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die großen Schmerzen zu solchem Grimme gebracht, daß es ohnerachtet aller Gefahr zu dem Ritter immer näher eindrunge, je näher es kam, je tiefer stieß ihm dieser das Schwerdt in den Hals, da er dann endlich durch oftmahliges hin und herziehen desselben, dem Drachen den ganzen Hals öffnete, der dann nicht langé mehr so Stand zu halten vermochte, sondern endlich kraftlos und todt darnieders sank, doch also, daß es oben auf den Ritter, der sich fast aus dem Athem gearbeitet, auch eine große Menge von dem giftigen Dampf, der aus der Wunde kam, an sich gezogen hatte, und dadurch fast ganz ohnempfindlich geworden war, mit seinem schweren Leibe zu liegen fam.

Alsobald erinnerten sich die auf dem Felsen zuschauenden Diener ihres Herrn Befehls, sprungen ungesäumt herunter und zogen denselben halb todt unter dem abscheulichen Drachen-Aas herfuhr. Weil sie auch noch einige Lebenszeichen an ihm spüreten, holeten sie geschwinde aus dem vorbeifließenden Bächlein die Hüte voll frischen Wassers, und begossen des Deodati ganzen Leib damit, der hernach durch gute Herzstärkung sich wieder erholete, bis er endlich, da er völlig wieder zu rechte gekommen, sich als ein sieghafter Held, sambt seinen Leuten, Pferde und Hunden nach der Stadt Rhodus verfügete, und dem Großmeister seine Abentheuer erzählte. Aber vernehmet nun auch die schöne Vergeltung, so diesem tapfern Ritter, vor eine so herrliche That, die dem ganzen Landen ersprießlich war, zugetheilet worden. O Schande! der Großmeister schalte den Deodatum öffentlich aus, weil er nicht allein sich so freventlicher Weise in Lebensgefahr geseßt, sondern auch des Großmeisters scharfes Gebot unbesonnener Weise übertreten hätte, zog ihm das Ordenshabit ab und ließ ihn, andern zum Erempel in ein bös Gefängniß werfen.

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Inzwischen ward es in der ganzen Insel Landkündig, daß Deodatus cinè folche löbliche und tapfere Resolution gefasset, mit dem Drachen gekämpfet, denselben als ein sieghafter Held erleget, und das ganze Land von einer überaus großen Plage befreiet hätte, wodurch jedermann diesem unüberwindlichem Helden ein ewiges Lob sprach, und wußten allerdings die kleine Kinder von Deodati löblicher That und ersprießlichem Siege zu singen und zu sagen. Siedurch ward endlich der Großmeister wieder besänftiget, daß er Deodatum auf freien Fuß und wieder in seinen Orden stellet, in welchem er sich dergestalt verhielte, daß ihm die ganze Ritterschaft vier Jahr hernach, als der Großmeister diese Welt segnete, wegen seines großen Verstandes und weltbekannten Tapferkeit einmuthiglich die Großmeisterschaft zu seinem ewigen Ruhme auftrugen.

2) 3 uchiller's Taucher.
Happel Bd. I. p. 9.

Der verwundernswürdige Taucher.

zu mehrer Erläuterung der gefährlichen Charybdis dienet der Augenschein und wirkliche Besichtigung eines wundersamen Täuchers. zu Zeiten Friderici, Königs in Sicilien, war in dieser Insel einer, genannt Niclas, welcher wegen seiner Fertigkeit im Schwimmen Pesce-Cola øder Clas der Fisch genennet wurde dieser hatte sich von Jugend her im Meere geübet, und seine Nahrung von den gesambleten Corallen und Oestern, welche er aus dem Grunde herauf holete, gesucht; er war aber des Wassers dermaßen gewohnt, daß er manchmal 5 Tage

darin bliebe, und sich von rohen Fischen erhielte, er schwumm gewöhnlich aus Sicilien nach Calabrien, und diente vor einen schwimmenden Briefträger. Einsmals ersahen ihn etliche Schiffleute im Meer, und hielten ihn vor ein SeeWunder, endlich aber kam er ihnen näher, und nachdeme er mit ihnen geffen und und getrunken, wünschete er ihnen eine glückliche Fahrt und warf sich wieder in die See, vorgebende, er müsse einige Briefe an einen gewissen Ort bringen, die er in einer ledernen, wohl verwahrten Tasche hatte. Von dem vielfältigen Schwimmen sind ihm endlich zwischen den Fingern Häutlein, wie den Gänsen gewachsen, und seine Lunge hat sich dergestalt ausgedehnet, daß er so viel Luft schöpfen kunte, als er einen ganzen Tag zum Athem nöthig hatte, dahero man ihn auch billiger unter die Amphibien, oder solche Thiere, die im Wasser und auf dem Lande zugleich leben können, als unter die Menschen rechnen wollte.

