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die „Anthologisten, Blumenleseler, Geistauszieher, Verlsucher“ in Pausch und Bogen verurtheilt und ihre Arbeiten als „wüste Compilationen, Nachdrucke ohne Plan und Ordnung, als Speculationen auf den Geldbeutel derer, die keine Original-Ausgaben kaufen können," charakterisirt hat, entwickelt er den Plan seiner , Arbeit, die allerdings sich wesentlich von einer Chrestomathie oder Anthologie unterscheidet. Eben dieser Verschiedenheit wegen hätte sich der Verf. den Ausfall auf die Blumenlesen ersparen können, und er hätte es um so mehr thun sollen, da die Verurtheilung, so allgemein wie er sie gefaßt hat, eine durchaus ungerechte ist. Daß Chrestomathien deutscher Dichter und Prosaiker für Schulen unentbehrlich sind, bedarf kaum der Erinnerung. Allein auch für einen großen Theil der übrigen Lesewelt sind sie ein wahres Bedürfniß, indem es der Mehrzahl der Lefer an Zeit und Mitteln gebricht, die unzähligen Gedichtsammlungen und Prosaschriften, die auf das Interesse eines weitern Leserkreises Anspruch haben, selbst zu lesen und anzuschaffen. Wer mit Glück die nicht leichte Aufgabe lös't' aus den überreichen Schäßen deutscher Classiker eine Reihe charakteristischer Musterstücke auszuwählen und zu einem wohlgeordneten Ganzen zu verbinden, dem läßt sich sein Verdienst nicht absprechen, wenn es auch immer ein Verdienst untergeordneter Art bleibt.

Die allgemeine Idee zu seiner Arbeit gesteht der Verf. beim Guttenbergsfeste concipirt zu haben, wo er, angereizt von der weltbewegenden Erfindung des großen Deutschen, überdachte, wie die kleinen beweglichen Lettern Träger des lebendigen Geistes werden und für und wider streiten. „Ein solcher Meinungskampf der Geister," sagt er, „in übersichtlicher Schlachtordnung aufgestellt, zu zeigen, wie die Herren der Literatur das, was uns als ausgemacht gemeiniglich hingestellt wird, aus sich selbst erringend in verschiedenster Weise nach ́ihrer subjectiven Anschauung uns überliefern das schien mir eine Arbeit zu sein, der Mühe und des Denkens werth." Auf den speciellern Plan, die besondere Anlage des Werkes führte ihn die siebente Auflage von Büchner's biblischer Concordanz; er beschloß „in ähnlicher Weise die con- und discordirenden Definitionen allgemeiner und ästhetischer Begriffe, die Sentenzen und Urtheile, die Ansichten und Aussprüche unserer Classiker zu ordnen.“

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Was den Nußen des Werks betrifft, so sehen wir davon ab, daß es „eine unendliche Fundgrube von Material und Stoff für Gelegenheitsredner, Improvisatoren und Toastsprecher werden soll, ein Verlegenheitsaushelfer bei der Motto-Manie unserer Zeit für Schriftsteller, Redakteure u. f. w., ein GeneralSentenzen-Lexikon für alle Stammbuchblätter schreibende Jünglinge und Jungfrauen, ein Handbuch überhaupt, um gelehrt und belesen zu scheinen;" wir halten uns hier ausschließlich an die Anwendung, die von dem Buche beim Unterrichte gemacht werden kann, und bekennen gern, daß es für die Schulwelt eine sehr beachtenswerthe und willkommene Erscheinung ist.

