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Wüste mit aufgeführt. Das an die Geschichte der Höllenfahrt und Auferstehung Christi sich schließende zweite Gedicht: regi μελλούσης κολάσεως ift nur eine poetice llmfdreibung von G. Matth. XXV. 31 - 46. In der hierauf, S. 62 bis 66, folgensen στιχολογία περὶ 'Αλεξάνδρου καὶ τῶν αὐτοῦ ἀνδραγα θημάτων gibt Manthos ohne Zweifel einen Auszug aus der alten, den Bes richten eines Curtius, Plutarch und Arrhian durchaus fremden Volkssage von Alexander, wie sie schriftlich in einem mittelgriechischen, fälschlich dem Kallisthenes von Olynth zugeschriebenen Roman niedergelegt war, der auch den mehrfachen oriental'schen und abendländischen Bearbeitungen dieses Stoffs im Mittelalter zum Grunde lag und wovon eine poetische Umschreibung in politischen Versen sich im Manuskript in der Markusbibliothek zu Venedig befindet. 1) Eine Bearbeitung eben dieser Sage in gereimten politischen Versen, für deren Verfasser man auf den Grund einer, wie ich glaube, falsch verstandenen Angabe des Martin Crusius 2) den als Verfasser einer gereimten Umschreibung der Batrachomyomachia bekannten Zantioten Demetr. Sinos (Zñvos) hält, erschien 1529 zu Venedig im Druck. Doch hab' ich mir troz aller Mühe bis jezt so wenig dies alte Gedicht, wie zwei neuere Bearbeitungen der Alexandersage in neugriechischer Prosa verschaffen können. In der Erzählung des Manthos wird u. a. berichtet, wie Alexander sich in einer Art Taucherglocke ins Meer hinabgclassen, um die Kriegführung der Fische zu beobachten, wie er verkleidet auf Kundschaft in das Lager des Perserkönigs (der hier, durchaus nicht entsprechend dem Charakter des historischen Darios, ein wildes Thier

1) Vgl. I. A. Fabric. biblioth. Gr. ed. Harles, III, p. 36, und Lambec. d. Bibl. Vindob. ed. Kollar. T. V. P. 547. Der Titel der venezianischen Handschrift lautet nach Morelli bibl. mss. t. I. p. 278 sv:

Εξήγησις ἱστορικὴ κατὰ λεπτὸν ἑλοῦσα
Τὴν γέννησιν, ἀναστροφὴν καὶ πράξεις ̓Αλεξάνδρου
Μέγιστα κατορθώματα καὶ τελευτὴν καὶ τούτου,
Παρ' Αἰγυπτίων ἐκ πάλαι καλῶς παραδοθεῖσα.

(Geschichte, drin genau und treu zu lesen ist die Kunde

Von der Geburt, Erziehung und dem Leben Alexander's,
Von seinen großen Thaten all und auch vom Tod des Helden,
Wie folches die Aegypter fein vor alters aufgezeichnet.)

1) Turcogræcia, p. 372, wo Sinos als Herausgeber auf eine Weise erwähnt wird, welche für seine Autorschaft durchaus nichts beweist.

heißt) sich geschlichen und ihm als Mundschenk gedient habe ic. sc. Die Erbauung der herrlichen Stadt Alexandria, der noch jezt bochgepriesenen," 1) wird, wie sich erwarten ließ, besonders rühmend hervorgehoben; am Schluß aber stellt der Dichter bedauernd die fromme Betrachtung an, daß der große Alexander, ob er auch mit seinem Säbel die ganze Welt gewonnen, doch seine unglückliche Seele nicht habe retten können. - Zu solchem Bedauern gibt natürlich der große Konstantin keine Veranlassung, dessen Andenken Manthos in der vierten Stichologie feiert. Es versteht sich, daß wir hier wieder nicht den historischen Konstantin, sondern den der Legende vor uns haben. Aussäßig kommt er aus Portugall (nicht etwa aus Lusitanien) nach Rom, wird hier vom Papst Leon durch die Taufe geheilt 2) und später zum Herrscher von Rhumelien, Moskau und Rußland, so wie aller Lande gen Mittag erhöht.

Ορίζει αὐτὸς τὴν Ρούμελι, Μωσκόβιαν καὶ Ῥουσίαν,
Κι ὁ χρόνος του οἰκουμενικὸς ὡς ὅλην τὴν Μεσημβρίαν.

Es war der Herrscher Rhumeli's; Moskau's, Rußlands desgleichen,
Sein Thron der einz'ge Siz der Macht in allen Mittagsreichen.

Die Glanzrunkte seiner Regierung sind, wie sich denken läßt, vor Allem die Gründung Konstantinopels, angeregt durch eine Erscheinung des heiligen Andreas, die Vision des heiligen Labarum und die Auffindung des Kreuzes Christi durch die heilige Helene, des Kaisers Mutter. Die Legende von Konstantin endet mit preiz senden Erinnerungen an das von ihm gestiftete mehr als tausendjährige Reich, und diese gehen dann in bittere Threnodien über dessen kläglichen Fall über. Doch wird auch hier zum Schluß, wie in allen solchen Klagen, troß der eben erst gescheiterten Hoffnung in Morea, mit Zuversicht auf eine tröstlichere Zukunft hingewiesen:

1) Καὶ εἶναι πάντα ξακουστή, ὡς φαίνεται, καὶ τώρα.

