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Diesen Briefen folgen andere vom Cabinetsrath Patje freundschaftlichen Inhalts, von 1785 bis 1788, vom Rittmeister Kirchhoff, mit Aufschlüssen über den preußischen Hof von 1784 bis 1788, dann eine Reihe freundschaftlicher Briefe mit Schröder. Daran schließt sich ein Brief über Meyers Reise in Eng land, mit vielen wichtigen Bemerkungen über die Zeitereignisse, besonders aber über das englische Theater, dem Briefe Heynes nach England und Italien beigegeben sind, wohin M. darauf ging, von 1788 bis 1791, ein Brief von Lichtenberg von 1789, und ein Brief Herders nach Rom vom Jahr 1789, der, sonst ohne Interesse, einige anerkennende Worte über Angelika Kaufmann enthält. Die Auszüge aus Meyers italienischem Tagebuche machen uns mit seinen römischen Freunden, besonders Zoega und Maler Müller, bekannt. Von Rom wurden Ausflüge nach der Schweiz und Neapel, wo er mit Tischbein und Hackert verkehrte, unternommen, und 1791 ging er nach Lyon und Paris. Von den Freunden, mit denen in diesen und den nächsten Jahren M. verkehrte, finden wir außerdem einen Brief von 1793 von Heeren, nach Berlin gerichtet, und Briefe von Tatter aus Göttingen und Hannover von 1789-91 mit Nachrichten über Zimmermann und die Schrift „Bahrdt mit der eisernen Stirn." Doch jedenfalls der interesfanteste ist ein Brief von Bürger von 1789, nach England geschrieben, wenn auch nicht der erfreulichste, auf den wir den fünftigen Biographen Bürgers aufmerksam machen. Es spricht sich eine Derbheit darin aus, die man selbst gesucht nennen muß, ein Cynismus, der mit dem Freunde fast in feinem Worte zärtlich umgeht; aber troß dieses Uebermuths bricht überall die bittere Unzufriedenheit des Dichters mit seiner Lage, mit seiner pecuniären Noth hervor; er grollt, daß man ihn in solchem Zustande lassen könne, der als der Dichter des hohen Liedes doch von aller Welt gefeiert werde und gefeiert zu werden verdiene. Dabei macht er auch viel Rühmens von seinem Lieblingsschüler Schlegel. Wir wissen indeß, daß damals Bürgers Noth noch nicht auf den höchsten Punkt gekommen war; was ihn dahin bringen sollte, erwähnt B. hier ebenfalls schon, es ist der Liebesantrag des Schwabenmädchens (S. 335), tem er folgen wolle. Die poetische Blumenlese 1791 enthielt darauf eine Warnung an B. aus Italien; deren Verfasser ist nicht bekannt geworden, der Herausgeber vermuthet mit Wahrscheinlichkeit, daß es Meyer, der Bürgern nahe stehende Freund, war; das Gedicht ist hier abgedruckt. Der zweite Brief bezieht sich auf den Musenalmanach von 1792; Bürger gesteht, daß er dort allerlei unter falschem Namen (Menschenschred, Anonymus, Ursey) von sich abdrucken lassen. Im leßten Briefe (Aug. 1792) erwähnt er seine Scheidung mit den heftigsten Ausdrücken gegen das Schwabenmädchen; der Brief klingt wie ein Triumphlied nach dem neuerlich bekannt gewordenen Klagebrief an diese Frau.

Der zweite Band bringt uns zunächst 2 Briefe von Meyers jüngerem Bruder über Göttinger Verhältnisse von 1794 und 95, einen von Alringer aus Wien über seinen Bliomberis, einen von Bode von 1792, von Herder 1795 über Balde, einen von Schiller 1795 über Meyers Beitrag zum Musenalmanach, eine Mittheilung von Nicolai über Lenz, von W. G. Becker aus Dresden 1796, von Frau von Blumenthal aus Berlin aus dem Jahre 1797, hauptsächlich über seine Mitarbeiterschaft an ihrem Leben Ziethens (wobei S. 28. ein Brief des alten Gleim 1797 an Frau von Blumenthal mitgetheilt wird). Die folgenden Briefe sind nach Bramstedt gerichtet, welches Meyer um diese Zeit ankaufte, so freundschaftliche von einem Vetter und von Madame Unger, welche Nachrichten über

