique, l'Arbre de Noël u. f. w. und von Uhland: Le comte des gréiers, le jardin des roses, trois jeunes filles, la Faucheuse u. s. 1.

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