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tung; nur daß Bürde (fardeau) mehr das ist, was man freiwillig trägt und zu tragen übernommen hat, als ein Kind, eine Stelle oder Amt; Last (charge) dagegen mehr das, was einer Person oder Sache zu tragen auferlegt worden ist, also unfreiwilliges Tragen bezeichnet. Gharge (impôt), Beladung, Belastung, (Steuer) heißt darum auch im Englischen überhaupt weniger burden, als vielmehr charge (load). Statt der zwei seltsamen figürlichen Bedeutungen, die das Wort burden oder burthen haben soll, hätte also Hr. Spiers die Erklärung desselben ganz einfach mit fardeau, charge beginnen können, nebst dem Zusaß, sau propre et au figuré;" denn vor Allem muß ein Wort doch wohl eine eigentliche oder Grundbedeutung haben, ehe von einer figürlichen die Rede sein kann. Die Wahrheit aber ist, daß burden, Bürde, (fardeau) vorzugsweise von Menschen, und häufig in einem moralischen Sinn gebraucht wird, was Hr. Spiers veranlaßt zu haben scheint, dem Wort gleich in seiner ersten Bedeutung das Zeichen „au figuré“ vorzuseßen. Ueberhaupt aber scheint es unser Verf. mit diesem "au figuré gar nicht genau zu nehmen, denn man stößt bei ihm. auf manches Wort von fünf, sechs und mehr Bedeutungen, denen allen das Zeichen des figürlichen Sinnes vorgesezt ist, so daß nach Hrn. Spiers manches Wort eine eigentliche Bedeutung gar nicht zu haben scheint, eine Ansicht, die mir bis jezt neu gewesen ist. Oder soll, um bei burden stehen zu bleiben, vielleicht die dritte Bedeutung (refrain) die eigentliche sein? wenigstens fehlt Soll aber re

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von hier an das Zeichen des figürlichen Sinnes. frain, Wiederholungsvers, wirklich die eigentliche Bedeutung des Wortes burden sein, warum nimmt sie dann erst die dritte Stelle ein? Und wie schließt sich daran oder entwickelt sich daraus die vierte Bedeutung: contenance, capicité? Dieß Alles ist, dünkt mich, durchaus unlogisch und muß es ja wohl sein, weil gleich von vornhereiu das ganze Wort von Hrn. Spiers falsch gefaßt und 'gepackt worden ist. Denn die Bedeutung refrain, die bei unserm Verf. als die erste nicht figürliche auftritt, ist vielmehr die einzige eigentlich figürliche Bedeutung, die das Wort burden hat; und diese Bedeutung ist zunächst abgeleitet aus der alten eigentlichen Grundbedeutung des Wortes, welche ist Pilgerstab, als etwas das getragen wird, und zwar freiwillig und für die Dauer, welche Bedeutung aber Hr. Spiers ganz wegzulassen für gut befunden hat. Genetisch behandelt würden also die Bedeutungen des fraglichen Wortes etwa so zu entwickeln sein:

Burden ist das, was getragen wird, (besonders freiwillig und für die Dauer) als 1) (ehedem) der (sc. hohle) Pilgerstab (Chaucer, Spenser); (durch Uebertragung), was hohl klingt; daher a) der (hohl und tief klingende, weil von dem vollen. Chor wiederholte) Schlußvers; b) der (sich immer wiederholende) Schlußvers, Schlußreim, Refrain; fam. die ewige Wiederholung, alte Leier; 2) überhaupt Alles, (besonders freiwillig) Getragene: die Bürde (von Menschen häufig) in einem moralischen Sinn, und ähnlich von Thieren: siehe Burthen. Unter Burthen würde nun Folgendes zu geben sein:

