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plicirt ist, desto vollkommener ist sie, u. s. w. Dasselbe möchte vom Lexikon gelten. Auch hier muß Alles zu einem lichtvollen Zusam= menwirken ineinandergefügt, und gleichmäßig geordnet, auch hier, wo besonders praktische Brauchbarkeit für das große Publikum beabsichtigt wird, leere Parade, wozu vorzüglich die weitschich tige Etymologie gehört, vermieden werden, auf alle Fälle Alles aus einem Stücke gearbeitet und Eines gleichförmigen Gusses sein. Die Sache kurz zusammen zu fassen, sind natürlich die Anforderungen, welche die Kunst sowohl als praktisches Bedürfniß, an alle Wörterbücher, und auch an das hier zu beurtheilende, zu stellen hat, die der Klarheit, und der intensiven sowohl als extensiven Vollständigkeit. Wir wollen sehen, wie diese Bedingungen eines solchen Werken zu ertheilenden Lobes von dem vorliegenden, mit welchem man im Allgemeinern sehr zufrieden sein kann, erfüllt sind. Was zuerst die etymologische Partie betrifft, so ist nicht zu leugnen, daß das Mitgetheilte in den meisten Fällen seine Richtigkeit hat, aber es fehlt Gleichförmigkeit in dem Plane des Mitzutheilenden, indem zuweilen auf den nächsten Ursprung aus dieser oder jener Sprache, zuweilen aber bis auf die entlegensten Ableitungsquellen in den orientalischen Idiomen zurückgegangen wird; desgleichen vermißt man hin und wieder die vollständige Gründlichkeit der Entwicklung, da doch Niemandem mit der bloßen Notiz, daß Etwas aus dem Arabischen, Aethiopischen, Persischen u. s. w. herkommt, gelegen sein kann; so wie auch die bloße Aufnahme eines rein orientalis schen Wortes ohne genauere Angabe der Bedeutung zu tadeln ist; z. B. heißt es, maranatha sei eine Jüdische Bannformel, da doch gesagt werden mußte, es sei so viel, als: Unser Herr fommt!" (die strafende Gerechtigkeit Gottes.) Nicht ganz selten endlich sind die Derivationen erweislich falsch. So genügt es keinesweges, daß bei masquerade auf das Italienische mascherata verwiesen wird, da hier keine Entwicklung des Wortes aus der lingua Romana Rustica angenommen werden kann, sondern der Ursprung dessels ben offenbar außerhalb Italiens gesucht werden muß. Ohne Zweis fel hat die Vermuthung derer das Rechte getroffen, die dabei an das Arabische maskera denken, welches Wort ja noch jezt als nomen proprium einer Ortschaft im Algierischen Gebiete, Mascara, vorkommt, und eigentlich soviel als compotatio temulentorum, jede rauschende Lustbarkeit bedeuten kann. (Die Wurzel Des auch hebräischen Wortes ist eins mit der des in den Griechis schen Uebersezungen des alten Testaments vorkommenden Ausdrucks

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ai'xeça, der von jedem berauschenden Getränke gebraucht wird.) Daß dergleichen Orgien später mit Verbergung des Gesichts begangen wurden, gab nachher die Veranlassung, die Larve selbst maschera zu nennen, welches die Französische Sprache dann in masque verkürzte. Eben so unvollständig ist die Etymologisirung von Admiral gerathen. Es steht da nur, im Französischen heiße es, amiral, und fomme vom Arabischen amara her, welches leptere nicht einmal wahr ist. Das Französische wie das Englische, das Spanische almirante, wie das Italienische Ammiraglio, Alles ist nemlich nur verschiedentliche Umwandlung des des Arabischen Seefeldherrntitels (Emir el mai) eder Fürst des Wassers. Die Anführung der Angelsächsischen Form für buy, kaufen, ist auch bei der im Ganzen des Lerikons herrschenden Tendenz, aus Semitischen Tiefen zu schöpfen, so viel als Nichts, und es ist auffallend, daß in den vom Verfasser benußten Quellen, die stark genug in die Augen springende Vergleichung des Arabischen báa (Fut. jabi), bald emit, bald vendidit, übergangen worden ist. Dahin gehört auch die Abfertis gung von magazine mit dem Französischen magazin; eher konnte noch magazen aus dem Spanischen als den Arabischen Ursprung am Nächsten andeutend, verglichen werden. In lezterer Sprache ist machsan apotheca, horreum. Bei maraud steht, es komme aus dem Aethiopischen, marada, ohne, daß beigefügt wäre, was es da bedeute. Allcin warum nicht das näher zu habende, sehr bekannte Arabische Wort maradha, aeger fuit, verglichen? Die wegen Krankheit oder Ermattung zurückbleibenden Soldaten werden, wieder genesen, Nachzügler und was man jeßt Marodeurs nennt. Bei tare und tarif ist geradezu gesagt, daß es Französische Wörter wären, und die auch hier ganz entschiedene Ableitungsfä» higkeit aus dem Arabischen ist ganz vergessen. Ersteres ist dasselbe mit taur, von dem praeterito, tara, circumdedit, involvit, id quod circumstat rem, also die Verpackung der Waare, und dann der danach zu berechnende Abzug von ihrem Werthe an sich. Lezteres ist ganz unverändert Arabisch tarif, notificatio, von arafa cognovit. Bei halo, wo übrigens die so häufige figürliche Bedeus tung, Nimbus, Glorie, vergessen ist, findet sich das Arabische kaulon als Etymon erwähnt, nicht ganz genau, da corona circa lunam, hala (ton) heißt. Zu den ganz falschen Angaben gehört, daß chouse, betrügen, prellen, von dem Arabischen gasa stamme. Das Wort hat aber eine solche Bedeutung nie; soll es Arabisch sein, so kann nur gascha, decepit, verglichen werden. Dasselbe gilt von

