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Charakteristik der Zeiten, welche ganz ungenügend ist, sondern auch der Personen häufig so unbestimmt, wie etwa in dem bekannten Buche von den Walhallagenossen.

Bis soweit ist also dies Buch am ähnlichsten dem Handbuche der deutschen Literatur von Pischon, obgleich dies unter den Werken über deutsche Literatur nicht mitgezählt ist. Der Verf. hat dann weiter literarische Werke aufgeführt, um demjenigen, der sich weiter belehren will, einen Fingerzeig zu geben; das Buch ist aber auch für den Schüler bestimmt. Dieser Standpunkt ist auch hiebei nicht festgehalten, oft sehr spezielle Werke aufgeführt, näher liegende übergangen.

Als eine Eigenthümlichkeit wollen wir die große Abneigung des Verf. gegen Fremdwörter aufführen, wie schon der Titel andeutet; mag nun auch z. B. Lessing als „,,Buchwart in Wolfenbüttel“ auftreten, so darf jene Abneigung doch nicht so weit gehen, daß z. B. O. Müller's Geschichte der griechischen Literatur als Geschichte des griechischen Schriftenthums aufgeführt werde.

Theils um nun obiges Urtheil zu erhärten, theils um für eine neue Bearbeitung einige Beiträge zu geben, will Ref., nachdem er den Inhalt des Werkes angegeben hat, einen Theil des Buches genauer durchgehen.

Nach einer Einleitung über Kunst, Schriftenthum, Gattungen der Schriftwerke, dichterische Form, geht mit §. 13. der Verf. auf die Griechen über. Ihnen sind nur 20 Seiten des umfangreichen Buches gewidmet. Die römische Literatur findet auf den folgenden 24 Seiten ihre Erledigung. Nach einer Uebersicht über die Geschichte der Philologie wendet sich der Verf. zu den romanischen Literaturen, zuerst zu den Italienern, S. 54-72, dann zu den Franzosen, S. 72-138, zu den Spaniern, S. 139-177, zu den Portugiesen, S. 177-188. Mit §. 374 . 192. wendet sich der Verf. zu den germanischen Literaturen, und zwar zu nächst zum hochdeutschen Schriftenthum, worauf §. 546 S. 296. das niederdeutsche folgt, nämlich 1. Gothisch, 2. Plattdeutsch, 3. Niederländisch, 4. Engländisch, §. 617-714, S. 325-372. Hierauf folgen §. 715 S. 373 die skandinavischen Schriftenthümer, und ein Anhang §. 782 fgg. S. 408 fgg. behandelt die germanische Sprachforschung.

Das hochdeutsche Schriftenthum zerfällt in drei Zeiträume: 1, Althochdeutsche Zeit bis zu den Hohenstaufen. 2, Mittelhoch

deutsche Zeit bis 1500. 3, Neuhochdeutsche. Nur im leßtern Zeitraum sind zwei Epochen angenommen: von 1500 bis 1740, und von da bis jezt.

Zuerst wird die Literatur aufgeführt. Das ungenügende Buch von Bredelon gehörte nicht hicher, dagegen war das Buch · von H. G. F. Scholl und T. F. Scholl, besonders in der 2ten Ausgabe, auch Pischon zu nennen.

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§. 376 ist von dem Einflusse der verschiedenen Literaturen auf die deutsche die Rede: Diese Einflüsse wirkten häufig störend, haben aber, da die Deutschen die geistige Errungenschaft aller Völker und Zeiten sich eigen zu machen streben, eine große Vielseitig keit und Mannichfaltigkeit und unermeßlichen Reichthum des deuts schen Schriftenthums herbeigeführt und die volksthümliche Entwick lung des deutschen Schriftenthumes zwar gehemmt, aber nicht unterdrückt." Welches Urtheil soll hiernach über den wohlthätigen oder schädlichen Einfluß der ausländischen Literaturen sich der Schüler bilden?

Ebenso undeutlich heißt es §. 377:,,Das deutsche Schriftenthum insbesondere zeichnet sich durch die Eigenschaften aus, welche oben den germanischen Schriftenthümern im Allgemeinen zugeschrieben worden sind. Zu jener tiefen Innigkeit kommt aber auch große Klarheit des Verstandes, weshalb die Weltweisheit und die Wissenschaften in keinem andern Lande eine so hohe Blüthe erreicht haben und keine Hauptgattung der Dichtung und Prosa vernachläßigt worden ist.“ Offenbar lautet das à la Gottsched, der seine Schüler ermunterte, sich in allen Dichtungsgattungen zu versuchen, das mit man doch überall, sowohl beim heroischen Epos wie bei der Idylle u. s. w. mit einem deutschen Namen aufwarten könne, und diese verständige Betrachtung für das erste Erforderniß eines guten Dichters hielt.