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Ein Andeutung über den vermeinten Aussat Konstantin's und seine Taufe und Heilung durch einen Papst Sylvester enthalten sonst noch die Acta sanctorum Bolland. d. XXI. Maji p. 16. Vergl. Acta sanctorum Chr. martyrum vindicata ab Odoacro Ilbachio s. Iac. Laderchio (Rom. 1723), l. VI, c. 10. p. 221. Dem Arianer Eusebios wird also weder hier, noch in der griechischen Legende, die wenigstens in diesem Punkt wohl älter sein muß, als das lezte große Schisma der lateinischen und anatolischen Kirche, die Ehre der Taufe Konstantin's zuerkannt.

Μὴν λυπᾶσαι, Βυζάντιον, καὶ δὲν θέλει ἀργήσει,
Ο παντοκράτορας Θεὸς τὴν ῥότα να γυρίσῃ.
"Οτ' ὁ Θεὸς μετά καιρὸν θέλει να ξαναστήσῃ
Κανένα δένδρον εύμορφον νέον καρπόν ν' ανθίσῃ.
Ἔχε μεγάλ' υπομονή, θέλει σβυστεῖ ἡ φωτία,
Οπου σε περικύκλωσε δική μας ἡ ἁμαρτία,
Διὰ νὰ δοξασθῇ ὁ ναὸς εἰς τὴν ἁγίαν Σοφίαν,
o eis
Να ξαναστήσῃ ὁ Θεὸς καινούριαν βασιλείαν.

Wehklage länger nicht, Byzanz! bald wird dein Elend enden,

Bald der Allmächt'ge dir zum Heil das Rad des Schicksals wenden.
Ja sicher weckt zum Leben einst der Herr am rechten Tage

Den edlen Baum, daß Blüten er und Frücht' auf's neue trage.
Geduld, Geduld! Erlöschen wird der Brand, den unsre Sünden
Im fluchbeladnen Griechenland rings um dich her entzünden,
Daß man gereinigt und geweiht Sophia's Tempel sehe,

Daß glorreich auf des Herrn Geheiß ein neues Reich erstehe.

Mit der Legende Konstantin's und der Klage um den Untergang seines Reichs ist die Sagengeschichte des rhomäischen Volkes abgeschlossen, doch in unmittelbarem organischen Zusammenhange mit ihr, steht noch die jest folgende, in der 5ten und 6ten Stichologie (S. 73 bis 77) enthaltene poetische Verherrlichung Venedigs, des christlichen Staates, der schon während der lezten Jahrhunderte des verkümmerten Byzantinerreichs einige der wichtigsten Länder griechischer Zunge beherrschte und der nach Konstantinopels Fall lange Zeit hindurch den Griechen noch den kräftigsten Schirm und äußern Anhaltspunkt ihrer Nationalität gewährte. Jener Zusammenhang ist auch schon in den Klagen gegen den Schluß des vorigen Gedichts angedeutet wo es heißt:

Θρήνει Κωνσταντινούπολις, χαῖρε ἡ Βενετία,
"Αϊ Μάρκος ἐστολίσθηκε ἔκ τὴν ἁγία Σοφία.

Die Stadt des Konstantinos weint; Venedig, triumphire!

Sie fiel, daß Sankt Sophia's Schmuck den heil'gen Markus ziere.

Uebrigens erscheint die Geschichte Venedigs hier gleichfalls in legendenartig veränderter Gestalt. Bei der Erzählung von dem Versuch der Genueser, durch eine Kriegslist, ähnlich der des trojanischen Pferdes, nämlich in Fässer verpackt, sich in die Stadt zu schmuggeln, und von der Vereitelung dieses Plans durch die Wachsamkeit der Venezianer, kann man allenfalls an die Bedrängniß der

Lagunenstadt durch die Genueser im 3. 1380 und die Beseitigung dieser Gefahr durch den heldenmüthigen Pisani denken; und die im 6 ten Gedicht enthaltene Nachricht von dem Kriege eines in Wien residirenden Kaisers mit Venedig, gegen welches derselbe seinen Sohn als kommandirenden General“ (xovμávτo yɛvegáhn) ins Feld schickt, und von dem durch die Besiegung und Gefangennahme des Kaisersohnes herbeigeführten ruhmreichen Frieden der Republick könnte sich nur etwa auf die erfolglosen Kämpfe Kaiser Maximilian's mit Venedig in Folge der Ligue von Cambray beziehen. Mit den Umständen aber, wie beide Begebenheiten hier erzählt werden, sind sie der wahren Geschichte Venedigs so fremd, wie der Mohr Othello. Die Erzählung von dieser Stadt und ihren Triumphen über jene beiden Feinde schließt (S. 77.) mit den Worten:

Πολλά λυπήσου Γένοβα καὶ θρήνησον ἡ Βγένα,
Καὶ χαῖρε ἄξια Βενετιά ὅτι βρίσκεσαι παρθένα.