Wie demnach einsmals obgemeldter König in Meßina war, und man ihm von diesem Pesce-Cola so viel redens machte, verlangte er ihn zu sehen, und weil zugleich auch von der berühmten Charybdis, gedachten nah bei Meßina gelegenen Wasser-Strudel, man viel Wunders auf die Bahn brachte, so trug der König Verlangen, offibesagten Pesce - Cola in diesen Strudel zu senden, damit aus dessen Munde und Erfahrung die rechte inwendige Beschaffenheit desselben erlernen möchte. Weil sich aber der Täucher dessen nicht ohne Ursache beschwerte, und die große Gefahr, so ihm allein bekannt, deßfals vorschußete, so ließ der König eine güldene Schaale in ersagten Strudel werfen, und verehrete sie dem PesceCola, wenn er sie wieder herauf holen würde. Das Gold blendete diesen armen Schwimmer, daß er die große Gefahr nicht sehen kunte, sturzte sich demnach in den ungeheuern Strudel und kam endlich nach drei viertel Stunden sampt der güldenen Schale frohlockend wieder herfür, da er dann, nachdem man ihm ein wenig schlafen lassen, auch mit Essen und Trinken gebührlich gelabet, dem Könige folgenden Bericht von der beruffenen Charybdi ertheilete.

Ich habe, gnädigster Herr und König, Deinen Befehl verrichtet, welches ich, wann ich dieses gewußt hätte, was ich nun weiß, nicht würde gethan haben, wann Du mir Dein halb Königreich versprochen hättest. Ich habe einen großen Frevel begangen, weil ich es vor einen Frevel achtete, dem Könige nicht zu ges horsamen. Dann Du sollt wissen, daß vier Dinge sind, welche nicht allein allen Täuchern, sondern auch den Fischen selber, diesen Strudel allzuerschröcklich machen. Erstlich die Gewalt des unten auf hervorstürzenden Strohms, welchem auch der stärkste Mensch nicht widerstehen kann, ich selber habe andere Mittel und Wege suchen müssen, hinunterzugelangen. Zum andern, die vielfältigen herfürstehende Felsen, die man ohne Lebensgefahr nicht vorbeikommen kann, daß sie einem nicht hie und da ein Stück Haut und Fleisch abreißen sollte. Zum dritten, der gewaltige Zufluß des unterirdischen Wassers, dessen widerwärtiger Strohm so erschröckliche Wirbel und Strudel verursachet, daß ein Mensch aus blosser Furcht sterben sollte. Und dann viertens der große Haufe gewaltiger Fische, welche hie wieder an den Felsen kleben, wann mich diese mit ihren langen abhängenden Baaren ergriffen hätten, so wäre es ohne allen Zweifel um mich geschehen gewesen: Zwischen den Felsen halten sich auch andere große Fische auf, die man See-Hunde nennt, diese haben eine dreifache Reihe Zähne, so scharf, als ein Säbel immermehr sein kann, im übrigen sind sie etwan so groß, als die uns allen wohlbekannte Meerschweine.

Als ihn nun der König fragte, wo er dann die Schale wider bekommen, gab er zur Antwort, daß selbige keines geraden Weges nach dem Abgrunde gefunken, sondern gleich von den widerwärtigen Ströhmen an eine Seite in einen hohen Felsen gefallen wäre. Dana sollte sie in den Grund versunken sein, so wäre es ihm unmöglich gewesen, dieselbe wieder zu bekommen, sintemal das aufund absteigende Wasser, welches durch den Strudel bald unter sich gezogen, bald wieder herausgestoßen worden, so gewaltig gewesen, daß ihm kein Mensch widerstehen könte. Ueber das sei das Meer hieselbst auch so tieff, daß man keinen Stich vor seinen Augen in dieser tiefen Wasserhöhle sehen könte.

Der König forschete weiter von der inwendigen Beschaffenheit des Strudels, worauff er berichtete, daß er mit vielen Felsen gleichsam gang durchflochten, aus deren Wurzel der Ab- und Zufluß, oder Aus- und Eingang des unterirdischen Gewässers zu unterschiedlichen Zeiten oben auf dem flachem Meer solche Verwirrungen zu wege brächten, davon die Schiffer mit ihrer großen Gefahr viel zu sagen wissen.