Burthen, was getragen wird: die Bürde, Last, als a beast of, - ein Saumthier, Lastthier, C. Burden); (bei Shakespeare) die Geburt (als etwas im Mutterleibe Getragenes) (als nautischer Ausdruck) was ein Schiff trägt oder tragen kann, die Tragbarkeit (eines Schiffs): Last, der Tonnengehalt; (in der Musit) the burthen of a song; f. Burden, welches der ursprüngliche Ausdruck dafür ist, als abgeleitet von burden (französ. bourdon), hohler (brummender) Pilgerstab (wobei dann noch zu bemerfen wäre, daß in den andern Bedeutungen, wo der vorherrschende Begriff tragen bleibt, analog mit birth, th richtiger sei als d, obschon der Unterschied gewöhnlich nicht streng festgehalten werde). — Auf diese Weise erst, denke ich, wird dem Leser das rechte Verständniß, der innere geistige und geistbildende Sinn und Kern des Wortes erschlossen; nicht aber, wie ich eben gezeigt zu haben glaube, nach Hrn. Spier's Weise, oder, um auch ein deutsches Beispiel daneben zu stellen, nach Flügels, welcher leztere das Wort so darstellt: Burden, die Last, Ladung, Bürde; Lastigkeit oder Last (Tonnengehalt) eines Schiffs; der Druck; (veraltet) die Schwangerschaft, Geburt; der Schlußreim, Schlußvers, Refrain; der Pilgerstab; beast of burden, das Saumthier, Lastthier 2c. - Möchte man bei Lesung dieses nicht auf den Gedanken kommen, es habe Jemand zu seiner Unterhaltung die ungefähren Bedeutungen des Wortes auf einzelne Zettelchen oder Würfel geschrieben, diese in einen Sack oder Becher gesteckt, den Sack oder Becher gehörig ge= rüttelt, dann ausgeschüttet oder umgestürzt und das Resultat davon bekannt gemacht? Damit will ich jedoch keineswegs weder Hrn. Spiers noch Hrn. Flügel allen Werth oder alles Verdienst abspre= chen, sondern nur sagen, daß diese Art der Lexikographie nicht die rechte ist. Hrn. Spiers Wörterbuch, um bei diesem stehen zu bleiben, zeichnet sich vielmehr vor allen französischen-englischen Wör

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terbüchern, die ich kenne, sehr vortheilhaft aus; in manchem Betracht selbst vor dem weit umfangreichern der Herren Flemming und Tibbins. So hat namentlich in Bezug auf technische Ausdrücke Hr. Spiers das Bedürfniß der Zeit berücksichtigt und ohne Zweifel Anerkennungswerthes geleistet. Daß aber auch hier noch Vieles ungethan geblieben ist, will ich nur an einem einzigen Beispiel zeigen. Von dem Worte Burr hat Spiers nur die drei Bedeutungen: 1) lobe (de l'oreille); 2) ris de veau; 3) meule (Jagd. sprache). Dieses Wort hat aber außer diesen Bedeutungen noch besonders folgende andere, die vorzugsweise ins Technologische einschlagen, als (ich reihe sie den obigen an, deren logische Anordnung mich jedoch nicht befriedigt) 4) der hölzerne Kropf an einer Schiffspumpe; 5) der (kleine) eiserne Ring hinter dem Griff einer Lanze; 6) der (große) eiserne Ring an dem Rohr einer Kanone; 7) (unter Handwerkern) der dreieckige Meißel zum Abstoßen (Abrunden) der Ecken bei Verzapfungen; 8) der (rauhe) Bart am Schriftfegel nach dem Gusse; 9) die (im Norden Englands übliche) rauhe und schnarrende Aussprache des r (das, je tiefer in der Kehle gesprochen, desto weicher, je mehr nach der Mundöffnung hin, desto rauher klingt). **) Aber welches Wörterbuch und welcher einzelne Mensch könnte hier Alles thun und Alle befriedigen? Diese absolute Vollständigkeit ist übrigens ganz und gar nicht das erste und einzige Kriterium eines guten Wörterbuchs. Ein solches muß vorzugsweise auf den Geist basirt sein, muß es auf den Inhalt der Wörter selbst abgesehen haben, muß gleichsam Herkunft, Leben, Geschichte und Geschicke derselben, ihre Verwandtschaften und Verbindungen 2. dem geistigen Auge wenigstens anzudeuten suchen. Denn hat man einmal den eigentlichen Kern eines Wortes gefaßt, so fällt einem das Andere wie von selbst zu. Hätte uns z. B. bei dem Worte Burr Hr. Spiers gesagt, daß es von Bevo, spriesse hervor, sproffe, herkomme (durch Umseßung des r gebildet, wie z. B. burn von bren, brennen) - und so ursprünglich mit unserem Flaum verwandt sei; daß aus einem Flaum aber nach und nach ein (rauber, stachliger) Bart werde (daher auch bur, Klette, Klets tenkopf); sich an das Ganze aber immer der Begriff des Runden oder Rundlichen anschließe, so würden wir auch schon mit seinen drei Bedeutungen des Wortes zufriedener sein können und die

**) Siehe meine Principles of English Pronunciation, 100. Archiv IV.

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sich daran schließenden technischen Ausdrücke, die mit den obigen noch gar nicht alle erschöpft sein mögen, leicht begreifen. Er würde uns dann einen inneren Zusammenhang eröffnet haben zwischen der (anfangs weichen) knotigen Wurzel am Hirschgeweih (meule) und der anfangs weichen (tief in der Kehle entstehenden) Aussprache des Buchstaben r, und uns so die Consequenz der Sprache in Nachbildung des Prozesses der Natur in dem Worte zu veranschaulichen gesucht haben. Erst wenn die englische Sprache und die neuern Sprachen überhaupt in diesem Sinne bearbeitet sein werden, wird man sehen, was man an ihnen hat, auch selbst in Bezug auf das Verständniß der alten Sprachen, und es dürften dann Manchen die Schuppen von den Augen fallen.