Um dieses zu erläutern, müssen wir vorab dem Leser die Einrichtung des Werkes etwas näher angeben. In alphabetischer Ordnung führt es eine Reihe von Wörtern anf (im vorliegenden Hefte: Abbild, Abend, Abenteuer, Aber, Aberglaube, Abfall, Abglanz, Abgeschiedener, Abgeschiedenheit, Abhärtung, Ablaß, Abschied, Abschlagen, Absicht, Absolut, Absolutismus, Absonderung, Abstammung, Abstimmung, Aburtheilen, Abwechslung, Accise, Achselträger, Aecht, Achtung, Achtsamkeit, Acker, Ackerbau, Adel, u. f. w. bis Bewährung), und gruppirt nun unter jedes derselben eine Anzahl prägnanter Aussprüche von Dichtern und Pro

saisten. Beiläufig sei hier bemerkt, daß der Titel: Concordanz der poetischen National-Literatur“ nicht ganz angemessen ist, da auch aus Prosaschriften, die Niemand zur poetischen Literatur zählen wird, wie Lichtenberg's moralischen Bemerkungen (S. 8.) Sentenzen ausgehoben sind. Im Allgemeinen sind die verschiedenen Aussprüche, die unter einem Worte stehen, wohl geordnet manchmal fogar nach einem logischen Schema disponirt. So wird z. B. der Aberglaube a. nach seinem Ursprung und Wesen, b. im Gegensaß zum Unglauben, c. in besondern Beziehungen betrachtet. Hier und da treffen wir aber auch unter einem Worte nur Eine Sentenz, was sich in einer Concordanz nicht recht schicken will. Hieraus würden die Lehrer des Deutschen in höhern Classen sogleich erkennen, welchen Gewinn sie aus dem Buche für die Stylübungen der Schüler ziehen können. Gilt es z. B. die Ausarbeitung eines Aufsaßes über Aberglauben, Arbeitsamkeit, Aufopferung für's Vaterland u. s. w., so bietet die Concordanz zu jedem Thema gerade das, was für den Schüler wünschenswerth ist, eine Reihe von Stellen aus den Classikern, die den Gegenstand von seinen verschiedenen Seiten, wenn auch nur flüchtig, beleuchten. Diese müssen offenbar in doppelter Beziehung anregend wirken, anregend durch ihren Inhalt, indem sie auf Gedanfen führen, anregend durch ihre Form, indem diese dem Schüler die triviale Ausdrucksart, die sich ihm zuerst für seine Gedanken aufzudringen pflegt, unschmackhaft macht. Auch bei der deutschen Schullectüre kann das Buch förderlich sein, bei der Lectüre der Dichter durch Hinweisung auf eine oder mehrere ParallelstelJen, die zu einer interessanten und belehrenden Vergleichung der verschiedenen Darstellungsweisen Anlaß bieten, bei der Lectüre von Abhandlungen dadurch, daß es die convergirenden und divigirenden Ansichten tüchtiger Denker neben einander stellt und so den Schüler auf einen freien Standpunkt der Beurtheilung hebt.

Diese Vortheile wird das Werk freilich nur dann gewähren, wenn es auf eine würdige Weise zum Ziele hinausgeführt wird. Die vorliegende Probe zeugt von einer ausgebreiteten Belesenheit des Verfassers, und läßt im Ganzen schon etwas Gutes hoffen, wenn gleich hier und da ein Artikel nicht ganz befriedigt. Es wird nicht leicht ein Wohlbelesener die Schrift durchgehen, dem nicht zu diesem und jenem Artikel eine Stelle aus einem Classiker einfällt, die der Verf. überfehen hat. Wir wollen dem Verf. daraus keinen Vorwurf ableiten; aber, wenn wir unsere ganze Meinung über ein solches Unternehmen sagen sollen, so ist es die, daß es nicht zur Aufgabe eines Einzelnen, sondern eines Vereins von recht zahlreichen Mitgliedern hätte gemacht werden sollen. Erlebt die Schrift, was wir wünschen und hoffen, eine Reihe von Auflagen, so kann auch der Verf. auf eigene Hand noch Vieles dafür thun, und wird es auch, nach der Begeisterung su urtheilen, womit er das Werk unternommen, an fortgeseztem Nachbessern nicht fehlen lassen.