Man fragte ihn, ob er wohl noch einmal Lusten hätte, sich hinein zu wagen, darauff antwortete er ungescheuhet mit Nein; als man aber einen großen Beutel mit Dukaten, sampt einer daranhangenden kostbaren Schale, in den Strudel warf, da ließ er sich den Geiß und die Begierde zum Golde noch einmal, wie wol zu seinem äußersten Verderben, blenden, dann er sprang zwar hinein, kam aber nimmer wieder zum Vorschein, ohne Zweifel ist er entweder von den gewaltigen Ströhmen in den Abgrund gezogen, oder von den grossen Fischen erhaschet, oder gar an den Felsen zu Tode gestossen worden: dem sei, wie ihm wolle; der König hat es bereuet, daß er ihn den andern Versuch hat thun lassen, welcher diese Geschichte durch seinen Sekretarium aufzeichnen, und in dem Königl. Archive niederlegen und verwahren lassen, von wannen sie dem hochgerühmten Kirchero mitgetheilt worden, der sie in seiner unterirdischen Welt pag. 98, anführet.

Goethe in Waldeck.

Die anziehende Zusammenstellung, welche Herr Viehoff in diesem Archiv II, 282 ff. gegeben hat, bedarf in einem Punkte einer Berichtigung, durch welche sich eine einfache Lösung der scheinbaren Schwierigkeiten ergibt. Der im Morgenblatte mitgetheilte Brief, an den Herzog gerichtet und durch einen Boten sofort nach Weimar besorgt, theils Sonnabends um halb neun Abends, theils Sonntags früh vor Tagesanbruch geschrieben, soll der Unterschrift nach vom 14. Dezember sein. Das von Dorow mitgetheilte Tagebuch fragment, ebenfalls an den Herzog gerichtet, aber wohl erst später diesem übergeben, zeigt am Anfange das Datum, „Sonntags früh eilfe," dann „Abends vier," endlich „den ersten Feiertag früh acht“ und „Abends sechs." Sehr richtig bemerkt Viehoff, daß der Brief und das Tagebuchfragment sich unzweifelhaft auf dieselbe Zeit, Weihnachten 1775, beziehen; seine weitere Bestimmung aber, wonach der Sonntag der 23., der Sonnabend der 22. gewesen sei und deshalb im Briefe an den Herzog statt des 14. Dezember der 22. zu schreiben sei, läßt sich schon aus dem Tagebuche widerlegen. Die Verwechslung des 14. und 22. Dezember spottet aller Wahr

scheinlichkeit. Im Tagebuche würde sich, wäre der Sonntag der 23. Dezember, da der erste Feiertag immer auf den 25. fällt, eine ganz unbegreifliche Lücke von einem Tage finden. Schon hieraus ergiebt sich deutlich, daß der erste Feiertag unmittelbar nach dem Sonntage, also auf den Montag gefallen, der Sonntag demnach nicht der 23., sondern der 24. Dezember gewesen.

Viehoff aber geht von einem Datum eines Briefes Goethe's an Lavater aus, „Freitag den 21. Dezember" (1775), dessen Richtigkeit er nicht bezweifelt, da, wie er behauptet, der 21. Dez. im Jahre 1775 wirklich auf den Freitag gefallen sei. Diese Behauptung ist irrig. Ein Blick auf den Kalender 1775 (wie z. B. im „Almanach der deutschen Musen") oder eine einfache Rechnung, ergibt, daß in diesem Jahre der Freitag auf den 22. Dezember gefallen, wonach also das Datum des Briefes an Lavater zu verbessern ist. Vielleicht bat der Herausgeber des Briefes, der sich sonst manches Versehen hat zu Schulden kommen lassen, 2. für 1. angesehen. Derselbe Irrthum liegt beim Briefe im Morgenblatte zu Grunde, den Goethe ohne Zweifel nicht vom 14., sondern vom 24. Dezember in der Unterschrift datirt hat. Wir bemerken nebenbei, daß für das Tagebuch sich das Jahr 1775 schon aus dem Umstande ergibt, daß Weihnachten, wie oben gezeigt wurde, damals auf den Montag fiel.

Goethe ging demnach den Sonnabend über Jena, das er damals zum erstenmal gesehen zu haben scheint, mit Einsiedel, Kalb und Bertuch nach Waldeck, um dort die Weihnachtstage nebst dem vorhergehenden Sonntage zuzubringen. Am Sonnabend Morgen trennte er sich vom Herzoge, der vermuthlich an demselben Tage nach Gotha ging, wohin ihm Goethe's erster Brief nachgeschickt wurde. Am 26., spätestens 27. Dezember kehrte Goethe nach Weimar zurück, wo ihn des Herzogs Antwort von Gotha aus traf, der ihm meldete, er komme erst den 29. wieder. Goethe hatte ihn wohl schon den 27. zurückerwartet. „Mache doch, daß Du hierher kommst. Die Leute sind gar zu neugierig auf Dich." Goethe folgte der Einladung, (Riemer II, 20.), am 27. oder 28. Dez. Am 31. finden wir ihn in Erfurt, von wo er an Lavater schreibt. So lösen sich alle Schwierigkeiten auf die einfachste Weise.

H. Dünker.

Universitäts-Seminarien für neuere Sprachen und Literaturen.