Jena.

Voigtmann.

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Englisch-Deutsches und Deutsch - Englisches Wörterbuch, mit einer tabellarischen Uebersicht der von den neuern Englischen Orthocpisten verschieden ausgesprochenen Wörter, von Christoph Friedrich Grieb. 2 Bände. Stuttgart bei Hoffmann 1842 und 1847.

Die Beurtheilung vorstehenden Werkes mußte wegen langer Verzögerung des Erscheinens seines zweiten Theiles bis jezt ausgesezt werden, durfte aber auch nun bei der Wichtigkeit einer jeden literarischen Gabe solcher Tendenz und solchen Umfangs nicht länger auf sich warten lassen. Bei keiner Sprache der modernen Welt sehnt sich wohl das solcher Hülfsmittel zum Studium derselben bedürftige Publikum lebhafter nach Allem, was in diesem Fache Neues gebracht wird, als bei der Englischen, da ohne allen Zweifel sämmtliche Englische Wörterbücher, die wir haben, an allseitiger Vollkommenheit hinter denen, aus welchen wir die Kenntniß mehrerer anderer, besonders kultisirter und wissenschaftlich ausgebeuteter Europäischen Idiome schöpfen, zurückstehen. Es ist das bekanntlich nicht die Schuld mangelhafter Sachkenntniß oder minder gründlichen Arbeitsfleißes derjenigen Gelehrten, die sich unter den Engländern selbst oder andern Nationen mit der brittischen Lexikographie beschäftigt haben; denn wer wollte sich an dem Manen des vortrefflichen Johnson, durch einen solchen Vorwurf verfündigen, oder die Verdienste des seinem würdig und zweckmäßig angelegten, aber nun zur Hälfte ausgeführten Unternehmen leider durch einen

frühen Tod entrissenen Hilpert, und der eines Flügel, und andrer Aehnlicher, denen sich der Verfasser dieses neuesten Erzeugnisses rühmlich anschließt, verkennen. Der Grund des Uebelstandes, der den eifrigen Liebhaber der Englischen Literatur überhaupt, selbst in Beziehung auf die älteren Produktionen dramatischer, besonders komischer Dichter, und humoristischer Romanschreiber, vollends aber, bei der Lektüre der neuesten Erzeugnisse solcher Art, der periodischen Blätter und Zeitungen so oft zur Verzweiflung bringt, liegt darin, daß die Englische Lexikographie immer nur Sache von Privatunternehmungen und der, wenn auch noch so redlichen und genialen KraftAnstrengung Einzelner geblieben ist, während sich in Frankreich und Italien großartige, vicle tüchtige Talente und zahlreichen Sammlerfleiß vereinigende Akademien die Schöpfung, Gestaltung, und beständig fortgesezte Verbesserung solcher Fundgruben und Ehrendenkmale der edelsten Nationalwissenschaft zu ihrer Aufgabe machten. Bei so großer Dürftigkeit der Quellen, die jeder neue Verfasser eines Englischen Wörterbuches zu seiner Benußung auszumitteln und zu gebrauchen vermag, muß daher ein bei weitem billigerer Maßstab der Beurtheilung angelegt werden, als irgend anderswo; und Johnson hat daher vollkommen Recht, wenn er ein Lerifon überhaupt, gewiß vornehmlich an sein eignes denkend, mit einer Uhr vergleicht, die, wenn sie auch unordentlich ginge, immer beffer, als gar keine, und wenn auch noch so gut, doch beständiger, weniger oder öfter wiederholter Reparatur bedürftig sei. Das von einer Uhr entlehnte Gleichniß ist überhaupt treffend genug, und ließe sich, wenn man wollte, bis in die kleinsten Einzelheiten in einer das rechte Licht auf diesen Literaturzweig werfenden Weise durchführen. Was es an der Zeit ist, soll die Uhr richtig angeben; der getreue Abdruck und Wiederhall der gesunden, allmählig gewordenen, mannichfaltig umgewandelten, und unsre jedesmaligen Augenblicke so oder so gestaltenden Zeiterscheinung des geistigen, moralischen und sinnlichen, socialen und gewerbschaftlichen, politischen und individuellen Charakters einer Nation ist ihr Sprachschaz, und das Shakspearische, to shew the very age and body of the time, its form and pressure läßt sich auch gewissermaßen als Zweck eines Wörterbuchs betrachten. Je feiner das Getriebe einer Uhr gearbeitet ist, je besser ihr Feder- und Räderwerk zu einem wohl zusammenhängenden Orga nismus in einander greift, zugleich aber auch, je weniger sie durch allzukünstliches Erreichen wollen mannichfaltiger, zum Theil auf bloßem Glanz beruhender, und im Grunde außerwesentlicher Zwecke, kom

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