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größten ihm widerfahrenen wirklichen Unbilden mit stillem Vorwurf straft, bis zu jenen tiefsinnigen Worten über das Wesen der Kunst!

Wie edel und wie stark muß diese Seele gewesen sein, die unter all dieser äußern und scheinbaren Gemeinheit ein so hohes Ziel unverrückt vor Augen behielt, und in der Erreichung desselben, über die Räthsel und Widersprüche des Lebens, die, wie grade dieses Werk zeigt, niemand leicht so tief gefühlt hat, sich tröstete.

Elberfeld.

Hoffmann.

Nachschrift des Verfaffers.

Der vorstehende Aufsaß war ursprünglich gar nicht für den Druck, sondern nur zur Mittheilung in einem Kreise von Freunden bestimmt, und wurde, wenn ich seinen Inhalt auch lange mit mir herumgetragen, in Eile unter mancherlei Abhaltungen niedergeschrieben. Ihn später durchzusehen und zu verbessern fehlte es mir an Muße und die Wahrheit zu sagen – auch an Lust. Ich beabsichtigte immer, ihn gänzlich umzuarbeiten, vielleicht wäre er dadurch nur schlechter geworden. Dies zur Entschuldigung für manche Irrthümer und Versehen, die er enthalten mag. Die Ueberseßungen aus dem Tert des Shakspeare war ich genöhtigt selber zu unternehmen, weil ich Tieck und Schlegel grade nicht zur Hand hatte; mein einziges Bestreben dabei ging dahin, den Eindruck des Originals in den angeführten Stellen deutsch bei meinen Zuhörern hervorzubringen, worüber ich das Versmaas und selbst die Grammatik mitunter links liegen ließ. Im Vorlesen überhört sich so etwas. Am allerwenigsten habe ich mich damit als Ueberseßer zeigen wollen, ein Geschäft, zu welchem, wie mich Versuche überzeugt haben, es mir an Anlage fehlt, vielleicht weil ich es zu genau damit nehme.

Beurtheilungen und Anzeigen.

Dictionnaire général Anglais - Français par Spiers, Parls 1846.

Dieses Wörterbuch ist gleich bei seinem Erscheinen von Balbi in der Akademie so maßlos gelobt worden, daß wir unserer seits darin fast eine Aufforderung erblicken müssen; das Werk eincr unparteiischen Kritik zu unterwerfen, um es, für Deutschland wenig. stens, auf seinen wahren Werth zurückzustellen. Unsere Beurtheilung wird aber eine doppelte sein und 1) die phonetische, 2) die eigentlich lexikalische Seite des Buches ins Auge fassen. Was denn 1) die Aussprache betrifft, so hat Hr. Spiers seiner Arbeit das Walkersche System zu Grunde gelegt, parceque"

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sagt er ,,il est le plus scientifique, le plus généralement adopté en Angleterre et le seul qui y fasse autorité." Siehe Préface p. XII. Hr. Spiers hat sich also von dieser Seite die Sache ziemlich leicht gemacht, indem er das, was von England, Amerika und Deutschland aus gegen das Walkersche System eingewendet worden ist, geradezu übergangen und so den Franzosen das Walkersche Aussprachsystem von 1790, mit wenigen Modifikationen, von Neuem als das mustergültige vorgelegt hat. Daß aber Walker's System der englischen Aussprache das wissenschaftlichste sei, das wird von vornherein jeder verneinen, der über die Theorie der englischen Orthoepie wirklich nachgedacht oder sich in irgend einem Buche außer Walker und seinen Nachsprechern darüber zu unterrichten gesucht hat, z. B. nur in Sheridan. Daß aber ferner das Walkersche Aussprachsystem das in England am allgemeinsten angenommene und das einzige sei, das dort Autorität mache, dieß wird wiederum jeder verneinen, der weiß, daß das im Jahr 1835 veröffentlichte englische Aussprache Wörterbuch von James Knowles,