In Blättern, welche der „modernen Philologie" gewidmet sind, ziemt es sich, alle vereinzelte Erscheinungen, welche zu deren Förderung sich zeigen, zusammen zu stellen und die eine der andern zur Beleuchtung und Ermunterung, vielleicht auch blos zum Troste dienen zu lassen. Die Verzeichnisse der Vorlesungen, welche auf den deutschen Universitäten gehalten werden, führen die modernen Sprachen und Literaturen mehrfach auf, orientalische und occidentalische, unter Professoren und sogenannten Lectoren, aber immer nur einzeln für Grammatik, Schriftsteller, Literargeschichte. Daß für die eine oder die andere moderne Sprache und Literatur" ein besonderes Institut, ein sogenanntes Seminar, wie die alten philologischen Seminare, bestände, findet man nicht. Um so mehr war Ref. überrascht, als er in dem Verzeichnisse der Vorlesungen

auf der Königl. Preuß. Universität Breslau für den Winter 1845/. 15. ein „philologisches Seminarium für die Slavische Literatur“ erwähnt fand, ohne nähere Notiz jedoch, ob es eine Staatsanstalt sei, oder nur etwa ein Privatversuch des btff. Professors. Um keinen Zweifel den Lesern übrig zu lassen, stehe das dort Befindliche wörtlich hier: Franc. Ladisl. Celakowsky, P. P. O. des. Publice I. Exercitationibus Seminarii philologici Slavici praeerit. II. Antiquitates Slavicas tanquam introductionem in historiam literaturae Slavicae exponet etc. Für die polnischen und slavischen (wendischen) Gymnasial-Lehrer im Großherzogthume Posen und in den angrenzenden Gegenden wird dies Institut gewiß von Nußen sein. Es hat auch eine reine literarische Tendenz, ganz anders als die wendischen Prediger- Collegien zu Leipzig (und ehedem auch zu Wittenberg), deren Dirigent das Sprachliche gar nicht verstand, sondern den btff. Studirenden anheimgab und nur das Homiletische in deutscher Sprache berücksichtigte. Die Pfarrer der sogen. wendischen Pflege in den beiden Lausigen müssen nämlich noch jezt jeden Sonntag abwechselnd, Vormittags und Nachmittags einmal deutsch und einmal wendisch predigen, selbst unter den Evangelischen. Für diesen Zweck bestehet das wendische Prediger-Collegium.

Wenn man die große Zahl der Gymnasien und Realschulen von Deutschland überblickt, auf welchen die französische und englische Sprache und Literatur gelehrt wird, und wenn man ferner unterstellen darf, daß die Vorbildung dieser Lehrer doch füglich nirgends besser geschehen kann, als auf den Universitäten; so wird sich die Nothwendigkeit bald von selbst ergeben, daß dafür endlich mehr geschehen muß, als bisher. Selbst die Vorträge über deutsche Sprache und Literatur sehen noch einer festen Bestimmung entgegen.

Aber es ist nicht genug, daß der Gegenstand an sich gelehrt wird; es muß auch der künftige methodische Gebrauch nachgewiesen werden. So zeigt sich unwidersprechlich die Nothwendigkeit sprachlicher und pädagogischer Universitäts-Seminarien für die gesammten Lehrer der genannten höheren Schulen, und nicht blos für sprachliche, sondern für alle Lehrgegenstände ohne Unterschied. Ein Seminarium für Naturwissenschaften, haben wir schon zu Bonn. Sogar ein Seminarium für Realschul - Lehrer besteht zu Tübingen. An Wünschen für ähnliche Einrichtungen, wie sie im Vorstehenden bezeichnet worden, hat es in der neueren Zeit nicht gefehlt. Aber vielleicht ist es nicht so bekannt, daß schon vor 40 Jahren Aehnliches in ziemlicher Ausdehnung vorgeschlagen wurde, wenn auch nach damals beschränkten Umständen und Ansichten. Der in Leipzig vor einigen Jahren verstorbene und bekannte Historiker Pöliß hat in seiner Erziehungswissenschaft, aus dem Zwecke der Menschheit und des Staates praktisch dargestellt, (Leipzig 1806) ehedem schon, als er noch Professor der Universität Wittenberg war, Bd. 2. S. 287.-299. ausführlich die Idee eines, bis auf gewisse Gegenstände theils vereinigten, theils getrennten „Seminariums für Lehrer in Realschulen“ und eines „Seminariums für Lehrer in Gymnasien" entwickelt und die innere und äußere Einrichtung dargestellt. Dabei verlangt er nicht blos besondere Lehrer der deutschen, der französischen, der englischen, der italienischen, der nordischen und sogar der slavischen Sprachen, als in dem Begriffe einer Universitas literarum bedingt, sondern auch für die pädagogischen Disciplinen. Uebrigens ging er von dem Sage aus,

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