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Ausgewählte französische Theaterstücke, zum Schulgebrauch bearbeitet und mit erläuternden Anmerkungen versehen, von Dr. Emil Otto, Lehrer der höhern Bürgerschule zu Mannheim. Karlsruhe C. Macklot, 1847. Der Verf. ward zur Herausgabe dieser Schrift durch den richtigen Gedanken angeregt, daß französische Chreftomathien für die obersten Classen höherer

Lehranstalten nicht ausreichen, daß den reifern Schülern nicht mehr mit Bruchstücken gedient ist, und sowohl der höhere Grad ihrer Kenntnisse, als der größern Ausbildung ihres Urtheils und ihrer Fassungskraft, die Lectüre ganzer Stücke wünschenswerth mache. Wenn er aber nun weiter die Ansicht ausspricht, daß historische Schriften, so gut sie sich übrigens für den Unterricht auf dieser Stufe eignen, doch in der Regel zu umfassend seien und nicht hinreichende Mannichfaltigkeit und Lebendigkeit des Ausdrucks gewähren, um zur Schullectüre empfohlen, werden zu können; so ist dies Urtheil wohl dahin zu modificiren, daß man sich auf die Lectüre historischer Schriften nicht zu beschränken habe, daß sie mit der Lectüre anderer, namentlich dramatischer Werke wechseln, oder ihr zur Seite gehen müsse. Ohne Zweifel haben die Dramen, wie der Verfasser sagt, den Vorzug, daß sie für das Französischsprechen das reichste Material und die reinste Form an die Hand geben; allein dafür sind die historischen Schriften geeignetere Vor-bilder für die freien schriftlichen Arbeiten der Schüler; und keine von beiden Rücksichten wird die Schule außer Acht lassen dürfen.

Referent fühlt sich gedrungen noch eine allgemeinere Bemerkung voranzuschicken, ehe er sein Urtheil über die vorliegende Schrift abgibt. Lehranstalten, deren Hauptstreben dahin geht, ihren Zöglingen Gewandtheit im Gebrauch der Sprache zu verschaffen, werden offenbar, wenn es sich um die Auswahl eines Dramas zur Lectüre handelt, prosaischen, in leichtem und gefälligem Conversationston gehaltenen Luft- und Schauspielen den Vorzug geben; sie werden Molière und gleichzeitige Schriftsteller den Lustspieldichtern der jüngsten Zeit nachfeßen, welche die neueste französische Sprache reden. Gymnasien und höhere Bürgerschulen werden sich aber nicht zu jenen Lehränstalten zählen. Sie dürfen gewiß nicht bei dem Unterricht im Französischen, und bei ihm vielleicht am allerwenigsten, den praktischen Gesichtspunkt ganz außer Augen lassen; allein das Französische ist ihnen doch, wie jeder Unterrichtsgegenstand, vorzugsweise ein Mittel höherer Geistesbildung, das Studium des Französischen ist ihnen, wie das der übrigen Sprachen, Humanitätsstudium; und so muß für sie auch die lite rarhistorische Seite eine ganz andere Bedeutung haben, als für Unterrichtsanstalten, die lediglich auf utilitärische Zwecke ausgehen. Racine, Molière und die übrigen Hauptrepräsentanten der französischen classischen Literatur dürfen demnach felbst auf die Gefahr, daß aus ihrer Vectüre für die Erlernung der møderusten französischen Conversationssprache wenig Gewinn resultiren sollte, aus unsern Gymnaften und Realschulen nicht ganz verbannt werden.

Daneben aber gebietet die Nücksicht auf die Fertigkeit im mündlichen Gebrauch des Französischen, ein und das andere neuere Theaterstück, worin die conversatorischen Elemente vorherrschen, mit den Schülern zu lesen, und durch Memoriren, Rücküberseßen und dergleichen Üebungen ihnen recht eigen zu machen; und so verdient der Herausgeber und Bearbeiter der vorliegenden Sammlung um so mehr unsern Dank, je mehr sich gewöhnlich die Lehrer bei der Auswahl unter den neuern dramatischen Erzeugnissen der französischen Literatur in Verlegenheit fühlen. Sehr richtig bemerkt der Herausgeber, daß die meisten derselben wegen zu starker erotischer Partien für die Schüler unbrauchbar seien; manchmal seien es nur wenige Worte und Ausdrücke, die ein Stück von der Schule ausschließen. Um diesen Uebelständen abzuhelfen, hat er im vorliegenden Bändchen drei durch ihren Inhalt ansprechende Stücke, den Monsieur Musard von Picard, L'Abbé de l'Epée von Bouilly, und L’Humoriste von Leclercq in solcher Weise zu bes