der Ableitung von beat vom Arabischen kabata, was schon wegen Verschwindens der ersten Wurzelsylbe unstatthaft ist, und vollends Deswegen nicht zutrifft, weil es kein so lautendes Wort mit solcher Bedeutung im Arabischen Sprachschaze giebt. Ohnehin kann man bei einer sprachlichen Völkerwanderung immer auf ganz allgemein gebräuchliche Ausdrücke recuriren, und schlagen heißt gemeinhin nur dharaba. Es ist nicht abzusehen, warum nicht das lateinische batuere, das ja dieselbe Bedeutung hat, und wahrscheinlich uralt, von den Schriftstellern des 2ten Jahrhunderts, die, wie Apulejus, nach Archaismen haschten, nur wieder hervorgesucht ist, als genügender Ursprung betrachtet werden foll. Lezteres ist hier ganz übergangen. Verkehrt ist übrigens level von dem Lat. levo abgeleitet, da es ursprünglich wagrecht heißt, und offenbar auf libella, als Verkleinerungswort von libra, zurückzuführen ist. Daß scandal aus dem Lat. scandalum zunächst gemacht ist, versteht sich von selbst, wirft aber kein Licht auf die Bedeutung; sollte die sonst ganz müßige Bemerkung einen Sinn und Zweck haben, so war das Griechische axavdalov, und das Verbum, das ihm zu Grunde liegt, zage, cespitare, pedem offendere, zu vergleichen, und da es hauptsächlich in den biblischen Schriften als Uebersehung des Hebräischen Maqschelah vorkommt, auch dieses (gleichfalls so viel als cespiattio) hinzuzufügen. Genau genommen kommt daher auch nichts dabei heraus, bei Büffon u. s. w. auf das Französische und Italienische zu verweisen. Aufgeklärt wird die Sache nur durch die von der neuesten Philologie gemachte Entdeckung, daß dabei das lat. bufo zu Grunde liege, mit welchem von einer dickaufgeblasenen Kröte entlehnten Worte man in den Altitalienischen Possenspielen die lustige Person oder den Bajazzo bezeichnete, der aufgeblasene Backen haben mußte, um von den Mitspielenden, Ohrfeigen darauf zu empfangen. Eine ähnliche Bewandniß hatte es bekanntlich mit den calvulis oder calvillis, denen Kahlköpfigkeit als Zielscheibe des Wizes diente, daher cavillari, statt calvillari, was hier, wo des Lateinischen bei cavil erwähnt ist, auch hätte bemerkt werden sollen. Bei dragoman und bei targum ist anzubeuten versäumt, daß beide Wörter desselben Semitischen Ursprungs sind. Bei Zenith steht auch nur, es sei Arabisch. Allein es ist nur eine Verdrehung des arabischen Kunstausdrucks ssemtórras, Pfad des Hauptes, oder Scheitelpunkt. Sollte einmal in allen Dingen die Abolla der ausgebreiteten Linguistik umgeschlagen werden, so mußte auch zu am das klar vor Augen liegende Persische

eben so lautende Präsens des verbi substantivi angegeben werden, da ja doch bei brother, daughter u. f. w. richtig auf diese Sprache zurückgegangen ist. Dagegen ist nicht von Nöthen, wie hier geschehen ist, das bekannte Burnus aus dem Persischen oder gar Syrischen herzubolen, da das Spanische Alborroz geradezu auf das Arabische hinweiset, und burnus, also ganz dasselbe Wort, in jedem Arabischen Lexifon durch sagum cucullatum erklärt wird. In Einem Falle fand Ref. die Derivation aus dem Englischen Nationalgebiete selbst mangelhaft. Es wird hier nämlich zur Erklärung von worsted, wollen, nur als muthmaßlich hingeworfen, daß es von dem gleich klingenden Namen eines Ortes abzuleiten sein möchte. Es ist aber ohne allen Zweifel von der zuerst durch ihre Strumpfwebereien u. s. w. berühmt gewordenen Stadt Worcester entlehnt, deren Aussprache im gemeinen Leben auf ähnliche Weise verschliffen wird, wie Birmingham, was bekanntlich häufig genug Brummagem lautet, weswegen man z. B. in jenem Falle ganz analog Brummagem sixpence, ein Sechsstüderstück von Prinzmetall, fagt, welches leztere hier auch eigentlich nicht fehlen durfte.