Wohl magst du trauern, Genua; Wien, laß dich's tief betrüben!
Und du, Venedig, freue dich, daß Jungfrau du geblieben.

Griechenland aber mochte sich Glück wünschen, daß es später in eben dem Volke, welches endlich der Lagunenjungfrau den von Manthos wiederholt gepriesenen Kranz ohne Mühe entriß und sie dann ihrem Bundesgenossen in Wien zu legitimer Disposition überließ, daß es, sag' ich, in den Franzosen stärkere und auch wohl aufrichtigere Freunde und Beschüßer, als in Venedigs Signoria, gewann, nachdem der mächtige Glaubensgenoß im Norden, durch dessen Verheißungen die Griechen sich mehr als einmal zur Schlachtbank führen ließen, ihnen gegenüber sattsam gezeigt, daß er seinem vermeinten Vorfahr im Reich, dem heiligen Konstantin, neben der Orthodorie auch die ihn nicht minder auszeichnenden Eigenschaften der Herrschsucht, Hinterlist und Treulosigkeit bis zur Meisterschaft abgelernt hatte. Möge Griechenland gegen diese und andre fromme und heilige Einflüsse gleicher Tendenz innerlich mehr und mehr erstarken, indem es, nicht seiner heiligen, sondern, wie in den ersten schönen Jahren seines Befreiungskampfes, seiner zwar profanen, gleichwohl aber weit erbaulichern klassischen Vorzeit nacheifert, deren Bild, dank der fruchtbaren Bemühungen seiner erleuchtetsten Söhne und Freunde, seiner Jugend wenigstens beträcht= lich näher gerückt wurde, als zu des ehrlichen Manthos Zeit.

Da die übrigen Gedichte des leztern außer den allgemeinen Familienzügen der Poesie seines Volkes, zumal der bekannten neu

griechischen Weitschweifigkeit, eben nichts Charakteristisches haben, werd' ich mich, je langweiliger sie sind, um so fürzer darüber aussprechen. S. 77 und 79 folgen zwei Satiren auf die Falschheit und Heuchelei der Weiber, und S. 82 eine dritte auf verliebte Jünglinge, denen es an Gelde fehlt, und Männer, die aus gleichem Grunde unter dem Pantoffel ihrer Frauen stehen. Es läßt sich nicht leugnen, daß in diesen Gedichten einige wenige, wenn nicht wizige, doch naive Einfälle vorkommen, die sich aber in einem gänzlich ungenießbaren Wust müßigen Geschwäßes verlieren und jedenfalls zu unbedeutend sind, um den Leser camit aufzuhalten. Sn bem diufgeriate ber στίχοι εἰς διαφόρους υποθέσεις, Ε. 83 [. kommt der Dichter noch einmal auf die Klage über das Loos Morea's zurück, die dann abermals mit Gebeten schließt. S. 85 f. stehen 5 Sittensprüche in politischen Tetrastichen und eine kurze Ermahnung eines Vaters an seinen Sohn in fünffüßigen Jamben. Doch scheinen mir diese Gnomen, nach Inhalt und Schreibart zu schließen, einem andern spätern Dichter anzugehören. S. 87 folgt, wieder entschieden von Manthos, eine vollständige Recapitulation der Eroberung von Morea in gercimten vierfüßigen Trochäen, S. 98 bis 108 fünf Diatriben in demselben Versmaaß über Hochmuth, böse Ehen, Gefräßigkeit und Völlerei, und S. 108 bis zum Schluß des Buches ein seltsames Quodlibet unter dem Titel nɛgì áhndeias, in welchem unter einer Menge widersprechend und unmöglich sein sollender Dinge neben der Kunst ohne Windbeutelei, der Türkei mit Glocken, der Mani ohne Räuberei, einem Schiffer ohne Flüche, einer Schönen ohne Küsse, einem Priester ohne böse Ränke, einem Hunde ohne Flöhe 2c., auch das Frankenland (D. i. das westliche Europa überhaupt) ohne Advokaten und H...n aufgezählt wird. Auch von diesen Gedichten des Manthos gilt übrigens, wie von den historischen, die Bemerkung, daß sie bei all' ihrem poctischen Unwerthe der treue geistige Abdruck seines Volkes zu seiner Zeit sind, und das ist mehr, als sich von manchen trefflichen, aber lediglich von der Individualität ihrer Verfasser Zeugniß ablegenden Produktionen großer Dichter sagen läßt. Es mag in dieser Rücksicht unserm Manthos, bei den Ausstellungen gegen seine Poesie, seine Sprache und theilweise vielleicht auch gegen seine Gesinnung als des Dichters unwürdig, ein Wort seines Landsmannes Aristoteles (Den er sicher nie gelesen) zu gut kommen, die Beantwortung des supponirten Tadels: 'A' ov paoi rade, mit bem cinfaden: Ἴσως δὲ ου βέλτιον μεν· ἀλλ ̓ οὕτως εἶχεν.

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