arbeiten, daß einmal alles Anstößige daraus entfernt und zweitens die Lectüre durch Erklärung von Wörtern und Redensarten erleichtert wurde. Beifallswürdig ist die Anordnung, daß die Erklärungen nicht unter dem Text, sondern am Ende des Buches gegeben sind; den Schülern wird dadurch die Präparation erleichtert, ohne daß ihnen bei der Schullectüre selbst eine Eselsbrücke geboten wird. Wir. hoffen, daß der Herausgeber durch beifällige Aufnahme des ersten Bändchens ermuntert werden wird, noch ein zweites von ähnlichem Umfange, zu größerer Auswahl, folgen zu lassen.

X.

Zur Erinnerung an Fr. L. W. Meher, den Biographen Schröders. Lebensskizze nebst Briefen von Bürger, Forsler, Gödingk, Gotter, Serder, Seyne, Schröder u. A. 2 Theile. Braunschweig 1847.

Das vorliegende Werk verdient eine Besprechung in d. Bl., sowohl des Mannes wegen, dessen Manen es geweiht ist, insofern seine Biographie Schröders, des größten deutschen Mimen, dem die Ausbildung des Drama in Deutschland so sehr viel zu verdanken hat, ein so anerkannt tüchtiges Werk ist, daß es in allen großen literarhistorischen Werken erwähnt wird, als auch wegen des Briefwechsels mit vielen in der Literaturgeschichte hochgefeierten Namen. Der Herausgeber hat sich nicht genannt, wir erfahren nur, daß er ein Freund Meyers war; seiner Gesinung für den Freund muß man es zu gute halten, daß das. Werk zu weit angelegt, der Briefwechsel nicht genug gesichtet ist, Vieles hat nur für den nächsten Freundeskreis Interesse. Wir wollen hier nur das hervorheben, was vom literargeschichtlichen Standpunkt für uns Werth hat, dabei jedoch den Gang des Buches festhalten.

Vorangeschickt ist der Lebensabriß Meyers, der dann durch den meist chronologisch geordneten Briefwechsel vervollständigt wird. Fr. Ludw. Wilhelm Meyer war geboren 1759 in Hamburg, studirte in Göttingen, war dann Auditor in Stade, 1783-89 Lehrer der englischen Prinzen und Bibliothekar in Göttingen, machte darauf große Reisen in England und Deutschland, kaufte später das Gut Bramstedt in Holstein, wo er die lezten Jahre seines Lebens zubrachte, einen Theil jedes Jahres in Hamburg verlebend, und starb 1840. In der Literatur hat er sich durch mehrere kleinere Arbeiten, besonders Gedichte, namentlich aber durch seine Biographie Schröders bekannt gemacht. Daß er ein vielseitig gebildeter Mann war, dabei von edlem Charakter und unabhängiger Gesinnung, erhellt aus dem nahen Verhältniß, in dem er zu den geistreichsten Männern in Deutschland, so wie in England, z. B. zu Burke, For, Sheridan, Adam, Smith stand, und der hohen Achtung, welche ihm die hervorragendsten Zeitgenossen zollen.

Die Briefe sind durch genauere Nachrichten über seine Lebensumstände mit einander verbunden. Anziehend ist zunächst seine Audienz bei Friedrich d. Gr., zu. dem er beschieden war, um seine Tauglichkeit für eine Stelle, angeblich als Privatsecretair, zu prüfen. M. trat entschieden zurück und machte darauf Reisen nach Danzig und Wien, wo sich die Bekanntschaft mit Schröder anknüpfte. Zu dieser Zeit verlor er den größten Theil seines väterlichen Vermögens. Hier beginnt zuerst eine Correspondenz mit dem Freiherrn v. d. Horst auf Halden, einstigem Minister Friedrichs d. Gr., dem er einen hier mitgetheilten ausführlichen Archiv IV.

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Bericht über den Hof Josephs II. erstattete.