Woltmann und A. W. Schlegels Berliner Leben, auch über Friedr. Schlegel, enthalten; dieser Madame Unger sagten Schillers Piccolomini nicht zu (S. 43). Aus den J. 1797 und 1804 finden wir zwei Briefe von Caroline Herder, der legte über Herders Tod. Sieran schließt sich ein langer Briefwechsel mit Schröder, hauptsächlich über Geschichte der Maurerei, in deren Interesse Meyer Deutschland durchreiste, so wie über englische Bühnenstücke, manches Interessante über Rosenkreuzer, Feßler, über Zeitgeschichte (Meyer war heftiger Anti-Bonapartist), Theologisches, günstige Stimmen über Nicolai, strenge Urtheile über Herders Unbestimmtheit (!) (S. 51. 78. 87). Es folgt ein Brief von Schelling 1812 aus München, von Rehberg über Meyers Biographie Schröders, verwandtschaftliche Briefe, sehr ansprechende Briefe von Heynes Wittwe 1820. In Bezug auf den Mendelsohn-Jacobischen Streit war Meyer der Gewißheit, daß Mendelsohn in Lessings wissenschaftlicher Achtung gestanden (S. 149), in dem StolbergVossischen Streit (ein Brief von Leop. Stolberg mit Meyers Antwort) war er auf Seiten Stolbergs. Briefe von Brockhaus 1822 und 1823 beziehen sich auf Meyers Theilnahme am Hermes und dem literarischen Conversationsblatt und einige literarische Zeiterscheinungen; Brief von G. J. Göschen 1826 und 1827, und Perthes und Besser theils auf freundschaftliche Verhältnisse, theils theologische und politische (Meyer Gegner der Griechenssache) Fragen. Ein theologischer Aufsaß schließt das Ganze.

Herford.

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Hölscher.

Schiller's und Fichte's Briefwechsel, aus dem Nachlasse des Erstern mit einem einleitenden Vorwort. Herausgegeben von J. H. Fichte. Berlin 1847.

Ueber den Inhalt dieser Briefe spricht sich der Herausgeber in der Vorrede ausführlich aus. Sie sind von dem höchsten Interesse, da sie über das Verhältniß zwischen Fichte und Schiller eine genauere Auskunft geben, als es von Hoffmeister aufgefaßt ist. Schiller bezeichnet dies selbst damit, daß er und Fichte zwei ganz verschiedene Naturen seien, weshalb sie nie sich vereinigen würden, während Fichte Schillers Werth anerkennend ihm seine Hochachtung bewahrt. Schillers Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschengeschlechts waren damals (Anfang 1795) zur Hälfte erschienen; in denselben stellt er als höchstes Ideal eine durch Cultur des Gefühls, durch bewußt gebildeten Schönheitssinn harmonisch vollendete Menschheit, einen Staat des schönen Scheines hin. Schiller glaubte nun seinen Pfad durch Fichtes Auffah „über Geist und Buchstab," den er gleichfalls für die Horen eingeschickt hatte, durchkreuzt. Hiernach macht die schöne Kunst den transscendentalen Gesichtspunkt zum gemeinen; der ästethische Standpunkt besigt das Höchste auf unmittelbare Weise. (An die Stelle jenes ließ Fichte bekanntlich später den religiösen treten). Nach der Consequenz seiner damaligen Denkart läßt sich weiter folgern, daß dieser ästhetische Sinn Fichten nur das Höchste in Gestalt der Unmittelbarkeit, der Natur war, daß ihm aber der Geist nur dann die ihm angemessene Wirklichkeit erreicht, wenn die höchste Naturgestalt der Idee sich in der Form der freien Sittlichkeit auflöst. Obgleich nun Fichte in seiner Abhandlung nicht in Widerspruch mit Schillers Ansicht ist, sondern dem Resultate Schillers eine allgemeine theoretische Wendung gibt,