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der ein entschiedener Gegner Walkers ist, bereits 1840 in der neunten Auflage erschienen war, voraus ja wohl klar genug hervorgeht, daß Walker bei Weitem nicht Alle befriedigt, ja daß vielleicht das gesammte englische Volk auf dem Wege ist, sich in der Aussprache des Englischen von der Autorität dieses Orthoepisten zu emancipiren. Es frägt sich darum sehr, ob Hr. Spiers wohl gethan hat, in einer Zeit, die sich die Aufgabe gestellt zu haben scheint, jede Art Autorität, die sich mit der Vernunft und Wissenschaft, also mit dem Leben, nicht verträgt, als eine falsche abzus werfen, bei seiner Arbeit von aller Kritik Walkers abzusehen und die Abgeschmacktheiten und längst erwiesenen Verirrungen dieses Orthoepisten durch den Preßbengel nochmals zu verbreiten. In welchem englischen Wörterbuche, außer dem Walkerschen, fänden sich aber heutzutage noch z. B. ecclezhiastic, enthuzhiasm, christzhianity, corjeality, corgeal, *) edjucate etc., statt ecclesiastic, enthusiasm, christianity, cordiality, cordial, educate etc.? — In keinem. Wohl aber lesen wir bei James Knowles unter dem Worte Negotiator das Folgende:

as

In my corrections, J was not so much with general custom, with absolute vulgarity, absurdity, and the pedantry of distorting words, such as educate, from the simplicity of the spelling, by substituting a difficult compound sound, formed of a consonant and a single vowel, in the place of a diphthong of the most striking euphony, which with perfect ease to the organs of articulation, follows the sound of d, making the pronunciation of the whole word pleasing to the ear, without any alteration of the letter u: thus, ed'-u- cate; ed-u-ca'-shun; ed' u-ca-ting; instead of Mr. Walker's ed-joo-ka'-shun, ed'-joo- cate, ed'-joo-ka-ting.

Hieraus hätte sich aber Hr. Spiers auch noch eine andere Lehre ziehen können. Es muß nämlich in diesen Worten James Knowles nothwendig auffallen, daß er die Walkersche Aussprache dieser und ähnlicher Wörter besonders darum tadelt, weil dadurch der euphonische Diphthonglaut des u verloren gehe. Nun bezeichnet ja aber Walker das u in educate, education, troß dem Zischlaut des d, genau wie das lange diphthongische u in use, pure, tune, so daß also nach seiner Bezeichnung der Diphthonglaut des u keineswegs verloren geht; aber wir sehen zugleich, daß der Engländer diesen Diphthonglaut des u nach dem vorausgehenden

*) Bei Spiers sogar corjal, eine höchst gemeine, wenn je gehörte, Zusammenziehung. Dagegen wieder corjeality!!

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Zischlaut des d so unnatürlich findet, daß er sich unwillkührlich und gleichsam instinctartig an die von seiner Aussprache so verschiedene Bezeichnungsweise des Orthoepisten gar nicht fümmert, sondern das Wort ausspricht, wie es ihm mundgerecht ist, also nicht, wie Walker vorzeichnet, edjucate (u wie in use), sondern edjoocate (u wie od in good). Durfte aber unser Verf. bei seinem Leser ein Gleiches vorausschen? Wird sich der Ausländer, der Franzose, bei seiner Aussprache nicht vielmehr streng an die vorgeschriebene Bezeichnung halten und also — in dem vorliegenden Falle in doppelter Hinsicht anders aussprechen lernen als der Engländer selbst spricht? -in dessen Munde das fragliche Wort entweder educate, oder, nach Walker, edjoocate lauten wird, welche leztere Aussprache aber James Knowles, wie wir gesehen, mit den Epithetis, absolute, vulgarity, absurdity und bgl. beehrt. Doch ist die lettere Aussprache wenigstens noch mit der gesunden Vernunft vereinbar und kann sogar einzelne Analogien in der Sprache finden, z. B. in soldier, welches Wort ganz allgemein sold'-jer gesprochen wird. Soll dagegen die Walkersche und Spiers'sche Bezeichnungsweise streng nach dem Buchstaben genommen werden, so wird damit der Vernunft selbst Hohn gesprochen, denn wie kömmt das englische d ohne Weiteres zu dem Laut j oder dj? und wenn dieß möglich ist und im Wesen der Sprache begründet, warum muß dann z. B. edifice nicht ed'jifice lauten ? Diese Fragen hätte sich Hr. Spiers vorlegen sollen, und dann hätte er gewiß die Walkerschen Absurditäten edjucate, enthuzhiasm, shure (u. wie in use) und tausend andere nicht wieder abdrucken lassen. Aber auch in Deutschland ist man leider über dergleichen noch gar nicht hinaus. So findet man z. B. in dem ohnlängst erschienenen, mit Stereotypen gedruckten, kritischen Wörterbuche eines Hrn. Thieme den ganzen Walkerschen nonsens wieder, und da das Buch durch die Stereotypen in der That äußerst wohlfeil geworden, so ist nicht zu bezweifeln, daß dieser Stereotype Unsinn sich auch bei uns noch eine gute Weile erhalten wird. So viel unsererseits über Hrn. Spiers Arbeit, in so fern sie sich in der Bezeichnung der Aussprache streng an das Walkersche System anschließt; zunächst nur noch ein Paar Worte über die Abweichungen, die sie sich von demselben erlaubt. Wer von dem Lautwesen, resp. den Lautgesehen der englischen Sprache keine richtigern Begriffe hat, als Hr. Spiers, was er einerseits durch sein sclavisches Anschließen an Walker befundet, der sollte doch ja