Von Halden ging er nach Gotha zu Gotter, dann nach Stade. Der hier folgende Briefwechsel mit der Frau des Amtmanns Hofmeister in Agathenburg (Thl. I. S. 101 – 118) bietet nichts Bemerkenswerthes. Wichtiger sind die Briefe Gotters (vgl. dessen Charakteristik bei Gervinus V. S. 532. fgg.) aus Gotha, aus den Jahren 1778, 1779, 1783 bis 86. Sie enthalten sowohl eine gelungene Schilderung des Gothaischen Hoflebens, als manche Notizen über das Theater, Gotters Steckenpferd, Opern, in denen die Mara hervortritt, über Iffland, Schlichtegroll, Wachler, v. Halem, v. Einsiedel; es sei hier namentlich der begeisterten Worte Gotters über Iffland's „Verbrechen aus Ehrsucht“ (S. 142.) gedacht. Einem Briefe von Bertram, dem Herausgeber der Berliner Theaterzeitung, von 1783, folgen Briefe von Gödingt aus Ellrich (S. 149–156) von 1783-86, die die Vortrefflichkeit dieses Charakters, wie ihn Gervinus schildert, bestätigen, und ein Brief von Schink, über den ich auf Gervinus S. 525, 536 verweise, aus dem Jahre 1781, aus Wien, als er nach Graz abging.

Das J. 1786 war für M. ein Jahr der Zerstreuung, er durchreiste Belgien und Deutschland. Ein hier beigefügter Brief von Dalberg von 1786 athmet dessen bekannte Liebe zum Theater (vergl. Gervinus S. 544). Ohne besonderes Interesse ist ein Brief von Bode von 1787. Meyer war damals schon in Göttingen angestellt. Auf seine amtlichen Verhältnisse beziehen sich nun mehrere Briefe von Herder aus diesem Jahre, der ihn um allerlei bittet, bald englische, bald orientalische Bücher zu seinen Ideen; fie erstrecken sich bis auf Herders italienische Reise. Es sei hier hingewiesen auf Herders Enthusiasmus über den Egmont S. 171 und sein richtiges Urtheil über Heinses Ardinghello, besonders dessen zweiten Theil S. 172.

In Göttingen war Meyer am genauesten befreundet mit Georg Forster, der sich dort mit Therese Seyne verheirathet. Als Forster nach Wilna ging, correspondirte er auf der Reise und aus Polen fleißig mit Meyer. Diese bis 1787 reichenden Briefe gehören zu den ansprechendsten, namentlich die von Wilna aus geschriebenen dienen zur Verständigung der Charakteristik des trefflichen Mannes, indem sie uns sein Familienleben schildern, besonders das innige Verhältniß zwischen ihm und seiner Gattin in ein helles Licht seßen. Wie übrigens Meyer in seinen religiösen Ansichten strenger Rationalist war, so huldigte dieser Glaubensrichtung in noch höherem Grade Forster; wenn Meyer manche Excentricitäten des bekannten Nicolai kaum zu entschuldigen wußte, so stand Forster ganz auf dessen Seite. Daher er denn überall besorgt war, was man heutiges Tages Pietismus und Mysticismus nennen würde, zu finden, und sich freute, wenn es sich anders zeigte. In dieser Beziehung ist der Brief von Weimar interessant, wo er mit Herder und Göthe verkehrte und Göthe „munter und artig" fand. Das könnte auffallen, denn Göthe galt selbst bei Meyer für fromm. Forster schreibt S. 191: „Göthe ist wohl schwerlich so fromm, wie Sie ihn dafür halten. Seine jugendlichen Schriften könnten so etwas an sich haben, aber sein Kopf ist zu hell, um lange bei dergleichen zu bekleiben, auch schien sich nichts davon in seinem Umgange zu verrathen. Schon das, daß Herder mir sagte, Göthe sei sein einziger Herzensfreund, ist mehr für als wider ihn, denn Herder schwärmt wohl, aber er ist nicht fromm." Wieland kommt desto schlimmer davon. Von dem „nicht from men“ Göthe und dem „unleidlichen“ Wieland begab sich Forster über Berlin und Posen nach Wilna, wo er sich in seine Studien vertiefte.

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