glaubte sich Schiller doch von ihm verlegt, um so mehr als der Philosoph auf seine Briefe keine Rücksicht nähme. So greift er daher Fichte wegen dieser Materie an. Der andere Punkt betrifft die Theorie von den Trieben und den Eintheilungsgrund derselben. Beide handeln von ganz verschiedenen Materien und ihr Streit ist eigentlich objektlos; dennoch behaupten sich beide fest auf ihrem Gebiete. Der dritte Punkt endlich betrifft die Form. Beide streben nach Popularität, jeder wirft dem andern vor, daß er auf falschem Wege zur Popularität zu gelangen suche, und hiebei erhalten wir die wahrhaft erhabenen Aeußerungen Schillers über sein inneres Verhältniß zur damaligen Bildung und zu den von ihr aufgestellten Gefeßen.

Diese Streitfragen werden genau nur in den 4 ersten Briesen behandelt, die im Jahre 1795 sämmtlich geschrieben sind und wie die folgenden dem Herausgeber von dem Sohne Schillers, dem Oberforstmeister von Schiller, mitgetheilt waren. Der 5. Brief ist ein Begleitschreiben zu der bekannten gedruckten Appellation Fichtes an das Publikum in Betreff seiner Anklage, gibt aber einen Beweis, wie hoch F. Schiller schäßte. Der 6. Brief ist eine beruhigende und beipflichtende Antwort des Dichters. Die zwei folgenden Briefe Fichtes, in Berlin 1803 geschrieben, verhandeln Privatverhältnisse, bezüglich des Verkaufes seines Jenaischen Hauses; der lezte aber enthält einige Bemerkungen über Göthes natürliche Tochter, die F. Göthes vollendetstes Gedicht nennt, und deren Aufführung in Berlin.

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Was genauer die 4 ersten Briefe betrifft, so ist der erste ein Begleitschreiben Fichtes zu seiner Abhandlung, der zweite Schillers Antwort, worin er den Aufsaß zurückweist, indem er besonders den Vorwurf der Verworrenheit erhebt. Er vergleicht dabei, wie gesagt, besonders seinen eigenen Aufsaß und sucht Fichtes Eintheilung der Triebe zu widerlegen. Schließlich rügt er auch die Unzweckmäßigkeit des Vortrags. Von hohem Interesse ist die Antwort darauf, die das übereilte Urtheil Schillers verbessert. Indem Ref. von dem streng philosophischen Inhalte absieht, erlaubt er sich die vortrefflichen Worte Fichtes über den populären Vortrag hervorzuheben. Sie gehen," schreibt er an Schiller „größtentheils analytisch den Weg des strengen Systems; und sehen die Popularität in Ihren unermeßlichen Vorrath von Bildern, die Sie fast allenthalben statt des abstralten Begriffs seßen. Ich seße die Popularität vorzüglich in den Gang, den ich nehme. Das hat Sie verleitet, meine ersten Briefe zu schnell für seicht und oberflächlich zu halten. Nachdem die streng philosophische Disposition fertig ist, mache ich mir nach ganz anderen Grundsäßen den Entwurf der populären Behandlung; knüpfe an eine sehr gemeine Erfahrung an und führe so den Faden, scheinbar nach der bloßen Ideenassociation, über die aber unsichtbar das System wacht, fort, bestimme nirgends schärfer als vor der Hand nöthig ist, bis zuleht die scharfe Bestimmung sich von selbst ergibt. Bei mir steht das Bild nicht an der Stelle des Begriffs, sondern vor und nach dem Begriffe, was gleich ist; ich sehe darauf, daß es passe. Wo ich nicht irre, baben alle alte und neuere Schriftsteller, die in dem Ruhme des guten Vortrags stehen, es so gehalten, wie ich es zu halten strebe. Ihre Art aber ist völlig neu, und ich kenne unter den alten und neueren keinen, der darin mit Ihnen zu vergleichen wäre. Sie fesseln die Einbildungskraft, welche nur frei sein kann, und wollen dieselbe zwingen zu denken. Das kann sie nicht. Daher, glaube ich, entsteht die ermüdende Anstrengung, die mir Ihre philosophischen Schriften machen und die sie Mehreren