Mit §. 379 geht der Verf. auf die altdeutsche Literatur über. Er schreibt noch allemannisch st. alemannisch. Die Hauptwerke werden nach den drei Gattungen der Dichtung betrachtet; das Wichtigste, auch Unwichtiges ist hier genannt.

Mit §. 388 beginnt die mittelhochdeutsche Zeit. A: 1) Erzählende Dichtung. Scheidung nach den Sagenkreisen. Zu §. 394: Hartmann's armer Heinrich (hier fehlt die Ausgabe von Haupt 1842); Jwein (hier fehlt: Ueberseßung von Graf v. Baudissin); Gottfried's Tristan (hier fehlt: Ausgabe von Maßmann 1843 und die Bearbeitung von Immermann und Kurz, von denen auch die

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leztere von wahrhaft dichterischer Begabung zeugt). Sonst sind aber auch hier und im Folgenden die Zeiten nicht geschieden, die Zeit der Blüthe und des Verfalls ist gemischt. Wernher von Tegernsee und des Passionate werden in einem und demselben Paragraphen erwähnt. - §. 400 darf die Klage nicht eine spätere Fortsetzung der Nibelungen Not genannt werden, so wie hinsicht lich der Gudrun besonders die Ausgabe von Müllenhoff zu vergleichen ist. §. 406, welcher die Sittengedichte nennt, führt neben einander den Winsbecker und Sebastian Brant an. dichtung (lyrische Poesie). 3) Schauspieldichtung. zählende Prosa (fängt gleich mit dem 14. Jahrhundert an.) 2) Betrachtende und wissenschaftliche Prosa. 3) Beredsamkeit. Statt der einzelnen Ausgaben waren die deutschen Mystiker von Pfeiffer zu nennen.

2) Gefühls

B: 1) Er

Mit §. 423 geht der Verf. über auf die ncuhochdeutsche Zeit. Es heißt hier u. a., nachdem von dem Wiederaufblühen der Wissenschaften die Rede gewesen: „die klassische Richtung zeigte sich zunächst in Uebersehungen aus dem Lateinischen ins Griechische, welche die deutsche Sprache bereicherten und Nachbildungen verans laßten, und machte die Kirchenverbesserung möglich, durch welche das deutsche Kirchenlied eigentlich erst eingeführt und die neuhochdeutsche Gesammtsprache gebildet wurde." Es fällt dem Schüler mindestens schwer, durch diesen Gedankengang sich hindurchzuarbeiten.

Es wird auch hier weiter §. 426 zuerst die erzählende Dichtung betrachtet, und zwar mit den Ueberseßungen begonnen, daher von Bodmer die Rede ist, ehe wir irgend ein Wort von der gans zen schlesischen Poesie gelesen haben. Aehnlich folgt im §. 427, das Spottgedicht behandelnd, unmittelbar auf Hutten Georg Rollenhagen. §. 428, das Lehrgedicht behandelnd, nennt Bartholomaeus, Ringwaldt und Opiz neben einander, d. h. führt dessen beschreibende Gedichte an, ohne daß wir sonst von ihm gehört haben; welche Bedeutung er gehabt habe, das lesen wir erst weiter unter S. 440. Und als Beweis, daß der Verfasser zu speziell oft die Literatur anführe, erwähne ich hier, daß er u. a. die Schrift von Hoffmann über B. Ringwaldt, so wie über Paul Gerhardt zwei Schriften, von Roth und Wildenhahn, nennt.

Die lyrische Poesie (Gefühlsdichtung hier genannt) soll uns endlich mit den Hauptwerken der schlesischen Schule bekannt machen. An dieser Stelle hätte die Bibliothek von Müller und Förster ge=

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nannt werden können, die über den speziellen Werken vergessen ist. §. 442 macht uns mit den Pegnißschäfern bekannt; eine Charakteristik fehlt hier gänzlich. Wir wenden uns zu der zweiten schlefischen Schule, §. 445 zu den niedersächsischen Dichtern; hier kommen Postel, Hunold, Brockes, Hagedorn und Günther neben einander vor. Und so lernen wir denn in diesem Abschnitte noch Bodmer und Breitinger kennen.

Mit §. 450 S. 231 wendet sich der Verf. zu der Schauspieldichtung, daß der hier genannte Gryphius den Stoff des Peter Squenz aus Shakespeare entnommen habe, bleibt nicht wahrscheinlich. Neben ihm zählt der Verf. als Schauspieldichter Schoch, Lohenstein, Hallmann auf; was sollen z. B. diese unbedeutenden Personen in einem Schulbuche? Wer diese unwichtigen Dichter und noch mehr kennen lernen will, findet genug in Kehrein's Geschichte des Dramas.