Wenden wir uns von dieser bei einem vorzüglich für den praktischen Gebrauch berechneten Wörterbuche ziemlich außerwesentlichen und mehr als eine Art von literarischem Luxus zu betrachtenden Partie zunächst zu dem höchst wichtigen Requisite der Klarheit und Deutlichkeit, und der alle Begriffsverwirrung und alles Fehlgreifen in den Bedeutungen ausschließenden, das Sinnverwandte besonders sorgfältig scheidenden Bestimmtheit in der Erposition, so ist hier ein gewissenhaftes und im Ganzen wohl gelungenes Streben nach irgend erzielbarer Vollkommenheit rühmlich anzuerkennen, und, was die Geltung der Ausbrücke und Rebensarten für specielle Eigenheiten des Styls und Sprachgebrauches, wie der verschiedenen Perioden der Literatur betrifft, lobend hervorzuheben, daß durch Beifügung vorher angegebener und erklärter Abkürzungszeichen dafür gesorgt ist, das Erhabene vom Gemeinen, das Ber altete vom Gebräuchlichen, das Eigentliche vom Figürlichen, das Dichterische vom Prosaischen, das Komische vom Ernsten u. f. w. gehörig zu unterscheiden. Nur einiges Wenige, jedoch nicht Unerhebliche, muß man hier nachgebessert wünschen. So ist z. B. Synalepha und Synaeresis, beides, als eine Zusammenziehung zweier Vokale oder Sylben (?) in Einen Laut erklärt, ohne den Unterschied zu berühren, der dazwischen Statt findet, ob man z. B. th'eternal, t'accept, oder question, special und dergleichen aus

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zusprechen hat. Verfehlt ist auch die Definition von zeugma,,,das Mitverstehen eines ausgelassenen aber schon früher vorgekommenen Wortes" da es vielmehr die Ausdehnung eines eigentlich nur auf Ein Sapglied bezüglichen Zeitworts mit erweiteter oder in Etwas modificirter Bedeutung auf ein anderes" heißen sollte. Es ist nicht zu leugnen, daß der Verfasser größtentheils auf Synonymit pflichtmäßige Rücksicht genommen, und dadurch besonders dem DeutschEnglischen Theile einen vorzüglichen Werth gegeben hat. Nur würde es in manchen Fällen zweckdienlicher gewesen sein, sich nicht bloß auf eine Darlegung der Unterschiede vermittelst Aufzählung concreter Mannichfaltigkeit zu beschränken, sondern vorher auch die Begriffsnuancirung in allgemeinerer Abstraction anzudeuten! So hätte z. B. im Deutsch-Englischen Theile unter dem Worte „Werden," eine Zerspaltung des darin liegenden Sinnes nach seinen überhaupt denkbaren Beziehungen voraufgeschickt werden sollen, das mit man die Vorstellungen eines zufälligen Entstehens gewisser Zustände und Eigenschaften, von denen einer planmäßig bestimmten, innerlich oder äußerlich bedingten, allmählig sich entwickelnden oder fortschreitenden, im Erfolge der Erfahrung herbeigeführten, ins Unerwartete und Entgegengesezte Umschlagenden, aus momentanen physischen oder moralischen Ursachen erzeugten u. s. w. genau sondern, und sich daher nicht so leicht im Gebrauche der Zeitwörter, to become, to be made, to grow, to prove, to turn, to wax ober to change u. dergl. m. vergreifen könnte. Lestere beiden Bezeichnungen, z. B. „it waxed hot," und "he changed white and red, sind hier ganz übergangen. Eine ähnliche Bewand.iß hat es mit „Lassen," unter welcher Rubrik sich auch die unklare Stelle findet: she ordered or suffered the money to be paid to me, da hier die gebrauchten Zeitwörter ja so ganz verschiedene Bedeutung haben. Auch durfte in diesem Artikel nicht unerwähnt bleiben, daß sich essen lassen, sich anfühlen lassen u. dgl. nur durch to feel, to eat u. f. w. allein gegeben werden kann. Nicht minder vermißt man die distinctiven Definitionen der Adjective great, tall, large, und big, da es sich doch wohl hätte durchführen lassen, daß great mehr im allgemeinen numerischen und figürlichen Sinn, tall von der Dimension der Höhe, large von der der Länge und Breite oder von der Ausdehnung überhaupt, und big von der Ausdehnung nach allen Dimensionen zusammen gesagt werde. Ein Haupterforderniß der Nußbarkeit eines Lexikons, Genauigkeit in der Angabe derjenigen Verhältnißwörter, wodurch die mancherlei Bezies

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