verursacht haben. Ich muß Alles von Ihnen erst überseßen, ehe ich es verstehe, und so geht es Andern auch. Was man meinen früheren Schriften auch alles vorwerfe, und so gegründet der Tadel fein mag, den man gegen sie führt, so sind fie doch häufig gelesen und gemerkt worden, und man hört hie und da erzählen und nachsagen was darin steht. Ihre philosophischen Schriften ich rede nicht

von Ihren poetischen, nicht von Ihren historischen, wovon z. B. die Geschichte der Belagerung von Antwerpen ein Meisterstück ist, das alles unwiderstehlich fesselt und mit sich fortreißt; ich rede eben so wenig von Ihrer philosophischen Gründlichkeit und Ihrem Tiefsinn, den ich verehre; ich rede nur von Ihrem Styl Ihre philosophischen Schriften sind gekauft, bewundert, angestaunt, aber, so viel ich merke, weniger gelesen und gar nicht verstanden worden; und ich habe im größern Publikum keine Meinung, keine Stelle, kein Resultat daraus anführen hören. Jeder lobt, so sehr er kann, aber er hütet sich wohl vor der Frage: was denn eigentlich darin stehe ?"

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Nach Schillers Antwort (4. Brief 4. Aug. 1795) ist jede Verständigung unmöglich; „wir empfinden verschieden, schreibt er, wir sind verschieden, höchst verschiedene Naturen, und dagegen weiß ich keinen Rath." Fichte hatte an einen Schiedsrichter appellirt. Sch. weist einen solchen zurück. Ich müßte eine ganz andere Meinung von dem deutschen Publikum bekommen, als ich gegenwärtig habe, wenn ich in einer Sache, worüber meine Natur nach einer mühsamen und hartnäckigen Krise endlich mit sich einig geworden ist, sein Ansehen respektiren follte. Es gibt nichts roheres als den Geschmack des jezigen deutschen Publifums, und an der Veränderung dieses elenden Geschmacks zu arbeiten, nicht meine Modelle von ihm zu nehmen, ist der ernstliche Plan meines Lebens. Zwar habe ich es noch nicht dahin gebracht, aber nicht, weil meine Mittel falsch gewählt waren, sondern weil das Publikum eine zu frivole Angelegenheit aus seiner Lectüre zu machen gewohnt ist, und in ästhetischer Hinsicht zu tief gesunken ist, um so leicht wieder aufgerichtet werden zu können." Interessant ist ferner was er über seine eigene Stellung gegenüber dem Zeitgeist sagt: „Bei dieser Stimmung meines Gemüthes muß es mir freilich sonderbar genug vorkommen, wenn mir von dem Eindrucke, den meine Schriften auf die Majorität des Publikums machen und nicht machen, gesprochen wird. Hätten Sie die leßteren mit der Aufmerksamkeit gelesen, welche von dem partheilosen Wahrheitsforscher zu erwarten war, so würden Sie ohne meine Erinnerung wissen, daß eine direkte Opposition gegen den Zeitcharakter den Geist derselben ausmacht und daß jede andere Aufnahme, als die, welche sie erfahren, einen sehr bedenklichen Beweis gegen die Wahrheit ihres Inhalts angeben würde. Beinahe jede Zeile, die seit den lezten Jahren aus meiner Feder geflossen ist, trägt dieses Gepräge, und wenn es gleich aus äußern Gründen, die ich noch mit mehr Schriftstellern gemein habe, mir nicht gleichgültig fein kann, ob mich ein großes oder kleines Publikum kauft, so habe ich mich wenigstens auf dem einzigen Wege darum beworben, der meiner Individualität und meinem Charakter entspricht, nicht dadurch, daß ich mir durch Anschmiegung an den Geist der Zeit das Publikum zu gewinnen, sondern daburch, daß ich es durch die lebhafte und kühne Aufstellung meiner Vorstellungsart zu überraschen, zu spannen und zu erschüttern suchte. Daß ein Schriftsteller, der diesen Weg geht, nicht der Liebling seines Publikums werden kann, liegt in der Natur der Sache, denn man liest nur was einen in Freiheit seßt, nicht was einen anspannt; aber er erhält dafür die Genugthuung, daß er von der Arm