Der Vf. betrachtet hierauf die Prosa, zuerst die Geschichtschreibung, dann die Erdbeschreibung; die Geringschäßung der Chronologie geht hier so weit, daß zuerst Adam Olearius († 1671), dann Sebastian Münster († 1552) genannt wird. Darauf werden die erdichteten Erzählungen, dann die spottenden (Fischart, Moscherosch, Schappe, Liscon), die Heldenerzähluugen des 17. Jahrh. genannt. Die wissenschaftliche Prosa führt zunächst die Weltweisen (Paracelsus, Böhme, Leibniz, Christian Wolff) vor, und jezt hören wir unter dem Titel Gottesgelehrtheit" erst das Hauptsächliche von Luther. Eben so ist es auffallend, daß Albrecht Dürer wegen seiner Werke über Malerei und Agricola als Commentator der Sprichwörter zusammengestellt sind. Der folgende Abschnitt Bes redsamkeit" wirft ebenso die ganze Zeit von der Reformation. bis zur Mitte des 18. Jahrh. zusammen und enthält die auffallenden Worte: Luther steht auch an der Spiße der Kanzelredner, der Hauptredner dieses Zeitraums aber ist Mosheim.“

Hat der erste Abschnitt der neuern Zeit schon zu mancherlei Bemerkungen Veranlassung gegeben, so bietet der zweite, von 1740 bis jest, auch mancherlei dar. Es ist nicht blos angemessen, sondern auch nothwendig, der Literaturgeschichte die betreffenden Abschnitte aus der politischen Geschichte vorauszuschicken. Aber wie foll §. 467, der uns den Einfluß der politischen Verhältnisse auf die Literatur deutlich machen soll, diesen Zweck erfüllen, da er also lautet: Friedrich II. weckte zuerst wieder Heldenmuth und

Selbstvertrauen der Deutschen dem Auslande gegenüber; dieses Selbstvertrauen führte Viele zu überspannten Erwartungen von Verbesserung des staatlichen Zustandes und die französische Staatsumwälzung wurde daher von diesen mit Begeisterung begrüßt; in ihrem Fortgange stürzte sie das morsch gewordene Gebäude des deutschen Reiches um; die Herrschaft der Franzosen in Deutschland wurde bald durch die allgemeine heldenmüthige Begeisterung im Freiheitskampfe gebrochen. Wenn auch an die Stelle dieser Begcifterung später andere, mehr auf das Nüzliche gerichtete Bestrebungen und vielfache Parteiungen traten, wobei auf staatlichem und kirchlichem Gebiete Uebertreibungen auf einer Seite, Uebertreibungen auf der andern hervorriefen und vielfache Spaltungen veranlaßten, so ist doch Deutschland im Ganzen immer einträchtiger und eben durch diese innern Kämpfe lebenskräftiger und frischer geworden.“ Und wenn nun nach dieser Uebersicht, die uns nichts mußt, wir schließlich für die Gegenwart eine frische Blüthe der Dichtung folgern müssen, so heißt es dagegen §. 468: 3m Ganzen aber ist eine Abnahme der Dichtung sichtbar, da dicse häufig zu Parteis zwecken oder zum Broderwerbe benugt wird."

Derfelbe Paragraph soll die Entwicklung des Schriftenthums erläutern: „Es zeigt sich, heißt es hier, immer allgemeiner das Streben, an die Stelle des aufgegebenen Ausländischen ein volksthümliches Schriftenthum zu seßen; daher geht man besonders auf das deutsche Alterthum zurück und dringt tiefer in den Geist der alten griechischen und römischen Schriffteller ein.“ Alfo der Anschluß an die Alten, wie hat er gerade eine volksthümliche Dichtung befördert? Der höchste Aufschwung der Literatur foll aber dadurch erreicht sein, daß man mit Hülfe der Kantischen Weltweisheit eine Wissenschaft vom Schönen gewonnen.

Auch in dem zweiten Abschnitt der neuern Zeit ist die bes liebte Eintheilung beibehalten. Daher denn im volksthümlichen Heldengedicht §. 470 Schönaich, Bodmer, Sonnenberg, Pyrker und Lenau zusammengestellt sind. Im ritterlichen Heldengedichte sind wieder die obfcuren Nachahmer Wielands, Alringer, F. A. Müller, Ludwig Heinrich von Nicolai mit gewohnter Genauigkeit genannt, und Wieland so charakterisirt: „Wie Klopstock überwiegend innerlich, feierlich ernst und dem Uebersinnlichen zugewandt, so ist Wieland überwiegend äußerlich, scherzend, weisen Lebensgenuß empfehlend, und (ooch nicht in seinem Leben) leichtfertig, ausgezeichnet durch Sprachgewandtheit, Leichtfertigkeit und Lebendigkeit.“

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