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auf seiner Hut sein, andererseits auch nicht einen Finger breit von seinem Vorbild abzuweichen, weil er gleich von vornherein die Vermuthung erweckt, daß er, wenn auf eigenen Füßen stehend, noch viel größere Thorheiten begehen werde. Denn so völlig unnüş, trügerisch und schlecht, bei Walker die äußerliche, sichtliche Lautbezeichnung in Wahrheit ist; besonders für Nicht-Engländer, so ist doch der Kern weit beffer, als die Schale, und namentlich über den in der englischen Sprache so wichtigen Einfluß des Accents findet sich bei Walker mancher tiefe Blick, der, wenn die englische Sprache in ihren Lautverhältnissen jemals richtig verstanden werden soll, nicht sorgsam genug festgehalten und verfolgt werden kann. In dieses zarte Gewebe sollte aber am allerwenigsten ein Franzose mit plumper Hand hineinzugreifen sich gemüßigt sehen, weil tausend gegen eins zu sehen ist, daß er dasselbe weit eher von Grund aus zerstöre, als auch nur Einen Faden richtig ziehen, auch nur Einen Knoten richtig schürzen wird; denn wie läßt sich erwarten, daß grade er, dem vom Hause aus der Sylbenaccent, wie er in den germanischen Sprachen hervortritt, völlig abgeht, sich in diesem Labyrinte, das für den Eingebornen selbst unentwirrbar geblieben ist, zurecht finden, geschweige denn den Ariadnenfaden bieten könne, der aus demselben herausleite? Hr. Spiers durfte also vorsichtiger Weise hier nichts thun wollen, als seinem Vormanne Schritt für Schritt folgen; statt dessen hat er grade hier sich von ihm losgesagt und so, in der Erkenntniß und dem Verständniß des Englischen, einen unendlich großen Rückschritt gethan, oder, um es mit einem bezeichnenden Bilde zu sagen, die Pferde hinter den Wagen gespannt. Denn wie soll man es anders nennen, wenn er die Kraft des Accents so annullirt und abtödtet, daß er bei der Schließung eines an sich offenen Vokals (f. meine Principles of Engl. Pronunciation Nr. 24.) den die Schließung bewirkenden Consonantén nie verdoppelt, d. i. der nächsten Sylbe, der er entnommen, zu rückgiebt (was Walker doch so sehr oft thut, daß es da, wo er es unterläßt, eben nur als Versehen oder Mangel an Consequenz gelten fann); andererseits aber auch nie behufs der nothwendigen Oeffnung eines an sich geschlossenen Vocals (s. Princ. of Pronunc. Nr. 25. und 26.) den die Oeffnung hindernden Consonanten vereinfacht oder entfernt, d. i. zur nächsten (accentuirten) Sylbe zieht, welches lettere doch Walker immer thut, wo es gilt, den so zu gewinnenden richtigen Laut recht klar hervortreten zu lassen, wie z. B. in es-cape, es-tablish, es-tate, wo Walker das s

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