seligkeit gehaßt, von der Eitelkeit beneidet, von Gemüthern, die eines Schwunges fähig sind, mit Begeisterung ergriffen und von knechtischen Seelen mit Furcht und Zittern angebetet wird. Ich habe nie sehr gesucht, von dem guten oder schlimmen Effekt meines schriftstellerischen Daseins Erkundigungen einzuziehen; aber die Proben von beiden sind mir ungesucht aufgedrungen worden und es geschieht noch bis auf den heutigen Augenblick." Aber dennoch, troß seiner Erbebung über das allgemeine Urtheil, ist er sich bewußt, daß er sich ein zrñμa és deì gegründet hat: „Ich weiß, daß in hundert oder zweihundert Jahren Ihre Schriften nicht mehr gelesen werden, die meinigen aber dann zwar nicht mehr, aber auch nicht weniger denn jezt gelesen werden. Und woher möchte dies kommen? Daher, weil Schriften, deren Werth nur in den Resultaten liegt, die sie für den Verstand enthalten, auch wenn sie hierin noch so vorzüglich wären, in demselben Maaße entbehrlich werden, als der Verstand entweder gegen diese Resultate gleichgültiger wird, oder auf einem leichteren Wege dazu gelangen kann; da hingegen Schriften, die einen von ihrem logischem Gehalte unabhängigen Effekt machen, und in denen sich ein Individuum lebendig abdrückt, nie entbehrlich werden, und ein unvertilgbares Lebensprincip in sich enthalten, eben weil jenes Individuum einzig, mithin unerseßlich und nie erschöpft ist.“ Indem er sich so gegen jeden Vorwurf schüßt, verwirft er auch die Einrede Fichtes gegen seinen Vortrag, als ob er die Untersuchung selbst in Bildern abhandele, da er vielmehr in der Verdeutlichung seiner Vorstellungen scrupulös verfahre.

Herford.

Hölscher.

Der Heiland. Altsächsische Evangelienharmonie, übersezt von Karl Ludwig Kannegießer. Berlin 1847.

Tie Uebertragung altdeutscher Schriftwerke in die jeßige Sprache, oder, wie man sich auch steif genug auszudrücken pflegt, eine Neudeutschung ist ein sehr mißliches Unternehmen. Der Umstand, daß die jeßige Sprache im Verlauf der Zeit eine andere geworden ist als die alte und doch dieselbe ist, macht dem Ueberseßer die größte oft unüberwindliche Schwierigkeit, die er nicht fühlen würde, wenn er ein Original in fremder Sprache vor sich hätte. Der Ton der Unschuld und der Naivetät, der troß der Langeweile, woran viele alt- und mittelhochdeutsche Dichtungen leiden, über dieselbe ausgebreitet ist, geht gewöhnlich in einer Uebertragung ins Neudeutsche verloren, weil das sinnliche Element der Sprache, worauf vorzüglich jener Ton beruht, vor dem geistigen sehr zurückgedrängt ist. Eine Ueberseßung aber muß sich durchaus auf den gegenwärtigen Standpunkt der Sprache stellen, wenn sie ihren Zweck erfüllen soll. Denn was hilft eine Uebersegung, die im Ganzen noch das alte Gewand trägt, das nur hier und da mit neuen Lappen besezt wird? Niemand flickt einen neuen Lappen auf ein altes Kleid, ist ein Ausspruch Christi, den der Ueberseßer des Heilands, Herr Kannegießer sich zu Herzen hätte nehmen sollen. Denn seine Neberseßung ist von Anfang bis zu Ende völlig undeutsch in Wortstellung und Saßbau, und derjenige ist wirklich zu bedauern, der durch die Lobpreisungen Vilmars verleitet sie zur Hand nimmt, um ohne Kenntniß des Originals sich poetischen Genuß zu verschaffen. Ich seße einige Stellen hierher:

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